Siegen. Zwischen Kölner Tor und ZOB Geisweid werden ab 2025 Busse und Fahrräder eine Umweltspur nutzen. Betroffen sind täglich bis zu 21.500 Autos.
Auf einer Länge von rund fünf Kilometern wird die Hauptverkehrsachse von Siegen nach Geisweid mit Umweltspuren ausgestattet. Ab 2024 steht dann für den Pkw-Individualverkehr auf Sandstraße, Hagener Straße, Weidenauer und Geisweider Straße nur noch eine Fahrspur je Richtung zur Verfügung. Die in einen Radfahrstreifen umgewandelte Fahrspur soll auch von Bussen befahren werden.
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Warum die Stadt Siegen eine Umweltspur braucht
Siegen habe Radstreifen an Steigungsstrecken, Fahrradboxen und Abstellanlagen, E-Bike-Verleihstationen, sagt Bürgermeister Steffen Mues. „Aber um den Verkehr zügig und sicher zu machen, brauchen wir Strecken.“ Der Neubau auf der grünen Wiese kommt dafür nicht in Frage, sagt Benjamin Hinkel, stellvertretender Leiter der Abteilung Straße und Verkehr. Zum einen, weil es keinen Platz gibt, zum anderen, wegen der „ewig langen Planungszeiträume“. Aktuell werden in Siegen 3,9 Prozent des Verkehrs mit dem Fahrrad bewältigt, angestrebt werden 6,3 Prozent. Mit dem öffentlichen Nahverkehr werden 10,7 Prozent des Verkehrs bestritten, Ziel sind 12 Prozent. Es geht nicht darum, den Autoverkehr auf einer kleineren Fläche zu konzentrieren und die HTS -Abfahrten noch mehr zu verstopfen, betont Benjamin Hinkel – sondern darum, den Umstieg vom Auto aufs Fahrrad attraktiv zu machen.
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Warum der Radweg unter der HTS nicht ausreicht
Bis zu 35.000 Radfahrer im Monat werden im Sommer, 8000 bis 9000 im Winter auf dem Radweg unter der HTS gezählt, an Spitzentagen 1500, in Spitzenstunden 270. Die Strecke ist voll, Fußgänger und Radfahrer geraten immer öfter aneinander. Der Weg taugt aber auch nicht für Kurzstrecken, weil er Einkaufszentren, Schulen und alle weiteren zentralen Einrichtungen umgeht und zu weit ab von den Wohngebieten am Giersberg und Känerberg liegt . „Wir wollen Radfahrer auf der Hauptroute sichtbar machen“, sagt Stadtbaurat Henrik Schumann. „Wir sind überzeugt, dass mehr Menschen umsteigen werden.“ Dafür werde sich die „im positiven Sinne drastische Maßnahme“ lohnen.
Zur Person
Anke Schreiber, Leiterin der Abteilung Straße und Verkehr bei der Stadt Siegen, hat bis 2000 im Straßenbauamt den Lückenschluss der HTS in Siegen-Mitte mitgebaut. Sie erinnert daran, dass die zusätzlichen Fahrspuren auf der Schnellstraße damals schon hätten Anlass sein können, Fahrspuren auf der ehemaligen Bundesstraße für den Radverkehr umzuwidmen. „Hätten wir die HTS nicht, könnten wir heute keine Umweltspur anbieten.“ Der stark befahrene Radweg unter der HTS ist übrigens als „Betriebsdienstweg“ gebaut worden.
Benjamin Hinkel leitet die Arbeitsgruppe Straßen- und Verkehrsplanung. Er ist Anke Schreibers Stellvertreter und wird ihr Nachfolger, wenn sie in diesem Jahr in den Ruhestand geht.
Wie die Umweltspur konzipiert wurde
Mit einer Verkehrssimulation wurde am Rechner ausprobiert, was wo passiert, wenn der Verkehr neu verteilt wird: wo Ampelschaltungen verändert werden müssen, wo Verkehr sich verlagert, aber auch, wo es einfach zu eng wird für eine Umweltspur. Festgelegt wurde auch, dass die Umweltspur nicht als Busspur ausgewiesen wird, die für den Radverkehr freigegeben ist, sondern als Radfahrstreifen mit Bus-Erlaubnis. Dann können Busse nämlich Fahrräder überholen und dazu auf die Autospur ausweichen; Radfahrer wären sicher und unbedrängt auf ihrem drei Meter breiten Fahrstreifen unterwegs.
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Wie die Umweltspur von Geisweid nach Siegen verläuft
Geisweid ZOB: Ein erstes kurzes Stück Umweltspur endet bereits an der Fußgängerampel in Höhe des neuen Rewe-Markt. Radfahrer überqueren die Geisweider Straße und nehmen den Radweg unter der HTS bis zur HTS-Abfahrt Geisweid. Damit wäre der Knoten Birlenbacher Straße umgangen. „Die Verkehrsbelastung dort ist zu hoch“, sagt Benjamin Hinkel.
HTS-Abfahrt Geisweid - Porschestraße: In Weidenau wird die Umweltspur in Richtung Siegen durchgezogen. Den Kaisergarten umgeht die Radroute dann allerdings über Porschestraße und Sieghütter Hauptweg – die Linksabbiegespur zum Hohler Weg soll bleiben; damit entfällt der Platz für eine Umweltspur dort weg.
Sieghütter Hauptweg - Heeserstraße: Noch ein letztes Stück Umweltspur auf der Hagener Straße – und dann etwa ab dem Mühlengraben ein Provisorium: Wer nicht über die Heeserstraße Richtung Bahnhof ausweicht, muss die Autospur kreuzen, um die neue Bus-Fahrrad-Spur auf der Fahrbahnmitte zu erreichen, die von der Emilienstraße bis Reichwalds Ecke führt. Die Umweltspur bleibt unterbrochen, bis die Ampel umgebaut werden kann und eine Fahrradschaltung hat. Etwa 2025 wird das der Fall sein. „Der Auftrag ist schon ausgeschrieben“, sagt Benjamin Hinkel.
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Heeserstraße - Kölner Tor: An die Umweltspur knüpft die Bus-Rad-Spur an, es folgt die verkehrsberuhigte Sandstraße, die in die neu mit Fahrrad- und Busspur ausgebaute Koblenzer Straße bis Kochs Ecke übergeht. Insgesamt wird damit eine durchgehende Fahrradroute mit großen Busspur-Abschnitten zwischen Kochs Ecke in Siegen und ZOB Geisweid geschaffen. „Das ist auch für den öffentlichen Nahverkehr eine Attraktivitätssteigerung“, sagt Stadtbaurat Henrik Schumann.
Wie die Umweltspur von Siegen nach Geisweid verläuft
Kölner Tor - Emilienstraße: Um die zwei Linksabbiegespuren zur HTS-Auffahrt Freudenberger Straße zu erhalten, wird die Radroute zunächst durch Friedrich- und Emilienstraße geführt,.
Emilienstraße - Gießereistraße: Die Umweltspur führt über die Hagener Straße und zweigt dann in die Gießereistraße ab. Damit sollen auf der Hagener Straße die Linksabbiegespuren zu den HTS-Auffahrten erhalten werden. Die Gießereistraße wird Einbahnstraße oder Fahrradstraße. Über den Bahnübergang Samuel-Frank-Straße geht es zurück auf die Weidenauer Straße. „Uns ist bewusst, dass das nicht das Optimum ist“, räumt Benjamin Hinkel ein.
HTS-Abfahrten Sieghütte - Geisweid: Durch Weidenau führt die Umweltspur über die Weidenauer Straße. Eine Detailplanung gibt es für den Knoten Glück-Auf-Straße/Boschgotthardshütte: Dort werden links abbiegende Fahrräder nach rechts in „Linksabbiegetaschen“ geleitet, von denen aus sie die Straße überqueren können. Die Umweltspur endet abrupt vor der Ferndorfbrücke. Angestrebt wird eine Lösung, die Radfahrer für ein letztes Stück auf den Gehweg zu führen, über den sie den Radweg unter der HTS erreichen. Alternative wäre eine frühere Ableitung Richtung HTS gewesen. Dann wären Klinikum und Fürst-Johann-Moritz-Gymnasium aber nicht angebunden gewesen.
HTS-Abfahrt Geisweid - ZOB Geisweid: Über den gesamten letzten Abschnitt wird nun der Radweg unter der HTS genutzt, die hier fast direkt neben oder über der Geisweider Straße verläuft.
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Was noch zu regeln ist
Dieses Jahr wird für die politischen Entscheidungen und die weitere Abstimmungen mit Polizei, ADFC, dem Zweckverband Personennahverkehr (ZWS) und den Verkehrsbetrieben Westfalen-Süd (VWS) genutzt. Die Ratsfraktionen wurden im Vorfeld informiert: „Wir waren überrascht, wie positiv das aufgenommen wurde“, berichtet Stadtbaurat Henrik Schumann. Vergeben werden müssen Aufträge für Beschilderungen und Markierungen, und dann sind auch noch Details zu regeln wie zum Beispiel Ladezonen für Geschäfte, die künftig durch die Umweltspur von ihren Anlieferern getrennt werden. „Wir werden uns alle ein wenig daran gewöhnen müssen“, sagt Bürgermeister Steffen Mues. Immerhin: Der Straßenzug ist trotz HTS dicht befahren: 14.900 Fahrzeuge in 24 Stunden fahren auf der Sandstraße, Hagener Straße und Weidenauer Straße zwischen Reichswalds Ecke und Breite Straße, 12.00 zwischen Breite Straße und HTS-Anschluss Weidenau, 21.500 ab HTS-Anschluss Geisweid Richtung Geisweid.
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