Siegen. Auto verliert eine Fahrspur zwischen Siegen und Geisweid, ÖPNV gewinnt – und da ist ja auch noch die HTS. Bürgermeister: „Das wird funktionieren“

Am Ende wird es doch noch emotional. Die Siegener Verwaltung hatte die Pläne für die Umweltspur vorgestellt, was sie ohne eine gewisse politische Rückendeckung nicht getan hätte, dann gab es im Grunde keine Debatte über ein Thema, was immerhin den innerstädtischen Verkehr ziemlich gründlich neu ordnet: Zwischen Siegen und Geisweid wird es pro Richtung eine Spur nur für Fahrräder und Busse geben, das Auto darf hier nicht mehr fahren.

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So gravierend, wie es die Gegner der Umweltspur (FDP und AfS) in düstersten Farben malen, dürfte es wohl kaum werden. Derzeit führen vier Auto-Fahrspuren pro Richtung durchs Siegtal, fasst Grünen-Fraktionsvorsitzender Michael Groß am Ende zusammen: zwei auf der HTS, zwei durchs Tal. Im Tal wird dem Auto eine weggenommen. Macht immer noch 3 zu 1 fürs Auto.

Gegner der Umweltspur in Siegen malen in den düstersten Farben

Durchaus erwartbar empörten sich für ihre Fraktionen Markus Nüchtern (FDP) und Roland Steffe über die „Gängelung“ der Autofahrer, enorme Rückstaus, Chaos auf den Straßen, eine wütende angebliche „Breite der Bevölkerung“, die hoch emotionalisiert ihrem extremen Unmut Ausdruck verleihe. Ohnehin werde „kein Fahrradfahrer“ die Spur nutzen, weil alle den Radweg unter der HTS fahren der „viel sicherer“ sei, es werde Probleme geben, weil Fahrräder Busse aufhalten und diese nicht überholen könnten.

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Stadtbaurat Henrik Schumann und Bürgermeister Steffen Mues hängten das eine Etage tiefer. „Wir sind überzeugt, dass es funktioniert, sonst hätten wir es nicht gemacht“, sagte Schumann. Seine Leute hätten in akribischer, monatelanger Planung jedes Detail, jede Konfliktstelle ausgearbeitet. Er wolle auch den größten Skeptikern Mut machen: Beim Schleifmühlchen etwa sei der Untergang des Abendlandes prognostiziert worden – nun gebe es Stimmen, laut derer es trotz Großbaustelle und Sperrung besser laufe als je zuvor. Weil Autos großräumig drumherum fahren. Das sehe man immer wieder bei solchen Veränderungen, pflichtete Steffen Mues bei: Erst gebe es „unglaublichen Ärger bis hin zu Morddrohungen“ und dann relativiere sich das binnen Tagen oder wenigstens Wochen. „Man muss sich dran gewöhnen, dann gehts wieder.“

Siegen: „Sie sprechen in ihrer rechtsradikalen Blase nicht für die breite Bürgerschaft“

Stadtbaurat Schumann warb dafür, „mit gleichem Rückgrat“ weiterzumachen – Skepsis gibt es nach wie vor, Marc Klein etwa hatte kommentiert, dass einige in der CDU wohl „mit schwerem Arm“ die Hand heben würden, andere schienen sich in ihren Redebeiträgen geradezu danach zu sehnen, nach kurzem Praxisbetrieb „nachzubessern“, womöglich eher gemeint im Sinne von „zurückzubauen“. Gleichwohl lobte Klein die hervorragenden und fundierten Infoveranstaltungen der Experten für die Fraktionen, bei denen Kreuzung für Kreuzung Bedenken in erheblichem Ausmaß hätten ausgeräumt werden können. „Wir möchten der Umweltspur eine Chance geben, wir stehen für die Mobilitätswende ein“, so Klein. „Es wird viel besser funktionieren, als es viele Leute vermuten.“ Martin Heilmann (Grüne) wunderte sich, dass die Gegenargumente ausgerechnet von denen kämen, die bei den Infoveranstaltungen am wenigsten teilgenommen hätten, „Sie sprechen in ihrer rechtsradikalen Blase nicht für die breite Bürgerschaft“.

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„Manchen Fraktionen ist wohl der größere Zusammenhang nicht klar“, merkte Ingmar Schiltz (SPD) an: Per Gesetz ist das Fahrrad dem Auto (bzw. motorisierter Individualverkehr, MIV) gleichgestellt. Michael M. Schwarzer (AfD) erklärte, dass er anders als manche Vorredner nicht klug genug sei, „in die Zukunft zu blicken – wir sollten offen bleiben für Veränderungen“.

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Funktionieren werde es vor allem, weil es eben die Stadtautobahn gibt. „Sie glauben gar nicht, wie viele Leute durch die Innenstadt fahren, obwohl es über die HTS viel schneller ginge“, sagte Bürgermeister Mues. Alte Gewohnheiten abzulegen sei eben nicht so einfach, mit Geduld „werden wir das hinbekommen“, Anlieger und Gewerbe entlang Sand-, Hagener und Weidenauer Straße würden jetzt schon bestätigen: „Das ist der richtige Weg“. Und wenn es damit gelinge, nur ein paar hundert Menschen zum Umstieg aufs Fahrrad zu bewegen, bedeute das auch weniger Autos in der Innenstadt, „die finden dann auch leichter Parkplätze“.