Menden. Schwarz-grünes Ehepaar aus dem Sauerland: Marjan Eggers ist die Kandidatin der Grünen, doch ihr Mann macht Wahlkampf für Paul Ziemiak.
Matthias Eggers schmunzelt beim Blick durch die geöffnete Tür seines Hauses in Menden. Der Landtagsabgeordnete der CDU hat, wenn er morgens aufbricht oder abends heimkehrt, immer das Portrait seiner Ehefrau Marjan auf der Straße vor Augen. Auf einem Wahlplakat der Grünen. „Das ist mir lieber, als wenn dort jemand den Platz einnimmt, der einer anderen Partei angehört“, sagt der 39-Jährige. Damit könne er „sehr gut leben“.
„Wir priorisieren anders, aber wir streiten nicht.“
Marjan und Matthias Eggers sind seit 2021 verheiratet, aber in unterschiedlichen Parteien aktiv. Er sitzt für die CDU als Abgeordneter im Düsseldorfer Landtag, sie vertritt im Rat der Stadt Menden die Grünen – und will nun in den Bundestag und tritt als Direktkandidatin im Märkischen Kreis an. Verbale Zurückhaltung gibt es dabei nicht immer. Privat sind sie dennoch, wie sie sagen, ein „Super-Team“.
Schwarz-Grün im Bund? Klingt unwahrscheinlich
Grüne und Union scheinen so verfeindet wie lange nicht: Markus Söder (CSU), Ministerpräsident des Freistaates Bayern, teilt gegen die Grünen seit Wochen aus. Schwarz und Grün im Bund als eine Koalition klingt unter dieser Prämisse eher unwahrscheinlich. „Aber es kann funktionieren - in der Liebe sowieso“, sagt Marjan Eggers, die wie ihr Mann 39 Jahre alt ist.

Matthias Eggers ist seit 2002 Mitglied der CDU, seit 2009 im Rat der Stadt Menden und seit 2022 Landtagsabgeordneter. Seine Frau Marjan, die seit 2019 Mitglied bei den Grünen und seit 2020 Ratsfrau in Menden ist, wurde im vergangenen Herbst für den Bundestagswahlkreis 149 zur Direktkandidatin für die Wahl am 23. Februar gewählt. Aller Voraussicht nach ohne Chance, dass sie tatsächlich in den Bundestag einzieht. Denn dafür müsste sie den Wahlkreis, in dem mit Paul Ziemiak (CDU) auch ein Freund ihres Mannes kandidiert, direkt gewinnen. Das ist nicht zu erwarten -und auf der Landesliste der NRW-Grünen ist sie nicht abgesichert.
Erstes Treffen in der Corona-Zeit
Die beiden haben sich 2020 kennengelernt. „Da waren wir im Vorfeld der Kommunalwahl in den Parteien aktiv“, erzählt die Mendenerin, die als Pflegeberaterin und Gesundheits- sowie Krankenpflegerin gearbeitet hat. Er fand es interessant, eine Frau kennenzulernen, die sich für Politik interessiere. „Wir beide teilen das Hobby Politik“, ergänzt Marjan Eggers. Es gebe so viele Gemeinsamkeiten, sagen beide. Dabei sei es nicht einfach gewesen, sich Anfang 2020 zu treffen. „Es war Corona-Zeit“, erzählt die Sauerländerin. Sie telefonierten viel. „Beim ersten Treffen in einem gastronomischen Betrieb mussten wir noch unsere Kontaktdaten hinterlassen“, fährt sie fort. Waldspaziergänge folgten.
„Daran musste ich mich allerdings nicht gewöhnen. Meine Mutter hat wahrscheinlich immer schon die Grünen gewählt.“
Matthias Eggers, der seit 2010 in der Kommunikationsberatung für Unternehmen und Verbände tätig gewesen ist und bis zu seiner Wahl in den Landtag die medienstatt GmbH als Geschäftsführer leitete, verrät, dass er es auch spannend gefunden habe, dass Marjan in einer anderen Partei ist. „Daran musste ich mich allerdings nicht gewöhnen. Meine Mutter hat wahrscheinlich immer schon die Grünen gewählt“, so der CDU-Landtagsabgeordnete. „Wir hatten wegen unserer Parteizugehörigkeit nie Berührungsängste“, ergänzt die Grünen-Politikerin.
In den ersten Wochen des Kennenlernens, so Marjan Eggers, habe Politik keine Rolle gespielt. „Da gab es Wichtigeres, zum Beispiel, ob mein Sohn aus erster Ehe Matthias mag.“ Erst als der Kommunalwahlkampf startete, sei Politik zum Thema geworden: „Ich fand es aufregend, unsere Positionen auszutauschen, Schnittmengen und Differenzen zu erkennen“, sagt die Sauerländerin.

Einig über das Ziel, nicht über den Weg
„Die ist ja ganz sympathisch“, hörte Matthias Eggers damals von Parteifreunden. „2021 haben wir geheiratet.“ Obwohl sich in der politischen Diskussion Konflikte nicht immer vermeiden ließen, klammerten sie das Thema Politik privat nicht aus. Oft seien sie sich über das zu erreichende Ziel einig, jedoch nicht über den Weg: „Grundsätzlich kann man sagen, wir sind beide pragmatisch und denken nicht ideologisch. Wir tauschen Argumente aus und wollen nicht den anderen überzeugen, dass er falsch liegt“, berichtet der CDU-Landtagsabgeordnete. Sie sage ihm trotzdem manchmal: „Da bist du auf dem Holzweg“. Immer aber würden sie sachlich über Politik reden, sagen beide.
Sie ist von Robert Habeck überzeugt
Für Marjan Eggers hat der Klimaschutz eine große Bedeutung. Manchmal, wenn es ums Klima gehe, könne sie sich aufregen. Für Matthias Eggers steht hingegen die Wirtschaftspolitik im Vordergrund. „Das Thema beschäftigt mich ganz besonders.“ Von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hält der Sauerländer nicht viel: „Er mag ein netter Kerl sein, aber von Wirtschaft hat er wenig Ahnung.“
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Da ist seine Frau anderer Meinung: „Habeck hat viel Gutes auf den Weg gebracht.“ Das Heizungsgesetz sei allerdings nicht gut kommuniziert worden. „Für mich ist Habeck positiv besetzt und ein guter Kanzlerkandidat“, sagt sie. Er vermittele eine Aufbruchstimmung innerhalb der Partei. Wie er mit Blick auf den Ukraine-Krieg für die Unabhängigkeit von russischem Gas nach Lösungen gesucht hat, habe sie beeindruckt. „Da agierte er ruhig und besonnen,“ betont Marjan Eggers.
Er steht voll hinter Friedrich Merz
Matthias Eggers steht „vollkommen“ hinter Friedrich Merz, dem Kanzlerkandidaten der CDU. „Er ist der Richtige, auch mit 69. Nicht nur, weil er auch Sauerländer ist.“ Der 39-Jährige ist von Merz‘ Energie beeindruckt. Wie er mit Stimmen der AfD eine Mehrheit für einen Antrag zur Migrationspolitik im Bundestag bekam und danach von einigen SPD- und Grünen-Abgeordnete scharf angegangen wurde, habe ihn erschreckt. Er findet sowohl die Forderungen nach einem verschärften Migrationsgesetz als auch die klare Absage an die AfD angebracht. „Ob es aber klug war, vier Wochen vor der Bundestagswahl eine solche Entscheidung herbeizuführen - ich weiß es nicht“, sagt er. Das lasse sich frühestens am 23. Februar um 18 Uhr mit Schließung der Wahllokale beurteilen.

Marjan Eggers hörte das Abstimmungsergebnis über den Migrations-Antrag in einer Besprechung der Grünen des Bezirksverbandes Südwestfalen. „Damals musste ich das erst einmal sacken lassen.“ Friedrich Merz findet sie unnahbar. „Er holt mich ebenso wenig ab wie Kanzler Olaf Scholz (SPD).“ Merz spreche sie weder durch die grüne Brille betrachtet noch als Frau an.
Schwarz-Grün in NRW finden beide gut
Einig sind sich beide über die Arbeit der schwarz-grünen Regierung in NRW: Es gelinge so wie in ihrer Partnerschaft. Beide lachen. „Klar die Parteien sind unterschiedlich, aber an der Spitze mit Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) und Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Bündnis 90/Die Grünen) sind zwei, die sich verstehen und sich an den Koalitionsvertrag halten“, fasst es der Sauerländer zusammen. Natürlich gebe es in der Landeshauptstadt Grüne, mit denen er wenig gemein habe. Aber die Grünen hätten sich in Düsseldorf kompromissbereit gezeigt, „zum Beispiel beim Kohleausstieg und beim Sicherheitspaket nach dem Anschlag in Solingen“. Die handelnden Personen seien entscheidend, sagt der 39-Jährige.
Gegenkandidat Paul Ziemiak
Dass ihr Mann im Bundestagswahlkampf ihren CDU-Gegenkandidaten Paul Ziemiak statt sie selbst unterstütze, verstehe sich von selbst, sagt die Grünen-Politikerin. „Gemeinsam machen sie gerade viele Termine.“ An ihren Podiumsdiskussionen nehme ihr Ehemann nicht teil: „Er möchte dort nicht in den Fokus geraten – die öffentliche Bühne gehört dort mir. Und natürlich stehen wir beide an unseren jeweiligen Infoständen und werben jeweils für unsere Parteien und unsere Kandidaten“, betont Marjan Eggers.

„Ich mag keine Prognose für die Bundestagswahl am 23. Februar abgeben“, sagt Matthias Eggers. Er hoffe nur, dass die aufgeheizte Stimmung mögliche Koalitionen im Vorfeld nicht ausschließe. Marjan Eggers hofft auf ein starkes Ergebnis für die Grünen. Der Umwelt zuliebe.
Sorge vor der AfD eint die beiden
Beide sorgen sich angesichts der starken Umfragewerte für die AfD um den Frieden in Deutschland. Marjan Eggers: „Ich bin entsetzt über die verbale Aggressivität, über Hass und Hetze auch bei lokalen Veranstaltungen vor Ort seitens der AfD.“ Wichtig sei ihr, auf Augenhöhe und mit Respekt miteinander umzugehen. So sieht es auch ihr Mann: „Wie sich die AfD im Landtag aufführt, dieses ständige Brüllen - die Ordnungsaufrufe sind zu 95 Prozent an AfD-Abgeordnete gerichtet.“ Marjan und Matthias Eggers sind sich einig: Toleranz und die Akzeptanz für andere Auffassungen sind Voraussetzung, um trotz aller politscher Differenzen ein zufriedenes Miteinander innerhalb der Gesellschaft zu führen – und eine glückliche Ehe.