Siegen. Grüne Kritik: Verbessern am Schleifmühlchen für viel Geld Aufenthaltsqualität im Stau. Stadt Siegen: Gefahr für Verkehr kaum noch zu verantworten

Der Kreisverkehr Schleifmühlchen – genauer: das inzwischen jahrzehntealte Provisorium – kann ausgebaut werden. Dennoch gibt es weiter Streit – die Grünen lehnen den Kreisverkehr weiter ab, auch wenn die Ersatzpflanzungen für gefällte Bäume nun feststehen und die Verwaltung die Mehrkosten aufgeschlüsselt hat. Die Fraktion findet, dass eine aus ihrer Sicht nur unzureichende Verbesserung des Knotenpunkts das viele Geld nicht wert ist. Die Stadt verweist hingegen darauf, dass allein der schlechte Zustand des Kreisels eine Gefahr für Verkehrsteilnehmer ist.

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„Es gibt Stimmen, die sagen, Schleifmühlchen funktioniert noch“, sagte Anke Schreiber, Abteilungsleiterin Straße und Verkehr, im Rat. „Die Substanz ist kaputt, die Verkehrsarme sind teils über 50 Jahre alt.“ Das stelle jeder beim Darüberfahren fest: Absenkungen, Unebenheiten, Risse. Die Zahl der Beschwerden von Verkehrsteilnehmern sei hoch, die Forderung nach neuen Stoßdämpfern noch das harmloseste. Mit motorisierten Zweirädern durch den Kreisverkehr zu fahren, sei durch die Wülste und Verwerfungen in der Straße gefährlich. Die Verkehrsgefährdungen „sind kaum zu verantworten“. „Man kann nicht so tun, als sei mit ein bisschen Asphalt alles getan“, pflichtete Bürgermeister Steffen Mues bei, „das ist ein bisschen kurz gesprungen.“

Der Verkehr wird mit saniertem Kreisverkehr Schleifmühlchen zumindest besser

Schreiber verteidigte den Ausbau auch hinsichtlich der Verbesserungen für die einzelnen Verkehrsträger: Man müsse alle bedienen, Fußgänger, Radfahrer, Busse, Autos, dazu die Barrierefreiheit. „Wir erneuern alle vier Bushaltestelle, die sind alles andere als barrierefrei.“ Alle Nutzungsansprüche würden berücksichtigt, soweit es die Örtlichkeit eben zulasse.

Der Radverkehr werde derzeit überhaupt nicht geführt, auch für Fahrräder sei die knittrige Oberfläche gefährlich. Künftig werde er sicher über die Gehwege geführt, die daher breiter werden müssen. „Ich weise die Kritik zurück, wir würden keine komfortable Radverkehrsführung planen“, so die Abteilungsleiterin. Die offizielle Fahrradroute sei ohnehin durch den Lohgraben ausgewiesen. Beeinträchtigungen könnten nun einmal nicht verhindert werden, „das ist allen klar“.

Für reguläre Markierungen seien die zwei Fahrspuren des künftigen Kreisels nicht breit genug, man erarbeite aber gerade eine Lösung für „Feinmarkierungen“, wie sie in vielen Ländern üblich seien, um den Verkehrsfluss besser durch den Kreisverkehr zu leiten. Die Verkehrsqualität verbessere sich zu allen Zeiten um eine bis mehrere Stufen, die Wartezeit werde kleiner, erläuterte Schreiber – selbst nachmittags auf der Frankfurter Straße (auf Stufe D, von derzeit F).

Geld für den Kreisel in Siegen: Von 2,75 Millionen auf über 6 – man kann nie wissen

Eine marode Ufermauer an der Weiß muss wie berichtet erneuert werden – das erhöhte die Kosten, war bei der Entwurfsplanung noch nicht auf dem Schirm. Die Maßnahme sei aber nötig, um die Fahrbahn erweitern zu können, was aber in den Bereich des Wasserlaufs eingreife und daher genehmigungspflichtig wird. Und weil die Mauer ohnehin sanierungsbedürftig ist, „ist das auch kein rausgeschmissenes Geld“, betonte Schreiber.

Auch den Vorwurf, die Verwaltung würde Kostensteigerungen nicht erklären, wies Schreiber zurück, verwies auf die Ratsvorlage und erklärte sie: Von geschätzt 2,75 Millionen Euro im Jahr 2013 stieg die Summe mit der Entwurfsplanung im Jahr 2016 auf 5,476 Millionen – wegen der Ufermauer vor allem. Die aktuellen Kosten von rund 6 Millionen Euro seien durch die Preissteigerungen zu erklären. „Ich werde nicht sagen, dass es bei diesen Kosten bleibt“, betonte Schreiber – wie die Politik richtig erkannt habe, besitze sie keine Glaskugel.

Stadt Siegen: Siegbergtunnel hätte Verkehrsprobleme gelöst – Kreisel kann das nicht

Zweieinhalb Jahre beträgt die Bauzeit. „Wir würden gerne schneller fertig, aber es macht keinen Sinn, Ihnen zu sagen, es werden anderthalb – wir werden nur geprügelt, wenn es länger dauert“, so Schreiber in Richtung der Politik, die wiederholt Forderungen nach genaueren Aussagen zur Dauer – und auch zu Kostensteigerungen – gefordert hatte. Durch die Bildung von Bauabschnitten könne man immerhin verkürzen.

Schreiber wiederholte: Auch ein runderneuerter Schleifmühlchen-Kreisel werde nicht alle Verkehrsprobleme, besonders zu Stoßzeiten, lösen können. „Das haben die zu verantworten, die den Siegbergtunnel nicht bauen wollten – damals hätte man den noch für ‘kleines’ Geld bekommen.“ Die derzeit laufende Machbarkeitsstudie solle aufzeigen, wie teuer der Tunnel würde – und wie günstig es vor einigen Jahren noch gewesen wäre. Man könne nicht erwarten, die Tangente mit Tunnel wegzulassen und das Problem mit dem Kreisel zu lösen. „Die, die den Tunnel heute nicht wollen, wollten ihn auch damals nicht – und die schreien heute am Lautesten, weil wir den Verkehr nicht beschleunigt bekommen.“

Der Tunnel sei „völlig verfehlt und unrealistisch“, sagte Grünen-Fraktionschef Michael Groß, ein „absoluter Holzweg und unfinanzierbar – was prüfen sie denn noch?“

Siegener Politik: Von „Immerhin etwas“ bis zu „Teure Asphaltwüste ohne Verbesserung“

„Was lange währt, wird zwar nicht super, in jedem Fall aber besser und das ist gut so“, sagte UWG-Fraktionsvorsitzender Hans-Günter Bertelmann. Man habe mit dem Sperrvermerkt zum Ausbau (wir berichteten) das Projekt nicht verhindern, sondern „Druck in den Kessel“ geben wollen und sei froh, dass diese „unsägliche Situation“ nun endlich beendet werden könne. Auch Klaus Volker Walter bekräftigte für die FPD, dass man das Projekt nicht habe Scheitern lassen wollen. „Dann hat die Extrarunde ja scheinbar etwas gebracht“, meinte Ingmar Schiltz: Die SPD habe von Anfang an keine Zweifel gehabt.

„20 Jahre für einen Kreisverkehr – das ist sicher auch eine Leistung“, erinnerte AfD-Fraktionsvorsitzender Michael Schwarzer an die lange Projektphase. „Wir haben Schleifmühlchen fürs Guiness-Buch angemeldet“, so der Bürgermeister dazu.

Die Informationslage sei vor der März-Sitzung des Rates sehr schlecht gewesen und sie habe nun immer noch Mängel, kritisierte Joachim Boller (Grüne), weder Funktion, noch Kosten-Nutzung, noch Gestaltung sei für seine Fraktion gut. „Hier werden viele Millionen ausgegeben und wenn es fertig ist, stellen die Menschen fest, dass sich am Verkehrsfluss wenig geändert hat. Die Verbesserungen werden nicht eintreffen“, prognostizierte er. Es werde eine „Asphaltwüste“ im Eingangsbereich zur Innenstadt entstehen – „warum werden auf der Mittelinsel keine Bäume gepflanzt?“ Man erkenne zwar Verbesserungen für Rad- und Fußverkehr, aber keine Grundlage, den Sperrvermerk aufzuheben. Der sollte die Planungen nicht stoppen, betonte Fraktionschef Michael Groß, aber bei so viel Geld verlange man eine detaillierte Planung. Man bleibe bei der Skepsis, bekräftigte Fraktionschef Michael Groß: „Wir verbessern die Aufenthaltsqualität im Stau, beseitigen aber nicht den Stau.“ Dafür solche Beträge auszugeben, „gehen wir nicht mit.“

Jetzt steht auch fest: Am Schleifmühlchen werden wieder Bäume gepflanzt

Zu Stoßzeiten werde es vermutlich immer noch zu Beeinträchtigungen kommen, „aber wir müssen den Tatsachen auch mal ins Auge blicken“, sagte Christian Sondermann, GfS: „Die Gegebenheiten sind, wie sie sind. So kommen wir nicht weiter – die Verwaltung hat das Maximum aus diesen Gegebenheiten herausgeholt.“

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Die Baumkommission habe sie beauftragt, Ersatzpflanzungen für sieben Bäume am neuen Kreisverkehr vorzusehen, die Verwaltung mache ihre Hausaufgaben. Dabei sei berücksichtigt, dass Pflanzungen die Sicht, etwa auf Zebrastreifen, nicht behindern dürfen. Die Mittelinsel sei bewusst freigelassen worden, weil es etwa in Eiserfeld den Wunsch nach Gestaltung gegeben habe – das sei sehr gelungen, hier wolle man das auch ermöglichen.