Siegen. Mehr Fahrräder auf Straße und in Parkhäusern: Siegener Politik verteidigt teurere Gebühren. „Schönere Innenstadt nicht mit Beton und Blechlawine“

Es verschiebt sich etwas im Innenstadtverkehr, im fließenden, wie im ruhenden. Das Fahrrad bekommt mehr Platz, auf der Straße: Die Umweltspur auf der Hauptachse Siegen-Weidenau-Geisweid ist beschlossene Sache und soll spätestens im Frühjahr startklar sein, wie Stadtbaurat Henrik Schumann am Mittwoch, 6. September, im Rat mitteilte. Im Januar beginnen die Markierungsarbeiten, „wir haben großes Interesse daran, dass das funktioniert.“ Dass sich etwas verschiebt, lässt sich auch an der Debatte um Platz für Fahrräder in den großen Parkhäusern ablesen. Das wird seit Jahren von verschiedenen Fraktionen gefordert – heute sind alle dafür.

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Dieses Mal hatten die Grünen den Antrag gestellt, im Apollo-Parkhaus Morleystraße zehn Pkw-Stellplätze in solche für Fahrräder umzuwandeln. „In vielen Unternehmen ist es selbstverständlich, hochwertige E-Bikes sicher und wettergeschützt unterzustellen“, betonte Angela Jung – kostenlos, baulich getrennt, möglichst mit eigenem Zugang, 24 Stunden geöffnet, mit Videoüberwachung und Flächen für Lastenräder und Anhänger. Viele Menschen hätten zuhause keinen Platz oder würden in der Innenstadt arbeiten und könnten mangels Abstellmöglichkeiten nicht mit dem Fahrrad kommen.

Vorschlag der FDP Siegen: Überdachte Fahrradparkplätze am Parkhaus-Rand

Es entspann sich eine Diskussion über vergangene Anträge – die Linke hatte ähnliches auch schon gefordert, Joachim Boller (Grüne) erinnerte an einen entsprechenden Beschluss für Fahrradboxen im Parkhaus Hinterstraße, was immer noch nicht umgesetzt sei, Wolfgang Max Könen (FDP) wollte von der Kommunalen Entwicklungsgesellschaft (KEG) als Betreiberin gehört haben: „Tut mir leid, Fahrräder kommen nicht ins Parkhaus.“ Silke Schneider empörte sich: „Warum muss immer alles so problematisch sein – was kann es denn für Probleme geben, wenn ein Teil abgetrennt wird und da Fahrradboxen aufgestellt werden?!“

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In der Tat hatte Wolfgang Cavelius, Kämmerer und KEG-Geschäftsführer, noch Bedenken: Die Fläche unentgeltlich zu überlassen, werfe steuerliche Fragen zum Nachteil der Stadt auf, außerdem gehöre die an der Morleystraße in Rede stehende Fläche der Sparkasse. „Wir brauchen Prüfschritte“, forderte er. Die bekam er auch, in Form eines erweiterten Prüfauftrags an die Stadt: Alle großen Parkhäuser der KEG – Altstadt (Löhrtor), Rathaus (Hinterstraße), Apollo-Theater (Morleystraße), Reichwalds Ecke (Heeserstraße) und Bismarckstraße (Weidenau) – werden untersucht, ob und wo dort Flächen fürs Auto in solche fürs Fahrrad umgewandelt werden können. Und das nicht nur im Innern: FDP-Fraktionschef Markus Nüchtern hatte angeregt, auch die „Randbereiche“ der Parkhäuser in den Blick zu nehmen, um dort überdachte Stellplätze zu schaffen. „Baulich ist das günstiger als innen.“

Grüne: Weniger Autos in Siegener den Innenstädten machen diese lebenswerter

Die Nachfrage ist unverkennbar, die Zahl der Fahrräder auf den Straßen hoch. Stadt und Politik reagieren auf den ungebrochenen E-Bike-Trend auch vorsorglich, indem das Auto aus den öffentlichen Bereichen der zentralen Lagen zunehmend herausgehalten werden soll. Die Gebührenerhöhung für die KEG-Parkhäuser ist bereits umgesetzt (wir berichteten), nun ist das auch für den gesamten bewirtschafteten Parkraum beschlossen – also Stellflächen mit Parkscheinautomat. Unabhängig von der erlaubten Höchstparkdauer kostet die erste halbe Stunde auf allen Flächen nun 1 Euro, die zweite halbe ebenfalls, danach steigt es stündlich in Ein- oder Zwei-Euro-Schritten. Außer der Fraktion AfD Team Dylong stimmten alle Fraktionen dafür. Markus Nüchtern (FDP) mahnte aber, dass die Fahnenstange der Erhöhung nun für mehrere Jahre erreicht sein müsse: „Wir müssen aufpassen, dass die Leute nicht mit den Reifen abstimmen.“

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Martin Heilmann (Grüne) hatte die allgemeine Entwicklungsperspektive für Innenstädte umrissen: Die könnten nur überleben, wenn sie auch lebenswert seien. „Man muss den Onlinehandel nicht gut finden“, aber er werde weiter zunehmen. Damit die Menschen weiter in die Zentren kommen, müsse es dort schön sein, „das erreicht man nicht mit Beton und Blechlawinen auf der Straße und am Straßenrand.“ Aufgabe von Rat und Verwaltung sei es, das Verkehrsaufkommen entsprechend zu steuern, eine flächendeckende Erhöhung der Parkgebühren sei ein Baustein, die Stadt lebenswerter zu machen. „Wir tun das nicht fürs Stadtsäckel.“ Der durchaus hohe Preissprung komme auch daher, dass „man in Siegen lange für Schleuderpreise parken konnte“ – und immer noch liege Siegen nun unter vergleichbaren Städten im weiteren Umkreis. Wer von außerhalb nach Siegen komme und mangels Buslinien den Nahverkehr nicht nutzen könne: „Es gibt Park-and-Ride-Anlagen“, so Heilmann. Diese P&R-Plätze seien kostenlos, „davon gerne mehr und besser.“