Menden/Arnsberg/Hemer. Der 24-jährige Syrer hat auf der Zielgeraden des Mordprozesses in Arnsberg sein Schweigen gebrochen. Das Entscheidende aber lässt er aus.

Mittlerweile ist die Zahl der Prozesstage im Mordprozess um den grausigen Tod einer 17-jährigen Syrerin in Menden-Bösperde zweistellig. Zahlreiche Zeugen haben vor dem Arnsberger Landgericht ausgesagt, Familienangehörige des Opfers sowie etliche Rettungskräfte und Ärzte. Nur einer hat sich bisher nicht zu Wort gemeldet: der 24-jährige Angeklagte. Das ändert sich am Donnerstag vor dem Schwurgericht.

Hintergründe zur Beziehung - nicht zur Tat

Der junge Mann aus Syrien erzählt, wie er seine spätere Verlobte, die ebenfalls aus Syrien stammt, in Deutschland kennen und lieben lernte - und wie es dann auch zu der Verlobung kam. Dass diese in der Heimat schon einmal verheiratet war und ein Kind mit dem Ex-Mann zusammen hat, sei für ihn am Beginn nie ein Problem gewesen.

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„Es war alles in Ordnung, die Beziehung war super“, so der Übersetzer für den 24-jährigen Angeklagten. Doch scheinbar nicht immer. Denn auch der Angeklagte erinnert sich an eine On-Off-Phase, man habe sich getrennt im Sommer 2023, sei danach aber auch wieder zusammengekommen. Mit dem Ex-Mann seiner Verlobten sei man zwischendurch wegen des Kindes in Kontakt gewesen, außerdem habe es andere private Probleme gegeben, etwa mit dem Job, so dass die Familie auch ein Auswandern nach Großbritannien erwog. Ruhig und strukturiert berichte das der Mann auf der Anklagebank. Und schließlich auch davon, wie die Beziehung endgültig auseinander ging.

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Aber bis zu den entscheidenden Vorfällen, die ja das Gericht schließlich aufklären muss, geht er nicht mehr. Ohne sichtliche Regung, so als ob er das alles vorher für sich in Ruhe abgewogen hatte, antwortet der 24-Jährige auf Nachfrage des vorsitzenden Richters Petja Pagel. Zum weiteren Vorgang der Beziehung wie auch zu den eigentlichen Tatvorwürfen werde er aber nichts mehr sagen. Die Anschuldigungen sind ja bekanntlich massiv: Ende März 2023 soll der Mann in der Wunne in Menden in der Wohnung der Familie seiner Verlobten dessen 17-jährige Schwester mit Benzin übergossen und angezündet haben. Aus Rache an seiner Ex-Partnerin. Die Jugendliche verstarb schließlich an den massiven Verbrennungen nach Tagen des Todeskampfes in einer Dortmunder Klinik. Der Vorwurf lautet also auf Mord.

Kaum Überlebenschance für junge Frau

Von den dramatischen Rettungsversuchen direkt nach dem Vorfall berichte am Donnerstag auch eine Rettungsärztin. Sie schildert, wie sie die junge Frau im Rettungswagen ins künstliche Koma versetzten, Atemwege gesichert und schließlich in die Spezialklinik nach Dortmund gebracht hatten. Schon vorher im Prozess ging es um die Frage, warum dafür kein Rettungshubschrauber kommen konnte. Das begründete die Notärztin mit dem schlechten Wetter an dem Abend. Verteidiger Nils Schiering hatte auch vorher schon die Frage aufgeworfen, ob das spätere Opfer bei einer schnelleren Versorgung oder Transport ins Krankenhaus möglicherweise nun noch leben könnte. Außerdem erscheint ihm die Zeit, die zur Behandlung vor Ort im Rettungswagen verging, ziemlich lang. Das beantwortet die Rettungsärztin deutlich: „Wir hätten nicht schneller handeln können.“ Außerdem beschreibt sie, wie massiv die Verbrennungen bei der 17-Jährigen waren: „Mir war sofort klar, dass ihre Überlebenschance damit gering ist.“ Daran hätte auch ein geringfügig früheres Erreichen der Spezialklinik nichts geändert. „Die Haut war ja kaputt, die Verbrennungen haben im Körper gearbeitet.“

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Wie geht es nun weiter in dem Prozess? Für den Montag ist eigentlich zunächst der vorerst letzte Termin angesetzt. Am Donnerstag aber hatte die Staatsanwaltschaft noch mehrere Beweisanträge gestellt, sieben an der Zahl. Es geht um die Vernehmung eines weiteren Arztes aus der Klinik, das Verlesen von privaten Nachrichten zwischen dem Angeklagten und seiner Ex-Verlobten, einen Kassenzettel, der beweisen soll, dass der Angeklagte in Menden in einem Baumarkt Benzinkanister und einen Vorschlaghammer gekauft hat, weil er die Tat schon lange im Voraus geplant habe.

Weiterhin will die Staatsanwaltschaft einbringen, dass sich dank der Auswertung der Handydaten die Anwesenheit des Angeklagten vor Ort im Tatzeitraum belegen lasse. All das soll etwa die besondere Grausamkeit und Heimtücke der Tat und damit die Schwere der Schuld belegen. Zu den meisten der Beweisanträge teilt Verteidiger Nils Schiering seine Ablehnung mit. Nach Auskunft von Gerichtssprecher Dr. Alexander Brüggemeier hat die Kammer über diese Beweisanträge noch nicht entschieden. Plädoyers und ein Urteil beim nächsten Termin seien weiterhin möglich.