Wie groß das Milliardenloch wirklich ist, bleibt weiter unklar. Das lang erwartete Gutachten liegt noch nicht vor.
Zur Zukunft der angeschlagenen HSH Nordbank fällt am Freitag eine Vorentscheidung. Dann treffen sich in Hamburg Bürgermeister Ole von Beust und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (beide CDU), weitere Mitglieder beider Kabinette sowie HSH-Vorstandschef Dirk Jens Nonnenmacher, um zu beraten, wie das Milliardenloch bei der früheren Landesbank geschlossen werden kann. "Bis zum Wochenende sind sie entscheidungsfähig", sagte Senatssprecher Christof Otto gestern dem Abendblatt.
Da die Bank bis zum 21. Februar dem Finanzmarkt-Stabilisierungsfonds SoFFin, von dem sie bereits Garantien über 30 Milliarden Euro bekommen hat, ein neues Geschäftsmodell präsentieren muss, ist äußerste Eile geboten - und das führt selbst bei Eingeweihten zu Verwirrung. So sollen sich am Dienstag die Kabinette in Hamburg und Kiel für eine Lösung entscheiden, die Parlamente beider Länder sollen unterrichtet werden, und es findet eine außerordentliche HSH-Aufsichtsratssitzung statt - alles an einem Tag. Das Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG soll dann aber immer noch nicht präsentiert werden. Wie ein Aufsichtsrat sagte, wisse er selbst noch nicht, wie man sich für eine Lösung entscheiden solle, ohne alle Fakten zu kennen.
Finanzsenator Michael Freytag (CDU) verdeutlichte gestern im Gespräch mit dem Abendblatt, dass der Abstimmungsprozess äußerst kompliziert sei. "Wir sind nicht Eigentümer der Bank, wir halten nur 30 Prozent." Das in etwa gleicher Höhe beteiligte Schleswig-Holstein habe ebenso mitzureden wie die beiden anderen Anteilseigner, die schleswig-holsteinischen Sparkassen und der US-Finanzinvestor J.C. Flowers. Da beide aber kein weiteres Geld zuschießen wollen, müssen es die beiden Länder richten - die sind sich aber noch nicht einig.
Freytag deutete Bedenken an, die Bank noch weiter unter den SoFFin-Rettungsschirm zu stellen: "Das kostet", sagte er mit Blick auf die rund zehn Prozent Gebühren, die der Fonds für seine Garantien verlangt. Auch Nonnenmacher, der gestern dem Kieler Kabinett verschiedene Modelle zur Rettung der HSH vorstellte, soll eine Länderlösung ohne SoFFin favorisieren. Hamburgs Senat erhielt einen "Sachstandsbericht", so Freytag, von einem Wirtschaftsprüfer. Das Minus der Bank, das bei bis zu 2,8 Milliarden Euro liegen soll, sei nicht konkret thematisiert worden.
In Kiel soll es starke Vorbehalte gegen die Gründung einer "Bad Bank" zur Auslagerung schlechter Wertpapiere geben. Und eine reine Kapitalspritze in Milliardenhöhe stößt in beiden Ländern auf Vorbehalte. "Ich halte es für ausgeschlossen, dass das Parlament einer weiteren Kapitalspritze ohne ausreichende Beratung zustimmt", sagte Wolfgang Kubicki, Vorsitzender der FDP-Fraktion im Kieler Landtag. Auch der Hamburger SPD-Finanzexperte Peter Tschentscher stellte klar, dass er erwarte, am Dienstag zunächst umfassend informiert zu werden. Joachim Bischoff (Die Linke): "Es müssen endlich alle Fakten auf den Tisch."
Es stellt sich aber nicht nur die Frage, wie das Milliardenloch gestopft werden soll, sondern auch die nach dem Geschäftsmodell der Nordbank. Als rettenswert gelten die Bereiche wie die Schiffsfinanzierungen und das regionale Firmenkundengeschäft. Große Teile des Auslandsgeschäfts sollen hingegen aufgegeben werden. Nach Informationen der "Bild"-Zeitung sollen 1500 Arbeitsplätze wegfallen. Die Mitarbeiter der HSH Nordbank sprechen von einer "desolaten Informationslage" und wollen am Freitag in Hamburg demonstrieren.