Siegen. Mit dem Fahrrad auf der Leimbachstraße fahren, ist – pardon – die Pest. Nun hat Siegen einen komplett neuen, komfortablen Radweg ins Leimbachtal.
Eine Fahrradstadt ist Siegen noch lange nicht. Aber das Fahrrad hat seinen „exotischen Charakter“ verloren, wie es der Bürgermeister formuliert: Es boomt, nach wie vor und immer mehr. Immer mehr Menschen fahren immer häufiger auf zwei statt vier Rädern durch Siegen. Knapp 2 Millionen Fahrräder wurden seit Beginn der Messungen Ende 2019 gezählt. „Beeindruckende Zahlen. Das ist enorm viel“, sagt Steffen Mues. Die Verkehrsinfrastruktur wird dem oft nicht gerecht – mit dem neuen Radweg ins Leimbachtal hat sich die aber durchaus erheblich verbessert. Zumindest auf dieser ganz neuen Radverkehrs-Achse – die gab es nämlich vorher einfach nicht.
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Radfahrern blieb hier bislang im Grunde nur die Leimbachstraße – und die ist Hauptachse für Auto und Lastwagen. Wenn es eben geht, fährt man hier nicht Fahrrad. Die neue Trasse hingegen ist breit, sauber asphaltiert, beidseits ordentlich eingesät und führt hübsch am Waldrand her. Wenn der „Einstieg“ im Bereich Winchenbach erst markiert ist, findet man ihn auch.
Unternehmen in Siegener Gewerbegebieten brauchen Anbindung – „setzen aufs E-Bike“
Gut 1,7 Kilometer ist die Verbindung zwischen Uhlandstraße und dem Kreisverkehr zwischen den Industriegebieten Leimbachtal und Martinshardt I lang, wurde in knapp vier Monaten gebaut und hat 564.000 Euro gekostet, davon zahlte 70.000 Westnetz und vom Rest 90 Prozent das Land. Düsseldorf lässt Fördermittel für Radwege derzeit kräftig sprudeln. Die Waldgenossenschaft Leimbacher Hauberg stellte den Forstweg zur Verfügung – „das ist wohl unser Schicksal“, sagt Mues. „Da, wo Radwege denkbar sind, gehören uns die Grundstücke nicht.“ Nicht alle sind so entgegenkommend wie die Waldgenossen.
Der Bedarf an dieser Stelle kommt auch aus der Wirtschaft. 1400 Menschen arbeiten in den beiden Gewerbegebieten, viele Unternehmen „setzen auf E-Bikes“, sagt Mues bei der Radweg-Eröffnung am Mittwoch; bieten ihren Beschäftigten Fahrradgaragen, Lademöglichkeiten. Das neue Gewerbegebiet Martinshardt II wird noch einmal so groß wie die beiden vorhandenen zusammen, der Radverkehr dürfte entsprechend zunehmen. Hier geht es auch um die Verkehrserschließung für tausende Beschäftigte, die dann nicht über die Leimbachstraße fahren.
Der Einstieg in den neuen Fahrradweg in Siegen ist noch etwas knifflig
Und für alle anderen auch. Am Anfang, auf dem – noch zu markierenden – Schutzstreifen durch die Straßen In der Winchenbach, Uhland-, Mörike, Lessingstraße und Am Schieferberg, die dann zu „In der Leimbach“ und damit dem Radweg wird, ist es noch etwas knifflig. Zwei Mal rechts, einmal links und wieder rechts abbiegen, dazu viel Steigung. Wer kein E-Bike hat, ist besser fit. Aber dann eine enorme Verbesserung: Keine Kreuzungen, keine Ampeln, ohne Anhalten fahren. Der Bürgermeister fährt selbst viel Rad und ist sichtlich begeistert. „Ich bin froh, dass wir ihn haben. Das geht schneller als mit dem Auto!“ Das gelte für die ganze Innenstadt: Wo die Infrastruktur halbwegs vernünftig ist, hat das Fahrrad Zeitvorteile.
Und deswegen soll es das auch nicht so schnell gewesen sein mit neuer, besserer Fahrrad-Infrastruktur in Siegen. „Das hier versteht jeder“, sagt Stadtbaurat Henrik Schumann: Der Radweg sei schnell, sicher, komfortabel – auch wenn sich ein paar Anwohner der Uhlandstraße wahrscheinlich über weniger Parkplätze beschweren werden: „Hier profitiert die ganze Stadtgesellschaft.“ Die Radschutzstreifen werden stark genutzt und werden dazu deutlich verstärkt, „die Autofahrer haben den Umgang damit so langsam drauf“, beobachtet Steffen Mues. Nächstes Jahr wird der Radweg unter der HTS ertüchtigt; auf der Schemscheid und an der Heeserstraße, beide Passagen eng und in schlechtem Zustand. Das Verleihsystem Velocity etabliert sich immer stärker, überall sprießen Abstellanlagen aus dem Boden. Erstmals soll es vier Fahrrad-Reparatursäulen („Radservice-Stationen“) geben, für Luft und Kleinstreparaturen, in der Innenstadt, unter anderem am neuen Bürgerpark Herrengarten. „Es tut sich viel. Wir arbeiten an der allerbesten Fahrrad-Infrastruktur“, sagt Mues.
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Eines Tages werden sie auch noch die Frankfurter Straße fahrradmäßig in den Griff bekommen, sagt er. Das sei sein Traum: Denn da fährt der vielradelnde Bürgermeister wirklich nur her, wenn es überhaupt nicht mehr anders geht.