Siegen. Vergleichsweise heil ist das Schulleben im ländlichen Raum. Die Probleme an den Schulen ballen sich in Siegen und Kreuztal.

Die Nordschule in Siegen und die Grundschule an Dreslers Park in Kreuztal sind im Kreisgebiet die Grundschulen mit der höchsten sozialen Belastung. Sie sind der Stufe 9 des neuen NRW-Schulsozialindex zugeordnet worden.

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Gewichtet werden die Kinder- und Jugendarmut im Einzugsbereich der Schulen, der Anteil der Schülerinnen und Schüler „mit vorwiegend nicht deutscher Familiensprache“, mit sonderpädagogischem Förderbedarf und mit eigener Flucht- oder Migrationserfahrung. Berücksichtigt wurden nur die Schulen in kommunaler Trägerschaft, Gymnasien wie das Evau oder Stift Keppel werden ebenso wenig berücksichtigt wie die Schulen des Christlichen Schulvereins oder privater Träger.

Der Schulsozialindex teilt die Grundschulen und die Schulen der Sekundarstufe 1 in neun Belastungsstufen ein. Fünf Prozent der Schulen werden der Stufe 9 zugewiesen („höchste Belastung“), die anderen werden auf acht Stufen verteilt. Nach der Einstufung richtet sich die Zahl von zusätzlichen Lehrerstellen, zusätzlichen Mitteln für die Schulsozialarbeit, die Einrichtung eines Familiengrundschulzentrums oder die Auswahl für besondere Projekte. Von den landesweit 2719 Grundschulen waren 639 im Jahr 2020 der niedrigsten Sozialindexstufe 1 („niedrigste Belastung“) zugeordnet, 2023 nur noch 270.

Diese Schulen bekommen Startchancen

Am Sozialindex wird sich auch die Verwendung der Mittel aus dem neuen „Startchancen“-Programm des Bundes orientieren. Für Nordrhein-Westfalen wird Geld für 920 Schulen, darunter 552 Grundschulen, zur Verfügung stehen. „Dies ist eine stolze Zahl und kann sich sehen lassen“, sagt Luiza Licina-Bode, SPD-Bundestagsabgeordnete für Siegen-Wittgenstein, „das Programm ist eine Antwort auf eine der größten schulpolitischen Herausforderungen, die es aktuell zu stemmen gibt.“

Für die „Startchancen“-Förderung können in NRW somit alle Grundschulen mit dem Sozialindex 7 bis 9 und ein Teil der Grundschulen mit dem Index in Frage kommen. Das wären auf jeden Fall in Siegen Geisweider Schule, Obenstruthschule, Albert-Schweitzer-Schule und Nordschule, eventuell mit dem Index 6 Friedrich-Flender-Schule, Diesterwegschule, Giersbergschule und Spandauer Schule. In Kreuztal wird die Grundschule an Dreslers Park dabei sein, möglicherweise auch die Friedrich-von-Bodelschwingh-Grundschule in Buschhütten (Index 6).

Grundschulen: Heile Welt in Hainchen

Im Kreis Siegen-Wittgenstein sind von 50 Grundschulen vier in der Sozialindexstufe 1: die Johannlandschule in Hainchen sowie zwei Grundschulen in Bad Berleburg und eine in Bad Laasphe. Mit jeweils 13 Schulen am stärksten besetzt sind die Stufen 2 und 3.

In den Indexstufen der stärkeren Belastung von 6 bis 9 finden sich ausschließlich Schulen in Siegen und Kreuztal, den beiden größten Kommunen im Kreis. Das könnte zum einen daran liegen, dass in beiden Städten der Anteil an Einwohnern mit nicht deutscher Muttersprache besonders hoch ist – zum anderen aber auch daran, dass in Siegen und Kreuztal die Auswahl unter den Grundschulen größer und damit der Weg hinaus aus für schwierig gehaltenen Umgebungen kürzer ist. Im ländlichen Raum gibt es dagegen kaum Alternativen. Die zwangsläufig vielfältigere Schülerschaft führt dort zu geringeren Belastungen. Auch das ist zum Beispiel ein Beweggrund für den - vergeblichen – Versuch der Kreuztaler Verwaltung gewesen, der Grundschule an Dreslers Park (Sozialindex 9) mehr Lernanfänger zuzuführen, die nun aber doch auf Wunsch der Eltern an der katholischen St. Martin-Grundschule aufgenommen werden.

Im Stadtgebiet Siegen ist die Trupbacher Sonnenhangschule in Stufe 2. In Stufe 3 sind die Grundschule Auf dem Hubenfeld in Niederschelden, die Jung-Stilling-Schule Weidenau und die Grundschule Kaan-Marienborn. Der Stufe 4 zugeordnet wurden Eiserfeld und Glückaufschule Weidenau, der Stufe 5 Birlenbacher, Hammerhütter Schule und Montessorischule am Lindenberg, der Stufe 6 Friedrich-Flender-Schule in Weidenau, Diesterwegschule, Giersbergschule und Spandauer Schule, Stufe 7 Geisweider Schule und Obenstruthschule, Stufe 8 die Albert-Schweitzer-Schule in Geisweid und Stufe 9 die Nordschule.

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In Kreuztal sind Adolf-Wurmbach-Schule Eichen/Littfeld, Fellinghausen, katholische St. Martin-Schule und Jung-Stilling-Schule Kredenbach der Sozialindexstufe 3 zugewiesen, die Friedrich-von-Bodelschwingh-Schule ist auf Stufe 6, die Grundschule an Dreslers Park auf 9.

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Die beiden Hilchenbacher Grundschulen sind in 2 (Florenburg Hilchenbach) und 3 (Stahlberg Müsen) eingestuft.

Die Verbundgrundschulen Netphen (Nieder- und Obernetphen) und Dreisbachtal (Dreis-Tiefenbach/Eckmannshausen) haben den Sozialindex 3, Deuz 4 und Johannland in Hainchen.

Alle vier Freudenberger Grundschulen (Am Alten Flecken, Alchen, Büschergrund, Oberfischbach) haben Stufe 2.

Im Gemeindegebiet Wilnsdorf hat die katholische Grundschule Rudersdorf den Sozialindex 3, die drei anderen (Wilnsdorf, Wilgersdorf und Dielfen) die 2.

In Neunkirchen die Kopernikusschule als künftig einzige Grundschule auf der Indexstufe 4, die Grundschule Salchendorf auf 5.

Die Grundschule Burbach hat den Sozialindex 4, der Hickengrund-Verbund (Niederdresselndorf/Holzhausen) 3.

Weiterführende Schulen: PPR in Siegen hat es schwerer

Von den zehn kommunalen Gymnasien – betrachtet wurde nur die Sekundarstufe 1 - haben mit Wilnsdorf, Netphen, Neunkirchen und Bad Berleburg die Stufe 1 für die schwächste Belastung. Stufe 2 haben Morgenröthe und Löhrtor in Siegen, Kreuztal und Bad Laasphe. Das Fürst-Johann-Moritz-Gymnasium in Weidenau ist auf Stufe 3, das auslaufende Peter-Paul-Rubens-Gymnasium auf dem Siegener Rosterberg auf Stufe 6. Das PPR hatte in der Diskussion über seine Schließung immer wieder auf seine besondere Rolle als einziges Ganztagsgymnasium hingewiesen, das sozial benachteiligte Schülerinnen und Schüler besonders unterstützen kann. Beim FJM als Gymnasium der nördlichen Stadtteile macht sich der vergleichsweise hohe Anteil an Schülern aus Migrantenfamilien bemerkbar, ebenso wie an der neuen Geisweider Gesamtschule.

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Unter den sechs Gesamtschulen hat die Esther-Bejarano-Gesamtschule Freudenberg die Stufe 2, Eiserfeld die 3, Bertha-von-Suttner- in Siegen und Clara-Schumann- in Kreuztal die 5 und Schießberg in Geisweid die 6. Noch nicht eingestuft wurde die neue Gesamtschule auf dem Rosterberg in Siegen.

Die beiden Sekundarschulen in Burbach und Netphen haben den Index 3.

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Die Realschulen in Wilnsdorf, Erndtebrück und Bad Berleburg sind auf der niedrigsten Belastungsstufe 1. Es folgen die Carl-Kraemer-Realschule in Hilchenbach mit 2 und die Ernst-Moritz-Arndt-Realschule in Kreuztal mit 3. Die Morgenröthe in Niederschelden hat den Schulsozialindex 4, das Obere Schloss in Siegen 7.

Die Achenbacher Hauptschule in Siegen hat die Indexstufe 5, die Hauptschulen Wilnsdorf 4 und Bad Berleburg 3.

Auch bei den weiterführenden Schulen dürfte sich das Schulangebot der jeweiligen Kommune auf den Index ausgewirkt haben: In Siegen und Kreuztal konzentrieren sich soziale Belastungen auf die Gesamtschulen, während Gymnasien davon weitgehend frei sind. In Hilchenbach dagegen ist die Realschule insgesamt nur gering belastet, obwohl der eigene Hauptschul-Bildungsgang auf Schülerinnen und Schüler mit besonderem Unterstützungsbedarf ausgerichtet ist – in der Kleinstadt funktioniert die soziale Mischung an der Realschule trotz gymnasialem Angebot in Stift Keppel, ähnlich in Freudenberg, wo die Gesamtschule einzige weiterführende Schule in städtischer Trägerschaft ist.

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