Siegen. Neue Fünftklässler am Rosterberg: Aber nicht am Gymnasium, das langsam ausläuft. Zwei Schulen unter einem Dach, zwischen Neubeginn und Wehmut.
Endlich wieder neue 5er am Rosterberg. Vergangenes Jahr gab es keine, das PPR läuft ja aus. Die Fünftklässler dieses Jahres gehen auch nicht mehr aufs Peter-Paul-Rubens-Gymnasium, sondern zur neuen Gesamtschule. Aber die beiden Schulen teilen sich nun einmal das Gebäude – „endlich wieder Leben in der Bude“, sagt Mareike Köpke. Über zu wenig davon konnte sich die stv. Schulleiterin des PPR in der letzten Zeit eigentlich nicht beschweren. Gleichzeitig schwingt eine gewisse Wehmut mit: Die Siebtklässler, die da auf der Bühne zur Begrüßung der Fünftklässler getanzt haben, „werden die letzten sein, die ich verabschieden darf“. In ein paar Jahren.
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So einen Start ins neue Schuljahr gibt es nicht oft, nicht in Siegen und nicht anderswo: Auf einmal ist da eine andere Schule im gleichen Gebäude. Jedes Jahr wächst „oben“ eine zweizügige Stufe aus dem PPR raus, unten eine neue, vierzügige hinein, die Gesamtschule beansprucht Stück für Stück mehr Platz im Gebäude. „Das müssen wir sortieren“, sagt Köpke, „das kriegen wir schon hin.“ Aber nicht jetzt. Zusammen mit Florian Kraft, Leiter der Gesamtschule, steckt sie noch mitten in der Organisation dieses ungewöhnlichen neuen Schulalltags. Am Samstag, bevor die Schule wieder losging, hat sie den letzten Stundenplan verschickt.
Paralleles Miteinander von Gymnasium und Gesamtschule am Rosterberg in Siegen
Vor dem ersten Tag sei er schon aufgeregt gewesen, sagt Kraft, „das ist doch was Besonderes. Aber wir hatten alles gut vorbereitet. Eigentlich konnte nichts schief gehen.“
Das neue Gesamtschulkollegium zum Beispiel, „das hatten wir erst kurz vor Torschluss zusammen“, erzählt Kraft. Die letzten Vorstellungsgespräche fanden im Juni statt, in der letzten Ferienwoche haben sie sich alle das erste Mal gesehen. Alle motiviert und engagiert. Überhaupt: Alles organisieren geht in so einer Situation auch nur bis zu einem gewissen Grad, vieles muss sich in diesem parallelen Miteinander erst einspielen. „Das PPR war jedenfalls sehr zuvorkommend“, sagt er. Sie teilen sich die Verwaltung, Lehrerzimmer und die Fachräume für Physik und Co. „Ich bin sehr optimistisch, dass wir gut zusammenwachsen werden“, sagt Köpke. Mit gemeinsamen AGs zum Beispiel und was das Schulleben sonst noch alles ausmacht, neben Unterricht.
Siegens neue Gesamtschule ist voll – Lehrermangel wird immer drängender
Die beiden arbeiten schon lange zusammen. Mareike Köpke war die einzige Stellvertreterin des erkrankten Schulleiters, nun kommt auch noch eine gewisse Mitverantwortung für die Gesamtschule unter dem eigenen Dach hinzu. Das PPR ist außerdem „Bündelungsgymnasium“ geworden und hat die Sitzenbleiber anderer Schulen aufgenommen, die aufs Gymnasium wollen. Alle anderen in Siegen und im Umland haben nämlich keine Einführungsphase (EF), weil die ja zu G9 zurückkehren. Florian Kraft unterrichtete bis Juni an der Gesamtschule in Freudenberg und daneben galt es, das „Schulzentrum am Rosterberg“ aus dem Boden zu stampfen, wie es nun heißt. „Ich wollte mitgestalten und mitarbeiten“, sagt Kraft, etwas von Grund auf neu aufzubauen, das habe ihn gereizt.
Mit 116 Kindern, 29 in jeder der vier Klassen, ist die neue Gesamtschule voll, das war nicht immer klar, es kamen viele Anfragen: Kommt die Schule überhaupt zustande? Die Konzeptgruppe, der Köpke und Kraft von Beginn an angehörten, schlug die pädagogischen Eckpfeiler ein, dann begann die Anmeldephase, die Öffentlichkeitsarbeit, Homepage er- und Personal einstellen – das Kollegium setzt sich zur Hälfte aus Versetzungen und Neueinstellungen zusammen. Selbst das „große Siegerländer Mangelfach“, Sport, ist besetzt. Manches sei „unglaublich schwer“ gewesen, sagt Kraft. Versetzungen im Gebäude, aber von einer Schulform zur anderen, sind durchaus möglich und wohl auch für einige eine Option, berichtet Mareike Köpke – das PPR-Kollegium wird schließlich auch immer kleiner, das der Gesamtschule immer größer werden. Aber ganz so einfach sei das nicht. Letztlich müssen sich die zuständigen Stellen bei der Bezirksregierung einigen. Lehrermangel ist ein dringendes Thema. Überall.
„Wollte meine Schule nicht im Stich lassen, sondern sauber zum Ziel führen“
Dann: Die Eltern mit ins Boot holen. „Die haben ihre Kinder an einem unbeschriebenen Blatt Papier angemeldet“, sagt Florian Kraft. Vor den Ferien, als der Großteil des Kollegiums schon vor Ort war, fand der Infoabend statt. „Das hat spürbar für Erleichterung gesorgt“, beobachtete der Schulleiter: Da waren echte Lehrkräfte, in einer echten Schule. „Ein kleiner Meilenstein“, findet Kraft, der weiß, dass die Stimmung bei solchen Terminen auch schnell umschlagen kann.
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„Sowas passiert bei einer Neugründung“, sagt Florian Kraft und meint die Tatsache, dass die neue Gesamtschule noch keine Schulbücher hat. Ein formales Problem, denn darüber müssen Fach- und Schulkonferenzen beschließen und die müssen dazu erstmal tagen. Eine Elternpflegschaft gibt es auch noch nicht. Die ersten Tage schaffen sie auch ohne das alles, es ist eine ausgiebige Kennenlernphase geplant. Normalerweise kommen neue Kinder eben in einen etablierten Apparat, wo sich die meisten kennen, wo Strukturen funktionieren. Am Rosterberg wächst quasi während des Zusammenbaus ein neuer Apparat in eine bestehende Maschine hinein, die gleichzeitig schon langsam abgebaut wird. Ganz schön kompliziert. Auch anstrengend. „Ich wollte meine Schule nicht im Stich lassen“, sagt Mareike Köpke, „sondern sie sauber zum Ziel führen. Und gleichzeitig auch noch an einer ganz neuen Schule mitarbeiten – das wäre nirgendwo anders möglich.“