Siegen. Siegen muss viele Millionen für Hallenbad Weidenau ausgeben. Am besten für eines, das den Schwimm-Bedürfnissen der Menschen wirklich gerecht wird
- Die baulichen Verhältnisse in Weidenau schränken die Planer für die künftige Nutzung stark ein
- Die Siegener Kommunalpolitik befürwortet daher derzeit mehrheitlich einen Neubau an gleicher Stelle
- In einem ersten Konzept sind enorme Baupreissteigerungen bereits enthalten
Wenn Siegen schon Millionen fürs Hallenbad Weidenau in die Hand nimmt: Dann besser für eins mit 50-Meter-Bahnen, wettkampf- und tauchsportgeeignet. Die Planer haben die Situation vor Ort und für die Finanzen dargestellt, die Politik sich mehrheitlich zu einem Ja zum Neubau durchgerungen, auch wenn noch einige Fragen offen sind (wir berichteten). Was dafür spricht.
Die Varianten fürs Hallenbad Weidenau: Neubau „würde Defizite beseitigen“
1. Umbau im Bestand: Vom Bismarckplatz aus gesehen links neben dem Bestand wird ein Anbau errichtet, die Erweiterung aus den 70er Jahren rechts vom Mittelschiff auch auf die andere Seite gespiegelt. Zusätzlich zu den beiden 25-Meter-Becken gibt es Lehrschwimmbecken und Familienbereich; Eingangstrakt, Foyer und Treppenhaus werden umstrukturiert, um Zugänge und Umkleidebereich zumindest zu verbessern. Die Einschränkungen durch die bestehenden Strukturen seien allerdings massiv, sagt Architekt Thomas Kalman vom Planungsbüro Krieger.
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2. Teil-Neubau: Auch in dieser Variante würde der zusätzliche Anbau geschaffen plus einen neuen Eingangstrakt, der vor der jetzigen Fassade deutlich mehr Platz etwa für Umkleiden böte. Und außerdem die Hallenteile getrennt erschließt, „damit sich die Nutzungen nicht kreuzen“, erläutert Kalman. Denn es gelte zu verhindern, dass sich beispielsweise Öffentlichkeit und Schulschwimmen in den Umkleiden und an den Becken in die Quere kommen, um einen reibungslosen Ablauf des Badebetriebs sicherzustellen. „Das ist Gefummel“, gibt Kalman bei dieser Bauvariante zu bedenken, „im Grunde führt es zu nichts.“ Das geforderte Raumprogramm in das Gebäude zu quetschen, sei eine echte Herausforderung der Planung. Die Badebereiche würden baulich so voneinander abgegrenzt, dass sie klimatisch und akustisch getrennt werden können – optisch aber nicht, um die Badeaufsicht zu gewährleisten.
3. Ersatzneubau: Der würde „die Defizite des alten Bads beseitigen“, so Thomas Kalman – sowohl im Betrieb, als auch baulich und energetisch. Die gesamte Dachstruktur des Bestandsgebäudes könne nicht mehr ertüchtigt werden, damit sind Dämmung, Photovoltaik und Dachbegrünung im Falle einer Renovierung vom Tisch. Das Büro Krieger hat daher in Selbstleistung ein Modell-Bad auf Basis eines Konzepts der Deutschen Gesellschaft für Badewesen verwendet und grob auf die Siegener Bedürfnisse umgerechnet. Das Grundstück selbst sei dafür geeignet. Der Neubau biete zudem die Chance auf eine wasserballtaugliche Schwimmwettkampfhalle mit absenkbarer, tauchsportgeeigneter Sprunggrube – und sogar auf eine größere Wasserfläche als derzeit beauftragt, so der Architekt. Neben einem großen 50-Meter-Becken mit acht oder sogar zehn Bahnen (dann könnte das Becken quer in zwei 25-Meter-Versionen geteilt werden) und Lehrschwimmbecken wäre Platz für Gastronomie, Foyer, Gymnastikräume, alles auf insgesamt weniger Quadratmetern als im sanierten und erweiterten Altbau. „Ein Neubau würde die Möglichkeiten potenzieren“, betont der erfahrene Badplaner. Und auch länger halten – bis zu 60 Jahre, wenn nach der Hälfte der Zeit auf Stand der Technik gebracht wird. Würde der Bestand saniert, hielte er 35 Jahre, ohne Chance einer erneuten Renovierung. „Es gibt Bauteile, da kommen wir einfach nicht dran.“
Neubau Hallenbad Weidenau würde später starten – aber wohl schneller gebaut
Weil noch keine Planung vorliegt, kann ein Neubau erst später angegangen werden, das übliche Prozedere mit Ausschreibungen, Vergaben, Abriss. Aber dann könnte es schneller gehen, weil bei der Altbau-Sanierung, selbst wenn er sofort startet, zunächst bis auf den Rohbau entkernt werden müsste. Drei Jahre Bauzeit müsse man rechnen, so Thomas Guszan, Projektsteuerer-Büro Constrata, beim Neubau plus etwa ein Dreivierteljahr.
Unter normalen Umständen würde die Variante 1 netto etwa 28,4 Millionen Euro kosten – weil die Preise im Bausektor aber weiter steigen, wurde ein Risikopuffer von jährlich 14 Prozent einbezogen, damit dürfte diese Variante am Ende um die 42 Millionen Euro kosten. Bei Variante 2 wären es normalerweise rund 26,6 Millionen, mit Baupreissteigerung 47 Millionen – und damit am Ende wohl genau so teuer wie der Ersatzneubau. Wobei Guszan betont, dass es sich dabei noch um theoretische Annahmen handelt, der Neubau ist eben noch nicht durchgeplant.
Mehr als enorme Baukostensteigerungen beim Hallenbad-Neubau einrechnen geht nicht
Umbau im Bestand ist immer komplizierter als einen Neubau zu errichten – letzterer ist gut kalkulierbar, in jedem Altbau stecken hingegen potenzielle Unwägbarkeiten und Risiken. Er sehe keine Chance, den Bestand irgendwie günstiger zu sanieren, „wir werden am Ende bei dieser Summe landen“, sagte Stadtbaurat Henrik Schumann. „Wenn wir in diesem bisher nicht gekannten Ausmaß investieren, sollten wir uns auf den Lebenszyklus fokussieren.“
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Unabhängig von der Variante könne sich die Stadt das Projekt finanzwirtschaftlich nicht leisten, hatte Kämmerer Wolfgang Cavelius betont, die allgemeine kommunale Finanznot sei der Grund, dass die Stadt ihre Gebäude nicht wie vorgesehen erhalten könne. Immerhin könne die Investition für einen Neubau über einen längeren Zeitraum abgeschrieben werden und sorge so für etwas finanzielle Entlastung. Mehrere Mandatsträger äußerten zudem Zweifel, dass es am Ende bei den rund 50 Millionen Euro bleiben werde, trotz Risikopuffer. „Mehr als Risikopuffer einrechnen geht nicht“, entgegnete Stadtbaurat Schumann.
Entscheidend für Siegener Hallenbäder: Löhrtor und Eiserfeld müssen durchhalten
Erik Dietrich (Volt) wies auf die anstehenden Investitionen beim Hallenbad Eiserfeld hin – und auch das Löhrtorbad müsse durchhalten, wenn Weidenau abgerissen und neu gebaut wird, weil es dann jahrelang nicht zur Verfügung steht. Laut Verwaltung sei der „Patient Löhrtor“ nach aktuellen Untersuchungen stabil, Eiserfeld ebenfalls in die Jahre gekommen – „aber es hält“.
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Die Sorge vor Hochwasser-Lagen am Zusammenfluss von Sieg und Ferndorf mühten sich die Planer zu mildern: Die meisten Projekte lägen in solchen Gebieten, so Thomas Kalman, der seit 25 Jahren Bäder überwiegend für die öffentliche Hand plant. Das Hallenbad Weidenau sei nicht unterkellert, müsse also nicht gegen Aufschwimmen gesichert werden, mit Schotts sei die Gefahr technisch gut händelbar. „Das Johann-Moritz-Quartier liegt sechs Meter im Grundwasser und ist so gesichert, dass es nicht aufschwimmt“, so Thomas Guszan.