Kreuztal. Fest steht jetzt schon: Mindestens 17 Millionen Euro wird die Stadt finanzieren müssen. Und vor 2030 werden die Räume kaum zur Verfügung stehen.
Die abgebrannte Stadthalle wieder aufbauen und das Schulzentrum, wie seit 2019 geplant, um eine vierte Ebene aufstocken? Ein Bürgerforum mit Anbindung an Dreslers Park neu bauen und an die Stelle der abgebrannten Stadthalle einen Erweiterungsbau für die Schulen setzen? Oder beides kombinieren und die zusätzlichen Klassenräume auf das künftige Bürgerforum draufpacken? Das sei nun „reichlich Futter zum Nachdenken“, sagte Andreas Müller (SPD), Vorsitzender des Infrastrukturausschusses, nach der Vorstellung der Konzeptstudien. Harald Görnig (CDU) sieht die CDU darin bestätigt, die Konzeptstudie gefordert zu haben. „Es zeigt, dass es wichtig war, zu denken.“ Und wagt eine erste Positionierung: Der Wiederaufbau der Stadthalle am alten Standort „kostet uns mehr Zeit als alles andere.“
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Das Ergebnis
Entscheiden wird der Rat in seiner Sitzung am 14. März. Die Essenz: Beide bisher diskutierten Möglichkeiten, Neubau oder Wiederaufbau, sind mit 21,6 und 21,4 Millionen Euro fast gleich teuer. Die niedrigeren Kosten eines Stadthallen-Wiederaufbaus müssen nämlich mit höherem Aufwand bei der Schulerweiterung bezahlt werden. Umgekehrt ist ein Neubau des Bürgerforums auf dem Parkplatz Stählerwiese zwar teurer, dafür lassen sich die neuen Klassenräume kostengünstiger anbauen. Die „Kombination“ von Schule und Bürgerforum ist mit knapp 17 Millionen Euro die billigste Lösung.
Eine Rolle wird der Zeitfaktor spielen: Das Schulzentrum lässt sich nicht im laufenden Betrieb aufstocken; die Schulen müssen während der Bauzeit in Container ausweichen. Aufbau der Stadthalle und Aufstockung des Schulzentrums können auch nicht gleichzeitig erfolgen. Das heißt: Selbst wenn Planung und Ausschreibung parallel erfolgten, müssen zu den viereinhalb bis fünf Jahren Planungs- und Bauzeit für die Schule noch einmal zwei Jahre Bauzeit für das Bürgerforum hinzugerechnet werden, das folglich kaum vor 2031 fertig würde. Die Kombination wäre in fünfeinhalb Jahren, also bis knapp 2030 machbar. Das Ziel, den Schulen die benötigten 23 zusätzlichen Räume bis 2026 zur Verfügung zu stellen, würde in jeder Variante verfehlt.
Wiederaufbau und Aufstockung
„So sollte Ihr Bürgerforum einmal aussehen, wenn es fertig geworden wäre.“ So beginnt Thomas Duda, Architekt aus Bergisch Gladbach, seine Darstellung der ersten Variante. Und so würde sie wieder aufgebaut: nicht barrierefrei, mit Stufen im Saal, übergroßem Foyer, zu niedriger Bühne. Der Abstand zwischen den Stuhlreihen und zwischen den benachbarten Stühlen ist klein. „Man sitzt unglaublich eng.“ Die meisten Toiletten sind im Keller. Bis auf 4,25 Meter verengt sich die Durchfahrt zwischen Stadthalle und Realschule. Um die Unterrichtsräume von Realschule und Gymnasium nicht zu verschatten, wird die Halle im weiteren Verlauf zurückgesetzt. Schließlich die Schönheitsfehler: Das Außengelände habe allenfalls „Schulhofcharakter“, das Gymnasium nach wie vor keinen erkennbaren Haupteingang. Was Thomas Duda nicht sagt, aber durchblicken lässt: Eigentlich können die Kreuztaler froh sein, dass ihre Stadthalle am 16. Mai 2022 abgebrannt ist.
Der mit der Konzeptstudie beauftragte Architekt stellt zwei Varianten mit barrierefreiem, stufenlosen Saal, größerer Bühne, kleinerem Foyer vor, einmal mit Verwendung der vom Brand verschonten Bauteile, deren Wert die Sachverständigen auf eine halbe Million Euro schätzen, einmal mit Rest-Abriss und komplettem Neubau.
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Wenn die Stadthalle am bisherigen Standort wiederaufgebaut wird, greift der Beschluss von 2019, in Leichtbauweise eine vierte Ebene auf das Dach von Gymnasium und Gesamtschule zu setzen. Weil es nun 23 statt 15 Räume mehr sein sollen, wird ein weiteres Treppenhaus mit Aufzug verlängert werden müssen. Während er Bauzeit sei „mit enormer Lärm- und Schmitzbelästigung zur rechnen“, sagt Tobias Wittke vom städtischen Gebäudemanagement. „Das macht uns Bauchschmerzen.“ Neben einem wohl daher nicht zu vermeidenden Container-Provisorium werden mit einem Schlag 1,3 Millionen Euro für den Brandschutz im gesamten Schulkomplex fällig. Wittke zu dieser Variante: „Leider überwiegen die Nachteile.“
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Zwei Neubauten
Ein Neubau des Bürgerforums auf dem Parkplatz Stählerwiese wäre zugleich eine Erweiterung des Dreslerschen Parks, zu dem hin sich eine Terrasse öffnen könnte. Nach vorne entstünde ein „neuer urbaner Platz“, sagt Thomas Duda. Das Gefälle auf dem Gelände würde mit einem Untergeschoss abgefangen, über das Anlieferungen erfolgen, in dem Technikräume, die Heizzentrale für ein Nahwärmenetz („Sie haben unglaubliche Ausgaben für Energie“) oder auch eine Tiefgarage mit 45 Stellplätzen untergebracht werden könnten. Denn der Ersatz für 180 verloren gehenden Parkplätze macht diese Variante um eine Million Euro teurer.
Der zweigeschossige Schulerweiterungsbau am jetzigen Stadthallen-Standport könnte - wie zuletzt das kurz vor Fertigstellung abgebrannte Bürgerforum - im laufenden Betrieb der Schule errichtet werden, entweder mit Verwendung der noch erhaltenen Ruinen-Teile als Erdgeschoss oder als kompletter Neubau ohne: „Unspektakulär, aber funktional“, sagt Tobias Wittke.
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Kombination
Zusätzlich ins Rennen genommen hat die Stadt den Architekten Andreas Stoppacher mit seinem Dahlbrucher Büro, das sich vorher schon mit dem Brandschutz im Schulzentrum befasst hatte. „Der hat ja funktioniert“, erinnert Stoppacher daran, dass das Übergreifen der Flammen verhindert werden konnte. Der Vorschlag, den Architekt Sebastian Kühn vorstellt: ein Neubau über vier Ebenen, in den das Bürgerforum integriert ist. Der sich über zwei Ebenen über 10,40 Meter Höhe erstreckende Saal mit Balkon hätte „ein bisschen mehr akustisches Volumen“, erklärt Andreas Stoppacher, „das alte Bürgerforum war ja sehr niedrig.“
Treppenhaus und Aufzug würden die neuen Klassenräume mit erschließen, die auf die beiden oberen Ebenen verteilt würden: die oberste Ebene, vom Schulhof aus gesehen die fünfte, vom Eingang des Bürgerforums aus gesehen die vierte, als reines Schulgeschoss nur mit Klassenräumen, die Ebene darunter zu beiden Seiten der Technikräume über der Bühne. Wenn die Bühne nicht erweitert wird, bekommt der Saal eine maximale Kapazität von 692 Plätzen, davon 173 auf dem Balkon, durch Vorhänge variabel verkleinerbar bis auf 184 Plätze.
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Die Passage zwischen Bürgerforum und Realschule würde von 4,25 auf 6,40 Meter aufgeweitet, zwei Übergänge würden auf der vierten Ebene vom Staffelgeschoss des Gymnasiums zum Neubau gelegt, die unteren Flure verbunden, das Foyer großflächig verglast. „Wir wollen dieser Stadthalle ein markantes Gesicht geben“, kündigt Andreas Stoppacher an.
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