Hagen. Wohnungseinbrüche sind für viele Betroffene ein einschneidendes Erlebnis. Was eine Sauerländerin erlebte und was die Polizei rät.

Mit einem Mal war es vorbei mit der Urlaubsstimmung. Andrea und Klaus Müller hatten einen perfekten Skitag in den Alpen hinter sich gebracht, als der Anruf des Nachbarn kam. Der Mann am anderen Ende der Leitung kam ohne Umschweife zum Thema: „Bei Euch wurde versucht, einzubrechen.“

Ihr sei das Herz in die Hose gerutscht, erinnert sich Andrea Müller an das Geschehen vor einem Jahr. Die Sauerländerin und ihr Ehemann möchten nicht mit ihrem richtigen Namen in der Zeitung stehen, aber Andrea Müller will gerne öffentlich schildern, was der Einbruchsversuch in der dunklen Jahreszeit mit ihr gemacht hat, ja, wie der Gedanke, dass ein Fremder kurz davor stand, in ihre Privatsphäre einzudringen, ihr Leben verändert hat: „Auch wenn es zum Glück nur bei einem Einbruchsversuch blieb - er verfolgt mich bis heute.“

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Sie will mit ihrem Beispiel andere Menschen dafür sensibilisieren, das Thema Einbruchsprävention nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Gleichzeitig will sie keine schlafenden Hunde wecken, wie sie sagt: „Die Vorstellung, dass so etwas noch einmal passieren könnte, macht mir sehr zu schaffen.“

Wohnung im ersten Stock

Rückblick, Dezember 2023: Unmittelbar vor der Fahrt in den Skiurlaub war Andrea Müller wie immer noch einmal durch alle Zimmer der Wohnung gegangen und hatte überprüft, ob die abschließbaren Fenster- und Türgriffe auch tatsächlich arretiert waren. „Wir wohnen als Mieter im ersten Stock eines Zweifamilienhauses“, sagt Andrea Müller, „da kann man sich zunächst einmal nicht so recht vorstellen, dass jemand von außen - also nicht durch das Treppenhaus - in die Wohnung eindringt. Zusätzlich beruhigt haben uns die Sicherheitsschlösser, die sich ja dann auch bezahlt gemacht haben.“

Seitdem das Ehepaar Müller in die schmucke Wohnung eingezogen ist, gießt der freundliche Nachbar bei Abwesenheiten die Blumen und lüftet einmal kurz durch. Ein Routinevorgang, der vor einem Jahr beim Blick an die Tür vom Wohnzimmer zur Terrasse jäh durchbrochen wurde: „Da war ein runder schwarzer Fleck, ein auffälliger Druckpunkt unter dem Türgriff“, schildert Andrea Müller, was sie auf dem Handyfoto sah, das ihr der Nachbar umgehend geschickt hatte. Das Gleiche am Badezimmerfenster und an der Tür vom Schlafzimmer zum Balkon. Fingerbreite Bohrlöcher.

Abgeschlossene Türgriffe verhindern Einbruch

„Bohren durch Fenster“ nennt das Wetteraner Unternehmen Abus diese Einbruchstechnik: „Derzeit wird eine Zunahme dieser Methode beobachtet“, heißt es bei dem bekannten Hersteller von präventiver Sicherheitstechnik. Er beschreibt das Vorgehen so: „Der Einbrecher bohrt mit einer Akku-Bohrmaschine unterhalb des Griffs ein Loch in den Rahmen eines Fensters oder einer Terrassentür. Durch das Loch wird der Fenstergriff mit einem speziell gebogenen Metallstab geöffnet.“

Die alarmierten Polizeibeamten sprachen dem Nachbarn gegenüber von einem klassischen Vorgehen. Dass es bei einem Einbruchsversuch blieb, habe nichts mit einer stümperhaften Ausführung des Einbrechers zu tun gehabt, sondern mit den abgeschlossenen Fenster- und Türgriffen.

Und doch begann Andrea Müller zu grübeln: Wie ist der Unbekannte bloß auf die Terrasse im ersten Stock gekommen? War ein begnadeter Fassadenkletterer am Werk? Die Lösung war denkbar einfach, aber beunruhigend. „Die Polizei fand neben unserem Fahrrad-Schuppen eine für uns unbekannte Leiter“, so die Sauerländerin. Die Ermittlungen ergaben, dass die Leiter auf einem Nachbargrundstück entwendet worden war. „Die Beamten sagten uns am Telefon, dass Leitern grundsätzlich in einem abschließbaren Raum aufbewahrt werden sollten.“

Im Schutz der Dunkelheit

Die Kreispolizei Siegen-Wittgenstein sprach gerade erst davon, dass Einbrecher derzeit Hochkonjunktur hätten: „Die dunkle Jahreszeit bietet ihnen viele Vorteile: Man fällt beim Ausbaldowern im Dunkeln nicht sofort auf.“

Die Vorstellung, dass eine unbekannte Person ihre Tagesabläufe und Gewohnheiten beziehungsweise ihre Abwesenheiten ausspioniert haben könnte, macht Andrea Müller sehr zu schaffen. Zumal drei Monate nach dem Einbruchsversuch der unbekannte Täter sozusagen ein Gesicht bekam. „Ein Polizeibeamter informierte mich am Telefon, dass im Fahndungsportal der NRW-Polizei ein Aufruf erschienen sei. Eine Überwachungskamera habe einen Einbrecher aufgenommen, der auch für unseren Fall in Frage komme. Eine etwas unscharfe Aufnahme, die einen korpulenten Mann mit einem Rucksack zeigt. Das Bild ging mir nicht mehr aus dem Kopf.“

Das Sicherheitsgefühl leidet

Beim Opferschutzportal der NRW-Landesregierung heißt es, dass „ein Einbruch in die vermeintliche Geborgenheit der eigenen vier Wände für die meisten Betroffenen ein einschneidendes Erlebnis“ sei. Und: „Ganz abgesehen von den dadurch entstehenden Schadenssummen ist das persönliche Sicherheitsgefühl oft nachhaltig beeinträchtigt. Opfer können noch lange nach der Tat unter dem Geschehenen leiden.“

Insbesondere im Schutz der Dunkelheit gehen Einbrecher auf Diebeszug.
Insbesondere im Schutz der Dunkelheit gehen Einbrecher auf Diebeszug. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Das gelte auch für eine Jugendliche in ihrer Nachbarschaft, erzählt Andrea Müller. Die 17-Jährige habe einen Einbrecher im elterlichen Haus angetroffen und diesen durch laute Schreie in die Flucht geschlagen. „Seitdem will das Mädchen nicht mehr alleine daheim sein.“

Polizei nimmt Verdächtigen fest

Vor zwei Wochen, ein Jahr nach dem Einbruchsversuch, erhielt Andrea Müller einen Anruf. Eine Polizeibeamtin informierte sie, dass man einen um die 50 Jahre alten Mann festgenommen habe, dem zahlreiche Wohnungseinbrüche zwischen Frühjahr 2021 und Herbst 2024 zur Last gelegt würden. Mutmaßlicher Schaden: eine sechsstellige Summe.

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DNA-Material, das seinerzeit an Fenster und Türen von Andrea Müllers Wohnung sichergestellt worden war, stimmte laut Polizei mit dem anderer Tatorte überein. „Die Information gibt mir ein gutes Gefühl, dass zumindest dieser Mann nicht mehr sein Unwesen treiben kann. Und doch bleibt ein gewisses Unbehagen.“

Andrea Müller hat mit einem Präventionsberater der Polizei gesprochen. „Er hat mir gesagt, dass Kriminelle eher Abstand von einem Einbruch nehmen, wenn Licht im Haus ist.“ Also hat sie sich unter anderem einen TV-Simulator zugelegt: „Wenn wir nicht daheim sind, täuscht dieser ein belebtes Wohnzimmer mit laufendem Fernseher vor.“

Auf der Terrasse hält jetzt „hoffentlich“, wie die Sauerländerin sagt, ein Bewegungsmelder Fremde von kriminellen Aktivitäten im Zuhause der Müllers ab. Und, was ihr der Mann von der Polizei dringend geraten hat: „Betroffene sollten immer mit Nachbarn, Freunden und Bekannten über einen erlebten Einbruch beziehungsweise Einbruchsversuch reden. Das sensibilisiere die Menschen.“

Das rät die Polizei

Die Polizei in Dortmund hat gerade erst Tipps zum Einbruchschutz herausgegeben:

- Schließen Sie Ihre Wohnungstür immer ab, auch wenn Sie nur kurz die Wohnung verlassen!- Verschließen Sie alle Fenster und Türen, auch auf dem Balkon in den oberen Etagen! Gekippte Fenster sind für Einbrecher offene Fenster.
- Lassen Sie Rollläden nur nachts herunter, da sonst tagsüber ein unbewohnter Eindruck entsteht! 
- Lassen Sie Ihre Wohnung/Ihr Haus bei längerer Abwesenheit bewohnt erscheinen. Briefkästen sollten geleert und Rollläden und Beleuchtung über Zeitschaltuhren gesteuert werden! 
- Bewahren Sie besonders Wichtiges oder Wertvolles, das Sie nur selten brauchen, bei Ihrem Geldinstitut im Schließfach auf oder verwenden Sie einen gut gesicherten Tresor!
- Sprechen Sie sich mit Ihren Nachbarn ab, sollten Sie längere Zeit abwesend sein! Aufmerksame Nachbarn können Wohnungseinbrecher unter Umständen abschrecken. 
- Sichern Sie Ihre Zugangstüren und Fenster gegen Wohnungseinbrecher! Der Handel bietet zahlreiche Möglichkeiten, Ihre Wohnung/Ihr Haus auch technisch sicherer zu machen.