Essen. Am 23. Februar ist Bundestagswahl. Über die Wahlprogramme informiert schon jetzt der Wahl-Kompass und der Real-O-Mat. So funktionieren sie.
- Die Entscheidung, welcher Partei sie bei der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 ihre Stimmen geben sollen, fällt vielen Menschen schwer.
- Wahlhilfen wie der Wahl-O-Mat werten die Parteiprogramme aus und sollen Orientierung geben.
- Ein neues Angebot ist der Real-O-Mat. Der Wahl-Kompass ist in NRW entwickelt worden. Sie funktionieren unterschiedlich.
Der Wahl-O-Mat hilft Millionen Menschen bei der Entscheidung, welche Partei ihre Interessen am ehesten vertritt. Für die Bundestagswahl am 23. Februar geht der neue Wahl-O-Mat am 6. Februar online. Wer sich schon jetzt über die Wahlversprechen informieren will, ohne sich durch Hunderte Seiten Parteienprogramm zu wühlen, kann auf andere digitale Wahlhilfen zurückgreifen. Ab sofort verfügbar ist der Wahl-Kompass aus NRW sowie der Real-O-Mat.
Alternative zum Wahl-O-Mat: Wie funktioniert der Wahl-Kompass?
Der Wahlkompass ist eine Online-Wahlhilfe, die das Team um den Politologen Norbert Kersting an der Universität Münster entwickelt hat. Das Prinzip ähnelt dem Wahl-O-Mat: Nutzerinnen und Nutzer beantworten 31 Thesen und sehen am Ende, welcher Partei sie wie nahestehen. Das Angebot ist kostenfrei und ab sofort nutzbar.
Nutzerinnen und Nutzer sind zunächst aufgerufen, Angaben zur eigenen Person zu machen, unter anderem Geburtsjahr und Familienstand zu nennen und zu erklären, welche Partei man zuletzt gewählt hat. Wer mag, kann seine E-Mail-Adresse angeben, falls er an Umfragen teilnehmen möchte. Die Mailadresse und die Eingaben im Wahl-Kompass werden nicht miteinander verknüpft.
Anschließend werden Nutzerinnen und Nutzer gebeten, 31 Thesen einzuordnen. Es geht auch darum, ob der Bundestag die Schuldenbremse einhalten sollte, der Atomausstieg ein Fehler war oder das Bürgergeld verändert werden soll.
Welche Erkenntnis liefert der Wahl-Kompass?
Der Wahl-Kompass berechnet auf Grundlage der 31 Fragen die politische Position des Nutzers oder der Nutzerin und stellt diese dann grafisch im Parteienspektrum dar. Man kann einzelne Themen auswählen und sich anschauen, wie nah man etwa bei „Sicherheit“ oder „Steuern“ den jeweiligen Parteien ist. Ein Ranking zeigt, mit welcher Partei man am häufigsten übereinstimmt. Wem das nicht reicht, der findet unter „Begründungen“ noch für jede der 31 Thesen die Antworten der Parteien.
Wie kommt der Wahl-Kompass zu diesen Ergebnissen?
Für den Wahl-Kompass hat das Team um Norbert Kersting 90 Thesen entwickelt, die seit November 2024 verfeinert, aktualisiert und dann auf ein Drittel reduziert wurden. „Wir achten auf Themen, die aktuell diskutiert werden und auf Punkte, an denen man Unterschiede zwischen den Parteien erkennen kann“, sagt Kersting, Professor für Politikwissenschaft. Das sei diesmal leichter gewesen. „Das deutsche Parteiensystem wird radikaler. Früher wollten die Parteien zur Mitte rücken, heute ist die Landschaft diverser.“
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Was ist der Unterschied zum Wahl-O-Mat?
Kerstings Team schickt die Thesen den Parteien, die ihnen jeweils zustimmen oder widersprechen müssen. Der Unterschied zum Wahl-O-Mat: „Wir verlassen uns nicht auf das, was uns die Parteien antworten.“ Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler binden laut Kersting andere Fachleute aus der Wahlforschung ein, die die Antworten einem Faktencheck unterziehen. „Wir gleichen die Antworten mit den Wahlprogrammen ab“, sagt Kersting. Angefragt werden nicht alle Parteien, sondern nur jene, die im Bundestag vertreten sind, Chancen auf den Einzug haben oder bei der Europa-Wahl stark abgeschnitten haben. Das sind: SPD, Union, Grüne, FDP, BSW, Linke, AfD, Freie Wähler, ÖDP, Volt und die Tierschutzpartei.
Zudem haben Parteien sowie Nutzerinnen und Nutzer mehr Antwortmöglichkeiten als beim Wahl-O-Mat: Sie entscheiden nicht nur zwischen „stimme zu“, „stimme nicht zu“ und „neutral“. Der Wahl-Kompass gibt vor: „stimme vollkommen zu“, „stimme zu“, „neutral“, „stimme nicht zu“ und „stimmte überhaupt nicht zu“. Kersting begründet das so: „Bei uns haben die Parteien weniger Chancen, sich um eine Antwort herumzudrücken.“
>>> Lesen Sie hier alles zur vorgezogenen Bundestagswahl 2025 in NRW
Sind Wahlhilfen wie der Wahl-O-Mat oder der Wahl-Kompass selbsterfüllend?
Wahlhilfen seien keine Wahlempfehlung, betont Kersting. „Wir machen politische Bildung“, so der Münsteraner Fachmann. Dass Menschen eine Partei wählen, nur weil der Wahl-Kompass eine hohe Übereinstimmung sieht, glaubt er nicht. „Die Menschen sind eher überrascht über die Ergebnisse, gerade wenn es um die Frage geht, wie nah man einer Partei in einem bestimmten Thema ist“, sagt Kersting.
Ist ChatGPT eine Alternative zum Wahl-O-Mat?
In Norbert Kerstings Team versuchte man die Zitate aus den Wahlprogrammen über die Künstliche Intelligenz ChatGPT zu finden. „Das ergab zu viele Fehler und selbst so einfache Dinge wie die richtige Seitenzahl zu einem Zitat aus dem Wahlprogramm konnte die KI nicht liefern.“
Wie funktioniert der Real-O-Mat?
Die meisten Wahlhilfen greifen auf die Parteiprogramme zur Bundestagswahl am 23. Februar zurück. Anders arbeitet der Real-O-Mat. Er wertet das Abstimmungsverhalten der Fraktionen im Bundestag aus. Nutzerinnen und Nutzer gleichen ihre politischen Ansichten also nicht mit Wahlversprechen der Parteien ab, sondern damit, wie sich die Fraktionen tatsächlich bereits in konkreten Themen positioniert haben.
Dazu beantwortet man 20 Thesen, die auf Gesetzesentwürfe und Anträge der aktuellen Legislaturperiode zurückgehen – von der Corona-Impfpflicht für Pflegekräfte in Seniorenheimen über die Vorratsdatenspeicherung bis zur Waffenlieferung in die Ukraine. Man antwortet mit „nein, geht mir zu weit“, „ja, finde ich auch“ oder „nein, reicht mir nicht aus“ – letzteres ist immer dann nicht zu nutzen, wenn keine Partei so abgestimmt hat. Am Ende sieht man, mit welcher Partei man am häufigsten einer Meinung ist. Zu jeder These lässt sich überprüfen, wie die jeweilige Fraktion abgestimmt hat.
Hinter dem Real-O-Mat steht die Plattform „FragDenStaat“, die Partner wie Abgeordnetenwatch, der Paritätische und die Deutsche Umwelthilfe hinter sich versammelt hat.
Die Bundestagswahl in NRW: Hier gibt es weitere Informationen
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