Magda (59) und Jürgen (60) Abitz leben seit 40 Jahren in dem Stadtteil, kultivieren Pflanzen in ihrem Gärtnereibetrieb. Insgesamt wohnen nur 134 Menschen in Gut Moor.
"Jetzt drücken sich Rehe und Hasen an den Scheiben der Gewächshäuser die Nasen platt", sagt Jürgen Abitz und schmunzelt. Der Gärtner hat ihnen ein Schnippchen geschlagen und den Anbau von Stiefmütterchen ins Treibhaus verlegt - hatten ihm doch die Wildtiere immer wieder die Beete leer gefressen.
Bambi und Langohr müssen daher mit dem Gras auf den Weiden rings um die Gärtnerei vorlieb nehmen. Das ist zwar nicht so delikat wie die Blumen von Magda (59) und Jürgen Abitz (60), aber dafür gibt es davon mehr als genug. "Bis Ende der 70er-Jahre hielten alle unsere Nachbarn Vieh", erinnert sich das Ehepaar. Die beiden sind seit 40 Jahren in Gut Moor ansässig - und gehören damit zu den wenigen Menschen, die noch im Stadtteil leben und arbeiten. Jetzt sind die Weiden verlassen - weil sie zum Landschaftsschutzgebiet erklärt wurden, dürfen sie nicht bebaut werden. An dieser Verordnung mag es liegen, dass Gut Moor eines der am dünnsten besiedelten Quartiere Hamburgs ist - mit nur 134 Einwohnern.
Dafür arbeiten viele Menschen in Gut Moor. Denn hier gibt es nicht nur dörfliche Idylle und viel Natur, sondern auch ein großes Gewerbegebiet. Entlang dem Großmoorbogen reihen sich Autohäuser, Bau-, Baby- und Teppichmärkte. Um die riesigen Gebäude auf dem moorigen Untergrund standfest zu machen, wurden sie auf in den Boden eingelassene Betonpfeiler oder Betonsockel gebaut.
Auch das rote Backsteinhaus von Familie Abitz inmitten des Gartenbetriebes steht auf solchen Pfeilern - am Großmoordamm, einer der wenigen Straßen, die es in Gut Moor gibt. Hier stehen auch die meisten der nur 32 Häuser des ehemaligen Straßendorfes. Ihre Hausnummern haben den Haltestellen der Buslinie, die Gut Moor mit dem Rest der Welt verbindet, ihre Namen gegeben: Sie heißen Großmoordamm 121 oder Großmoordamm 181.
Der Bus 249 fährt auch nach Groß Moor. "Dort spielt sich das Leben der Gut Moorer ab", sagt Jürgen Abitz. Zweimal im Jahr feiern die "Moorer" gemeinsam Osterfeuer und Schützenfest: die Gut Moorer, die Groß Moorer und die Klein Moorer. Schon in alten Zeiten gab es zwischen den Dorfbewohnern eine enge Verbundenheit. Erst Ende des 19. Jahrhunderts wurden die drei Moordörfer getrennt behandelt - und während Groß und Klein Moor zu Niedersachsen gehörten, wurde Gut Moor 1885 Teil des Bezirkes Harburg und 1937 Hamburg eingemeindet. "Heute haben eigentlich nur noch die Alteingesessenen freundschaftlichen Kontakt untereinander", sagen Magda und Jürgen Abitz.
Auch wenn die Klönschnacks mit den Nachbarn selten geworden sind, können sich die Abitz' nicht über Langeweile beklagen. "Unsere Enkel streiten sich darum, wer bei uns schlafen darf", lacht Magda Abitz. Eine 13 000 Quadratmeter große Gärtnerei ist mindestens so gut wie ein Abenteuerspielplatz. Hier hat Enkel Steven (11) sich Geheimverstecke und ein Baumhaus eingerichtet. Er ist gerne in Gut Moor. "Hier kann man tolle Fahrradtouren machen - zum Neuländer Baggersee oder zum Storchennest auf Hof Artzenroth."