Warstein. . Die Sauerländer Brauerei Warsteiner leidet seit Jahren unter rückläufigen Absatzzahlen. Nun soll die Unternehmensberatung Roland Berger helfen.

Die goldenen Zeiten in der Brauereibranche in Deutschland, in denen der Absatz ebenso sprudelte wie die Erlöse, sind längst vorbei. Nicht nur Dortmund, ehemals Deutschlands Bierstadt Nummer eins, kann davon ein Lied singen.

Unternehmensberatung Roland Berger

Mit rund 2 400 Mitarbeitern ist Roland Berger in 34 Ländern aktiv. Die 50 Büros von Roland Berger befinden sich an zentralen Wirtschaftsstandorten weltweit.

Das Münchner Beratungsunternehmen ist nach eigenen Angaben eine unabhängige Partnerschaft im ausschließlichen Eigentum von rund 220 Partnern.

Als in der Westfalenmetropole die Brauereiendämmerung längst begonnen hatte, strahlte im östlichen Sauerland die „Königin der Biere“ noch in hellstem Glanz. Mitte der 1990er Jahre lenkte die Gründer-Familie Cramer mit Warsteiner noch Deutschlands größte Brauerei. Längst Geschichte.

Rivalen zogen längst vorbei

Rivalen aus der Region zogen im neuen Jahrtausend vorbei. Erst Krombacher aus dem Siegerland, dann auch noch Veltins aus dem nahe gelegenen Meschede.

Seit Jahren sucht man rund um die Waldparkbrauerei den Schlüssel zur Trendwende weitgehend vergeblich. Ein paar Lichtblicke sind das Alkoholfreie, für das Fußballtrainer und Sympath Jürgen Klopp wirbt. Auch das noch junge Warsteiner Herb kommt durchaus an – und gilt in der Branche als gut gemachtes Bier. Beide Produkte füllen aber bislang nur Nischen.

„Seit 20 Jahren keine echten Erfolge mehr“

Die einst zu Hochzeiten für rund acht Millionen Hektoliter ausgelegte Brauerei ist längst nicht mehr ausgelastet. Das einladende Brauerei-Ensemble auf einer Anhöhe am Rande der Kleinstadt Warstein samt schickem Besucherzentrum und Pferdezuchtbetrieb erinnert nach wie vor an beste Zeiten, als Wachstum keine Frage war.

Bierland Südwestfalen

„Wir hatten seit 20 Jahren keine großen Erfolge, weil wir vielleicht zu langsam auf Entwicklungen reagiert haben“, räumt Marketing- und Vertriebschef Martin Hötzel gegenüber der WESTFALENPOST ein – und relativiert damit auch seine eigene Bilanz. Vor drei Jahren war der frühere Red-Bull-Deutschlandchef als Hoffnungsträger ins Unternehmen geholt worden. Den „umfangreichen Turnaround“, den Warsteiner nun versucht und „Zukunftsprogramm“ nennt, hat Hötzel in den letzten drei Jahren nicht geschafft. Dies soll nun mit Hilfe eines mehrköpfigen Teams der Unternehmensberatung Roland Berger und der erneuten Erweiterung der Führungsspitze gelingen.

Neben Hötzel und den Geschäftsführern Peter Himmelsbach (Technik) und Carsten Rockholtz (Finanzen) wird ab Oktober der neue Posten „Strategie und Unternehmensentwicklung“ besetzt.

Trends verschlafen

Erklärtes Ziel des „Zukunftsprogramms“ sei: „Strukturen und Prozesse optimieren, um künftige Marktpotenziale frühzeitig zu erkennen und schneller ausschöpfen zu können.“ Branchenkenner sehen einen Kardinalfehler der Traditionsbrauerei darin, dass Trends wie Alkoholfreies lange verschlafen worden seien.

Während andere namhafte Brauereien im Sog des Craft-Beer-Hypes gerade erfolgreich Spezialitätenbiere auf den Markt bringen, sucht der Warsteiner-Kunde auch danach vergeblich.

Letztlich muss es dem Unternehmen aber vor allem gelingen, dem Premium Pils wieder zu einem Premium-Image zu verhelfen, will die stolze Marke aus dem Jahre 1753 nicht Gefahr laufen, eines Tages allenfalls ein noch regional bedeutsames Produkt zu sein.

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Um dies zu verhindern, „werde jeder Stein im Unternehmen umgedreht“, beteuert Hötzel. Angekündigt ist ein „Kosten-Optimierungsprogramm, um zukunftsweisende Investitionen tätigen zu können“. Wie das – unter den Argusaugen der Berger-Experten – ausfallen wird, sei noch offen, so eine Sprecherin des Unternehmens. Dies müsse erst noch erarbeitet werden. So viel scheint in Warstein indes gewiss: Bis zum Ende des Jahres sei mit ersten Ergebnissen zu rechnen, heißt es vom Unternehmen. Und auch, dass die Umsetzung aller Maßnahmen voraussichtlich rund zwei bis drei Jahre dauern werde.

Keine Tabus

Der dem Vernehmen nach bereits feststehende Verkauf der Brauereipferdezucht (Rasse Percheron) dürfte dabei der Brauerei finanziell nicht den entscheidenden Spielraum verschaffen. Vielmehr könnte die Aufgabe dieses Luxus’ ein Symbol sein, dass es beim großen Durchforsten möglicherweise tatsächlich keine Tabus geben soll – ob dies auch für Prestige trächtige Veranstaltungen wie die am Wochenende startende Montgolfiade gilt, muss sich zeigen.