Der pensionierte Diakon Uwe Michelau lebt seit 25 Jahren im südwestlichsten Stadtteil Hamburgs.
Im Sommer steht Uwe Michelau abends oft oberhalb des Fischbektals und schaut, wie die Sonne hinter den Kieferwäldern untergeht. In solchen Momenten denkt er dann: "Wer braucht schon Mallorca?" Neugraben-Fischbek kann auch sehr schön sein. Seit 25 Jahren lebt der 65-Jährige im südwestlichsten Stadtteil Hamburgs. Er hat bis zu seiner Pensionierung als Diakon in der Michaelis-Gemeinde gearbeitet.
Auf den ersten Blick hat Neugraben-Fischbek überhaupt nichts mit einem Ferienparadies wie Mallorca zu tun. Stattdessen verläuft die Bundesstraße 3 mitten durch den Ort. Am Horizont sind die Hochhäuser von Neuwiedenthal zu sehen. Aber rechts und links der Bundesstraße mit den eintönigen Häusern hat Uwe Michelau sein persönliches Paradies gefunden. Man braucht nur ein wenig Fantasie: "Stellen Sie sich das Ganze mal bei Sonnenschein und blauem Himmel vor", sagt er beim Spaziergang durch das Fischbektal an einem besonders trüben Regentag. Das Fischbektal gehört zum Naturschutzgebiet Fischbeker Heide. "Hier verläuft das ausgetrocknete Bett der Fischbek", erklärt Michelau. Die Fischbek war ein Flüsschen, das um 1900 durch Trinkwasserentnahme ausgetrocknet ist.
Ein Stück weiter zeigt Uwe Michelau das Informationshaus "Schafstall". Etwa 250 Heidschnucken und Ziegen stehen dort vor dem alten reetgedeckten Stall. Täglich geht eine Schäferin mit den Tieren durch das Naturschutzgebiet Fischbeker Heide. Die Tiere sollen die Heide- und Trockenrasenflächen kurz halten. Der ehemalige Diakon ist begeistert: "Hier kann ich Natur erleben. Andererseits gibt es eine gute Infrastruktur, und bis in die Hamburger Innenstadt dauert es nur 30 Minuten mit der S-Bahn."
Uwe Michelau ist kein echter Neugrabener. Aufgewachsen ist er auf der gegenüberliegenden Elbseite in Wedel. Nicht immer hat ihn die Natur in Neugraben-Fischbek fasziniert. Als Schuljunge musste er an einem Ausflug nach Neugraben teilnehmen. "Wir machten eine Wanderung durch die Heide. Ich fand es furchtbar." Das hat sich geändert. Jetzt genießt es der Rentner, durch die Fischbeker Heide zu wandern und mit dem Rad durch den Ort zu fahren. Zum Beispiel auf die andere Seite der Bundesstraße 3 an die Francoper Straße.
Hier liegt das alte Dorf von Neugraben mit alten Reetdachhäusern und Bauernhöfen. Christa Hauschild (62) wohnt mit ihrem Mann Hans-Heinrich (63) in einem 1853 erbauten Reetdachhaus. Früher lebten die Familien von der Landwirtschaft. Heute haben viele von ihnen Reitpferde. Bei den Hauschilds grasen auf dem Rasen sechs Heidschnucken. "Vergessen Sie nicht, das hier ist Hamburg und nicht irgendein Dorf", sagt Uwe Michelau. An der Francoper Straße fühlt er sich besonders wohl. Er mag dieses Stückchen Dorf in der Großstadt, und er schätzt die Menschen: "Es gibt ein reges Vereinsleben, das zeigt doch, wie bodenständig die Leute sind." Uwe Michelau engagiert sich nach wie vor ehrenamtlich in der Michaelisgemeinde. Und er ist begeisterter Hobbyfotograf. Eines seiner Lieblingsmotive ist diese Auffahrt aus Kopfsteinpflaster an der Francoper Straße. "Im Mai, wenn hier alles blüht, ist das traumhaft", sagt er.
Ein anderes Lieblingsmotiv war das Rapsfeld nördlich des S-Bahnhofes. Das gibt es nicht mehr: Auf den Wiesen werden 1250 Wohnungen gebaut. Naturschützer hatten lange Zeit Bedenken angemeldet wegen der seltenen Vogelart Wachtelkönig. Uwe Michelau sieht das pragmatisch. Er hat noch viele andere Fotomotive: die Heide, Bäume, Blätter und Gräser. Und er versteht, dass die Menschen nach Neugraben-Fischbek ziehen wollen. Er will jedenfalls nie wieder fort.