Arnsberg. Vorbereitungen auf Bundestagswahl gehen in heiße Phase. Stimmzettel gehen aus dem Sauerland sogar bis nach China, Laos oder Neuseeland.
Die wichtigste Frage vor dieser Bundestagswahl, die hat sich angeblich nie gestellt. „Es war von Anfang an klar, dass das Papier reicht“, sagt Daniela Dümpelmann und kann dabei einen Hauch Unverständnis für die Frage nicht verbergen.
An der Materialverfügbarkeit waren Zweifel aufgekommen, als Bundeswahlleiterin Ruth Brand im November nach dem Bruch der Ampel-Koalition in Berlin und bei der Suche nach einem Wahltermin vor „unabwägbaren Risiken“ gewarnt hatte. Aber die Sache ist ja nun geklärt, und der Beweis, dass der Urnengang am 23. Februar nicht am Papier scheitern dürfte, den kann man im Reich von Daniela Dümpelmann überall erblicken. Hier, im „schönsten Wahlbüro Deutschlands“, wie sie halb scherzhaft sagt: dem Rittersaal im 1709 erbauten Alten Rathaus in Arnsberg.
Überall Papier. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Von „eifriger Betriebsamkeit“ und „kreativem Chaos“ berichtet Dümpelmann, die trotz des Stresses und der verkürzten Fristen über die vorgezogene Bundestagswahl sagt:
„Organisatorisch ist sie einfacher für uns.“
Eine interessante Aussage über diese Wahl, die doch so manche Herausforderung bereithält.
Es ist ein Vormittag Ende Januar, etwa dreieinhalb Wochen vor dem Wahltag. Daniela Dümpelmann lässt ihr „Hirn“, wie sie eine Stellwand mit allerlei Notizzetteln und Terminen nennt, in ihrem Büro zurück und führt durch das Wahlbüro der Stadt Arnsberg, in dem Festangestellte und Hilfskräfte eifrig Anträge bearbeiten und Wahlunterlagen eintüten. Vieles per Hand.
Die vorgezogene Wahl – in der Geschichte der Bundesrepublik ist es nach 1972, 1983 und 2005 die erst vierte – hat so manchen nervös gemacht. Dümpelmann macht hingegen einen gefassten Eindruck. Das liegt wahrscheinlich an ihrer Erfahrung – sie ist seit 1991 für die Stadt tätig, war früher Wahlhelferin, ist seit 2019 Wahlbüroleiterin, alles in allem „seit 30 Jahren im Wahlgeschäft“, wie sie formuliert. Seit Mitte Dezember haben sie und ihre Kollegen ihr Wahlbüro eingerichtet, man liege inzwischen gut im Plan. Gott sei Dank finde „nur“ eine Wahl statt und nicht, wie ursprünglich im September vorgesehen, Bundestags- und NRW-Kommunalwahl. Zwei solche Ereignisse, „das wäre sportlich“ geworden, sagt die 52-Jährige.
Andererseits sorge die eine, vorgezogene Bundestagswahl für mehr Aufwand. Die Herausforderung liege „in der besonderen Kürze des Briefwahlgeschäfts“. Alle Fristen seien halbiert, „alles wird viel knapper“, sagt Dümpelmann – und wird von einer Mitarbeiterin um Hilfe gebeten. Das Briefwahlgeschäft ruft, Shanghai ruft.
Ein in Fernost lebender Wahlberechtigter hat wohl für den Empfang der Briefwahlunterlagen eine Adresse in der chinesischen Metropole angegeben, die zu einer Nachfrage geführt hat. Dümpelmann klärt das, erzählt dann, dass sie Briefwahlunterlagen auch nach Laos, Hongkong, Dubai oder Neuseeland verschicken. Da könnte die knappe Zeit dann richtig knapp werden.
An Arbeits-Station 1, nahe dem Eingang in den Rittersaal, bearbeiten sechs Auszubildende an drei Tischen und mit vier Druckern die Briefwahlanträge, auch die der Auslandsdeutschen. 15.000 Briefwahlunterlagen werden sie wohl verschicken, schätzt Dümpelmann. Das allerdings sei erst möglich, wenn die Stimmzettel vorliegen, auf denen die zur Wahl zugelassenen Parteien und Kandidaten stehen.
Dümpelmann rechnet damit, dass die vollständigen Briefwahlunterlagen ab Freitag (7. Februar) bei ihnen per Post rausgehen können. Man werde einen Wochenenddienst einlegen und „wie wild Stimmzettel packen“, damit alle Briefwahlunterlagen so schnell wie möglich beim Bürger ankommen. Sie sind dabei aber auch abhängig von der Post. „Bis zum 13. Februar“, sagt Dümpelmann, „soll bitte keiner nervös werden.“
Die Tür zum Rittersaal geht auf, „jetzt haben wir hier einen Wähler“, meldet Dümpelmann. Ein älterer Herr ist eingetreten. Sie sind auch Direktwahllokal, bedeutet: Briefwähler können hier ihre Stimme abgeben. Die Briefwahl vor Ort vermeidet Postlaufzeiten. Allerdings ist sie erst ab dem 10. Februar möglich. Der Herr muss also wiederkommen. Oder doch klassisch Briefwahl per Post machen.
„Bis zum 13. Februar soll bitte keiner nervös werden.“
Tausende Wahlunterlagen per Hand packen
Im hinteren Bereich des Rittersaals befindet sich Station 2, hier faltet das „Packteam“ (Dümpelmann) die Wahlunterlagen – den (weißen) Stimmzettelumschlag, das Merkblatt zur Briefwahl, den Wahlschein und den (roten) Wahlbriefumschlag – in Umschläge, die offen bleiben. Die Stimmzettel fehlen ja noch. Erst, wenn diese vorliegen, kann das Packteam seine Arbeit abschließen. In gelben Postkisten, die aneinandergereiht im Saal stehen, warten tausende bereits vorgepackte Wahlumschläge auf den letzten Pack-Akt.
Abwechslungsreich wirkt die Tätigkeit des Packteams eher nicht. „Es ist viel Routine“, bestätigt Udo Blume, einer der Mitarbeiter, „man muss sehr konzentriert sein.“ Fragt man den pensionierten Beamten der Stadt Arnsberg nach seiner Motivation, erzählt der 68-Jährige: „Mein Sohn hat gesagt: ‚Die suchen Mitarbeiter, und du hast Zeit.‘ Er hat recht ...“. Blume findet es „interessant, wie viele Räder hier ineinandergreifen, dass alles funktioniert“.
Zwei andere, jüngere Räder heißen Pauline, 23, und Pia, 24. Ihre Eltern, die bei der Stadt arbeiten, hätten sie auf den Nebenjob aufmerksam gemacht. Beide geben an, politisch interessiert zu sein. „Ich“, sagt etwa Studentin Pauline, „wollte den Wahlablauf kennenlernen.“
Zentraler Teil der Wahl ist der Wahltag. Im Saal reihen sich Kartons, in denen bereits Material wie Schilder, Klebeband und Stifte für die 63 Wahllokale (à sechs Helfer) in der Stadt gepackt sind, auch Urnen und Stellwände stehen schon bereit. Dümpelmann und ihr Team sind auch für die Organisation des Wahltags und das Personal zuständig. Etwa 600 Helfer kämen bei der Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der Wahl zum Einsatz, sagt Dümpelmann.
Gewählt wird unter anderem in mehreren Schützenhallen im Stadtgebiet, etwa in Arnsberg-Niedereimer, Wohn- und Wahlort von Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz. Dass der mögliche nächste Regierungschef der Republik hier seine Stimme abgibt, verursacht mediale Aufmerksamkeit und erfordert größere Sicherheitsvorkehrungen sowie Absprachen etwa mit dem für den Personenschutz zuständigen Bundeskriminalamt (BKA). Man sei daher noch mehr als ohnehin bestrebt, dass „alles super läuft – wegen der exponierten Persönlichkeit, die wir bei dieser Wahl hier haben“, sagt Christopher Hilverling, der als Erster Beigeordneter der Stadt und Wahlleiter die Gesamtverantwortung trägt.
Auf die diesmal besonderen Umstände und den erwarteten Medienrummel sollen die Helfer im Wahllokal in Niedermeier durch eine Ansprache vorbereitet werden. „Da geht es darum, das Selbstbewusstsein zu stärken, damit sie nicht unsicher sind, weil der Kanzlerkandidat der Union hier wählt“, sagt Dümpelmann, „das ist ja was Besonderes“.
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