Menden/Hemer/Arnsberg. Syrischer Mann aus Hemer soll Frau aus Menden (17) mit Benzin übergossen und angezündet haben. Schockierende Nachrichten verlesen.
Eine lebenslange Haftstrafe wegen Mordes, gefährlicher und vorsätzlicher Körperverletzung sowie wegen schwerer Brandstiftung erwartet den syrischen Mann aus Hemer, der die kleine Schwester seiner Exfreundin (17) in Bösperde mit Benzin übergossen und in der elterlichen Wohnung in der Wunne angezündet haben soll. Das Landgericht Arnsberg hat ihn nun verurteilt und die besondere Schwere der Schuld festgestellt, was eine Entlassung aus der Haft nach 15 Jahren ausschließt. Er habe mit seiner Tat gleich vier Mordmerkmale erfüllt. „Solange ich hier am Landgericht arbeite, wurde hier bisher keine schlimmere Tat verhandelt“, so der Vorsitzende Richter Petja Pagel.
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Emotionen kochen nach Prozessende über
Vierzehn Verhandlungstage, gestreckt über mehrere Monate, sowie zahlreiche Aussagen von Gutachtern, Ermittlern, Helfern und Zeugen liegen hinter allen Beteiligten – ein Verhandlungsmarathon rund um einen Mordfall aus Menden. Doch nun steht fest: Der 24 Jahre alte Syrer aus Hemer muss in lebenslange Haft. Der letzte Prozesstag offenbart erneut Details, die für absolute Stille im Saal sorgen.
„Am Ende wird es sehr traurig. [...] Einer geht ins Gefängnis und einer auf den Friedhof.“
Der Angeklagte selbst zeigt bei der Urteilsverkündung zunächst kaum Emotionen. Seine Mutter weint im Zuschauer-Bereich. Doch als die Kammer den Saal verlässt, brechen alle Dämme. Emotionen kochen auf allen Seiten über. Die Mutter des Opfers schreit, die Mutter der Angeklagten ebenso. Sie rennt zu ihrem Sohn, umarmt ihn. Sicherheitskräfte trennen die beiden schließlich und zerren den Angeklagten aus dem Saal.
Vorschlaghammer und Kanister im Baumarkt um die Ecke gekauft
Doch von vorn. Funkzellendaten werden an diesem Montagmorgen eine wichtige Rolle spielen, genau wie eine Rechnung eines Mendener Baumarktes. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft lässt der Vorsitzende Richter Petja Pagel die Daten verlesen. Demnach soll sich der Angeklagte kurz vor der Tat „in unmittelbarer Nähe des Tatortes“ befunden haben. Das hätten die Standortdaten seines Smartphones offenbart. Ab 22.09 Uhr sei demnach das Telefon mutmaßlich ausgeschaltet worden.
„Freitag hast du einen Termin und keiner kann dir helfen. Gott vernichte mich, wenn ich dir nicht alle Knochen breche.“
Außerdem soll eine Rechnung eines Mendener Baumarktes, der sich in der Nähe des Tatortes befindet, beweisen, dass der Angeklagte wenige Tage vor der Tat unter anderem einen schweren Vorschlaghammer und mehrere Kanister gekauft hat.
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Morddrohungen via Tiktok und Instagram versendet
Dann wird es noch einmal sehr intensiv. Es ist still im Saal. Ein Richter verliest jene Nachrichten, die der Angeklagte seiner Exfreundin vor der Tat über Instagram und Tiktok geschrieben haben soll. „Am Ende wird es sehr traurig“, soll dort stehen. „Einer geht ins Gefängnis und einer auf den Friedhof“, heißt es weiter. „Ich werde dir alles wegnehmen. Du wirst dafür sorgen, dass ich in den Knast gehe“, ist eine andere Nachricht.
„„Ich werde dir alles wegnehmen. Du wirst dafür sorgen, dass ich in den Knast gehe.“
Doch damit nicht genug. „Erwarte keine Gnade von mir. Gott nimmt dein Leben zurück. Dein ganzes Leben wirst du daran denken. [...] Freitag hast du einen Termin und keiner kann dir helfen. Gott vernichte mich, wenn ich dir nicht alle Knochen breche.“ Außerdem schreibe der Angeklagte darüber, dass ihm die Kleidung, mit der sich seine Ex auf Bildern im Netz zeige, nicht gefalle.
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Mit vier Kanistern Benzin übergossen und angezündet
Rückblende: Was war passiert? Ein 24-jähriger Syrer aus Hemer wurde unter anderem im September angeklagt, am Freitagabend, 22. März 2024, eine junge syrische Frau (17) aus Menden in deren elterlicher Wohnung in Bösperde mit Benzin übergossen und angezündet zu haben. Infolge der schwerwiegenden Verbrennungen starb die 17-Jährige.
Die Anklage gegen den Beschuldigten lautete auf Mord, Brandstiftung mit Todesfolge, Körperverletzung und das Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion. Die Schwester des 17-jährigen Opfers war laut Anklage mit dem 24-Jährigen verlobt, die Beziehung war offenbar geprägt durch ein Auf und Ab und ging schließlich gänzlich auseinander. Die Frau soll zu ihrem syrischen Exmann zurückgekehrt sein, mit dem sie bereits vor der Beziehung verheiratet war und ein Kind hat. Mittlerweile sei sie mit diesem Mann erneut verheiratet. Damit sei der Angeklagte den Ermittlungen zufolge nicht klargekommen.
Der Angeklagte soll gegen 22 Uhr bei der Familie geklingelt haben, weil er seine Ex-Freundin in der Wohnung im ersten Obergeschoss des Mehrfamilienhauses in der Wunne aufsuchen wollte. Diese sei jedoch nicht anwesend gewesen. Stattdessen habe die Schwester der Ex-Freundin die Tür geöffnet. Laut Anklage sei der mutmaßliche Täter mit vier Kanistern mit jeweils fünf Litern Benzin ausgestattet gewesen. Damit soll er die junge Frau kurzerhand übergossen und angezündet haben.
Grausam: Brandopfer aus Menden erleidet „schwerste Qualen“
Die Frau starb rund zwei Wochen später in einer Spezialklinik an einem Multiorganversagen. Rund die Hälfte ihres Körpers sei verbrannt gewesen, sie musste künstlich beatmet und ernährt werden, während der Zeit im Krankenhaus. Das geht aus einem medizinischen Bericht hervor, den der Vorsitzende Richter Petja Pagel am Montagvormittag noch einmal zitiert. Dieses Vorgehen habe mutmaßlich „schwerste Qualen“ für das Opfer bedeutet, wodurch das Mordmerkmal der Grausamkeit „auf jeden Fall“ erfüllt sei.
Untersuchungen hätten laut Richter Pagel zudem ergeben, dass der Angeklagte zum Tatzeitpunkt weder unter Alkohol- noch unter Drogeneinfluss gestanden habe. Der Angeklagte selbst hatte erst kurz vor Prozessende selbst Stellung bezogen - zum konkreten Tatvorwurf wollte er jedoch nichts sagen.
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Der letzte Verhandlungstag am Landgericht Arnsberg ist ansonsten geprägt von zahlreichen Unterbrechungen und Verzögerungen, doch die Zahl der Zuschauer ist bis zuletzt hoch. Letztlich wird die Beweisaufnahme geschlossen und die Öffentlichkeit während der Plädoyers am Montagnachmittag vorübergehend vom Gericht ausgeschlossen.
Nach fast zwei Stunden wird klar: Die Staatsanwaltschaft fordert eine lebenslange Freiheitsstrafe für den Angeklagten. Nils Schiering, Verteidiger des Angeklagten plädiert auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren und elf Monaten. Um 18.30 Uhr fällt schließlich das Urteil: lebenslange Haft. Der rund elfstündige Prozesstag endet mit der Verurteilung des Angeklagten. Die besondere Schwere der Schuld sei festgestellt worden.
Gegen das Urteil können noch Rechtsmittel eingelegt werden.