Wilnsdorf. Bevor die A 45-Talbrücke Landeskroner Weiher bei Wilnsdorf gesprengt wird, muss das Gewässer abgelassen werden – der alte Damm darf nicht brechen

Die A-45-Talbrücke Landeskroner Weiher soll im Frühjahr 2022 kontrolliert gesprengt werden – wenn alles wie geplant klappt. Dazu muss allerdings der Landeskroner Weiher, über den die Brücke führt, abgelassen werden – dort wird das Fallbett für die Brücke aufgeschüttet. Und um den Wasserspiegel abzusenken, muss die Autobahn Westfalen, Betreibergesellschaft der Bundesautobahnen, zunächst sicherstellen, dass der Damm, „Ablassbauwerk“ in der Fachsprache, nicht bricht.

Angelegt wurde der Landeskroner Weiher in den Jahren 1894/95 für den Betrieb der nahen Grube Landeskrone. Das Bergwerk liegt im Bereich des heutigen Quartiers Landeskrone; das aufgestaute Wasser wurde benötigt, um die Dampfmaschine in einer unterirdischen Maschinenhalle zu betreiben. Die Höhle samt Resten der Maschine war vor einigen Jahren (wieder) entdeckt worden, als die Autobahn-Rastanlage Wildenberg erweitert werden sollte, erläutert Bernd Danzenbächer vom Projektteam Planung bei Autobahn Westfalen in Dreis-Tiefenbach.

Schon nach wenigen Jahren Brach der Damm des Landeskroner Weihers – Überflutung

Bereits nach wenigen Jahren, 1897 brach der Damm, die Ortschaft Wilden wurde in weiten Teilen überflutet. Etwa einen bis anderthalb Meter hoch soll das Wasser gestanden haben, berichtet Danzenbächer. Der Damm wurde wieder aufgebaut, seither hält er.

Die Wasserfläche des Landeskroner Weihers wird für die Sprengung der Talbrücke erheblich reduziert. 
Die Wasserfläche des Landeskroner Weihers wird für die Sprengung der Talbrücke erheblich reduziert.  © Autobahn Westfalen GmbH | Autobahn Westfalen GmbH

In den Jahren 1965 bis 1967 wurde die A 45 gebaut und dazu auch die Talbrücke über den Landeskroner Weiher errichtet. Der Damm unter der Autobahn, der den heutigen Weiher vom „Vorbecken“ abtrennt, wurde als Bautrasse angelegt und nach Fertigstellung nicht wieder abgerissen. Die Gemeinde als Eigentümerin, damals noch Wilden, wollte zum einen die Kosten sparen und gleichzeitig den so möglichen Rundweg um den Landeskroner Weiher erhalten.

Der Verkehr kann während der Arbeiten am Landeskroner Weiher weiterfließen

Die Talbrücke wird, analog zu den anderen Brückenneubauten entlang der A 45, gesprengt – das ist schnell, sicher und deutlich günstiger als das schrittweise Abtragen, erklärt Katharina Erbismann, Teamleiterin Konstruktiver Ingenieurbau bei der Autobahn Westfalen. Auch die Brücke Landeskroner Weiher besteht aus zwei getrennten Bauwerken je Fahrtrichtung: Das eine wird gesprengt, der Verkehr auf das andere umgelegt, der Ersatzneubau hochgezogen. Gleiches Prozedere dann bei der anderen Teilbrücke.

So soll die neue Talbrücke Landeskroner Weiher aussehen, wenn sie fertiggestellt ist.
So soll die neue Talbrücke Landeskroner Weiher aussehen, wenn sie fertiggestellt ist. © Autobahn Westfalen GmbH

Bei der Sprengung fällt die Brücke senkrecht nach unten, auf ein Fallbett aus Lockergestein. In diesem Fall liegt dort auch der Landeskroner Weiher. Das Fallbett muss die Erschütterungen durch den Aufprall dämpfen – mit Wasser funktioniert das nicht gut. Also muss der Weiher abgelassen werden – nicht komplett, aber die Wasserfläche wird deutlich reduziert; von aktuell etwa 13.500 auf 6000 Quadratmeter. Der Wasserspiegel sinkt um etwa 3,5 Meter, es entsteht ein ausreichend großes Baufeld für die Brückenarbeiten. Der Fischbestand wird vorher so weit es geht abgefischt, Experten begleiten das, um mögliche seltene Arten zu identifizieren.

Die neue Brücke Landeskroner Weiher wird weniger Stützpfeiler haben als die alte: Jedes Teilbauwerk ruht auf acht Pfeilerpaaren, also insgesamt 32 Stück. Weil die Spannweiten zwischen den Pfeilern größer werden, sind es künftig nur noch zehn Pfeiler – fünf je Teilbrücke.

Der Landeskroner Weiher hat nur einen Grundablass – der ist in die Jahre gekommen

Den Weiher komplett zu leeren, geht aus Naturschutzgründen nicht: Hier lebt die geschützte Wasserfledermaus. Das Wasser kann auch nicht einfach so abgelassen werden: 2007/08 ließ die Gemeinde Wilnsdorf den Damm von einem Experten untersuchen, der feststellen musste, dass sich die Statik des alten Bauwerks nicht nachrechnen lässt. „Aber er steht“, sagt Bernd Danzenbächer.

Die Autobahn Westfalen GmbH überprüft, wo der „Mönch“ im Landeskroner Weiher errichtet werden kann, um das Gewässer abzulassen.
Die Autobahn Westfalen GmbH überprüft, wo der „Mönch“ im Landeskroner Weiher errichtet werden kann, um das Gewässer abzulassen. © Hendrik Schulz

Wird das Wasser abgelassen, hat das Einfluss auf die Struktur des Damms. Er wird leicht vom Wasser durchströmt – sinkt der Pegel, sinkt auch die sogenannte Sickerlinie. Mit unbekannten Folgen. Daher wird das Wasser kontrolliert abgelassen werden, um in jedem Fall ein Brechen des Ablassbauwerks zu verhindern. Mehrere Messpunkte werden dazu von einem Statiker überwacht.

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Aktuell überprüft die Autobahn Westfalen den Grundablass im Damm. Es gibt nur einen, und nur darüber kann der Wasserspiegel des Landeskroner Weihers reguliert werden. „Der ist in die Jahre gekommen“, sagt Bernd Danzenbächer – bevor der Weiher abgelassen wird, muss daher sichergestellt werden, dass man ihn auch wieder schließen kann. Dafür wird ein sogenannter Mönch, ein Ablaufbauwerk, im Gewässer errichtet, mit Hilfe dessen der alte Grundablass umgangen wird.

Landeskroner Weiher während Bauarbeiten an Talbrücke nicht begehbar

Bis Ende Oktober soll das Unternehmen ausgewählt sein, das die gesamte, 47,1 Millionen Euro teure Baumaßnahme durchführt. Die Ausschreibung ist bereits veröffentlicht. Ende des Jahres wird auch das Wasser abgelassen. Im trockengefallenen Teil des Weihers wird dann der feuchte Schlamm beiseite gezogen, eine Art Schutzschicht aus Geotextil eingezogen, darauf entsteht eine „Arbeitsplattform“, etwa für Baukräne. Auch das drei bis vier Meter hohe Fallbett wird hierauf aufgeschüttet – und alles nachher wieder entfernt.

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Dann beginnen die Vorbereitungen: Die Haupt-Baustraße wird über die A 45 angebunden, die Zufahrt zum Parkplatz von der L 723 wird aber ebenfalls verbreitert – für Notfälle und Land- und Forstwirtschaft. Die Bauzeit beträgt etwa 5,5 Jahre – läuft alles nach Plan, also bis Mitte 2027. Während dieser Zeit ist die Großbaustelle Landeskroner Weiher für Erholungszwecke gesperrt, aus Sicherheitsgründen. Am Ende wird der Landeskroner Weiher wieder eingestaut, so wie er jetzt ist.

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