Bösperde. Ein 22-jähriger Hemeraner soll verantwortlich sein für die verheerende Explosion, die sich am Freitagabend in Bösperde ereignet hat.
Kurz nach 22 Uhr am Freitagabend hatten Anwohner einen Brand in einer Wohnung im ersten Obergeschoss eines Mehrfamilienhauses in der Wunne in Bösperde gemeldet. Von einer Explosion war die Rede. Der Feuerwehr gelang es rasch, den Brand zu löschen. Doch durch das Feuer wurde eine 17-Jährige nach Angaben von Polizei und Staatsanwaltschaft Arnsberg lebensgefährlich verletzt.
Die junge Frau und fünf weitere leicht verletzte Personen seien in Krankenhäuser gekommen. „Im Zuge der sofortigen Ermittlungen ergaben sich Hinweise auf eine vorsätzliche Brandlegung durch einen 22-jährigen Hemeraner“, erklärt die Staatsanwaltschaft. „Der 22-Jährige wurde zunächst vorläufig festgenommen.“ Nachdem der Mann am Samstag dem Haftrichter vorgeführt worden war, erließ dieser noch am Wochenende einen Untersuchungshaftbefehl gegen ihn.
Tathergang und Hintergründe werden noch ermittelt
„Der genaue Tathergang sowie mögliche Hintergründe sind derzeit noch Gegenstand der laufenden Ermittlungen“, teilen die Staatsanwaltschaft und die Polizei mit. Der Brandort sei beschlagnahmt. Polizei und Staatsanwaltschaft ermittelten wegen eines versuchten Tötungsdeliktes. Weitergehende Auskünfte sollen aus ermittlungstaktischen Gründen derzeit nicht erteilt werden, heißt es.
Lauter Knall in der Nacht
Zu der Explosion war es am Freitagabend um kurz nach 22 Uhr gekommen. Da reißt ein lauter Knall viele Menschen in Bösperde aus der Abendruhe. „Laute schlimme Schreie sind zu hören“, berichtet eine Anwohnerin später. Die Feuerwehr wird gerufen. Eine Explosion in einem der Mehrfamilienhäuser wird gemeldet, ein zweiter Anrufer meldet eine schwerstverletzte Person, die vor dem Haus liegt. Es sind dramatische Szenen, die sich an diesem Freitagabend in Bösperde abspielen. Die Feuerwehr ist schnell vor Ort – mit der dem Löschzug Wache, der Löschgruppe Bösperde und der Löschgruppe Menden. Insgesamt sind es 64 Kräfte. Hinzu kommen 20 Kräfte im Rettungsdienst, auch die Polizei ist mit großer Mannschaft vor Ort. Wie die Feuerwehr am Samstagvormittag mitteilt, waren insgesamt mehr als hundert Einsatzkräfte von der Feuerwehr Menden, der Polizei und dem Rettungsdienst aus verschiedenen Städten vor Ort.
Oberste Priorität hat die Menschenrettung. MAMV5 wird ausgelöst – das Kürzel steht für „Massenanfall von Verletzten mit bis zu fünf Personen“. Das soll gewährleisten, dass genug Retter alarmiert werden können. Tatsächlich kommen Rettungsfahrzeuge auch aus anderen Städten. Angefragt wird auch ein Rettungshubschrauber. Der aber ist nicht verfügbar, heißt es – der Grund dafür ist zunächst unbekannt. Am Samstagvormittag heißt es, dass der zunächst angeforderte Rettungshubschrauber „aufgrund des schlechten Wetters nicht anfliegen“ konnte, die Verletzten seien auf Krankenhäuser der Umgebung und in Dortmund verteilt worden, so Feuerwehr-Sprecher Fabian Kreutz.
Am Freitagabend können offenbar alle Menschen das Haus verlassen. Verletzte werden entlang der Straße behandelt. Menschen sitzen an Autos und stöhnen vor Schmerzen, einer hält einen Tropf.
Feuerwehr geht mit mehreren Trupps vor
Die Feuerwehr geht mit mehreren Trupps vor. Zwei betreten das Haus von vorne, einer mit dem Ziel der Brandbekämpfung, der andere sucht Menschen, die im Gebäude geblieben sein könnten. Ein weiterer Trupp wird mit Steckleitern auf der Hausrückseite aktiv und bekämpft das Feuer über den Balkon. Das Feuer selbst haben die Feuerwehrleute schnell im Griff, können es löschen.
Es sind schreckliche Bilder, die sich den vielen Menschen bieten, die zum Unglücksort geeilt sind. „Die ganze Siedlung ist auf den Beinen“, meldet unser Reporter vor Ort. Der Knall war laut Zeugen weithin hörbar. Plötzlich eilen viele Polizisten im Laufschritt zu ihren Fahrzeugen und rasen davon. Eine Nachfrage bei der Leitstelle der Polizei bringt die Erkenntnis, dass die „Teil des Einsatzes“ sei und die Beamten nicht etwa neue Aufgaben bekommen haben. Weitere Details kann die Polizei zunächst nicht mitteilen.
Auch Wochenende äußert sich die Polizei nicht zum aktuellen Stand der Untersuchungen und verweist in Absprache mit der Staatsanwaltschaft Arnsberg auf „laufende Ermittlungen“.
Brandhaus ist vorerst unbewohnbar
Die traurige Bilanz: Insgesamt werden sieben Menschen verletzt. Eine Frau hat lebensgefährliche Brandverletzungen erlitten, sechs weitere Personen werden wegen Rauchgasvergiftungen behandelt. Unterdessen führt die Feuerwehr noch Lüftungsmaßnahmen in dem Gebäude durch, ehe der Einsatz kurz vor Mitternacht beendet wird. Das Brandhaus ist dennoch unbewohnbar. Das Ordnungsamt der Stadt Menden bietet vor Ort Hilfe an, doch letztlich kommen alle Bewohnerinnen und Bewohner bei Freunden und Verwandten unter. Sie erwartet dennoch eine unruhige Nacht.
Der Tag nach der verheerenden Explosion
Am Tag nach der verheerenden Explosion in Menden sitzt dem Familienvater der Schreck noch in den Knochen: Seine Frau habe ihn am Vorabend angerufen und in Todesangst gesagt, dass ein Feuer ausgebrochen sei. Wie sich später herausstellte, war eine Explosion in einer benachbarten Wohnung die Ursache. Seine Frau, so berichtet der Familienvater, habe mit dem eineinhalbjährigen Kind und den beiden weiteren Kindern im Teenie-Alter zu Hause gesessen, während er gerade in einem Supermarkt Lebensmittel kaufen wollte.
„Ich bin dann mit bestimmt 100 km/h nach Hause gefahren“, erzählt der Mann. Seine Frau schnappte sich das Baby, zog sich eine Kapuze schützend über den Kopf, bahnte sich mit den drei Kindern einen Weg durchs Treppenhaus. Auch am Samstag sitze der Schock noch tief bei ihr, erzählt ihr Mann.
Grundstück mit Flatterband abgesperrt
Ein Team der Kriminaltechnischen Untersuchung (KTU) der Polizei ist am Samstagmittag vor Ort, um die Wohnung, in der die Explosion am Freitagabend ausgelöst wurde, zu untersuchen. Auch am Tag nach der Explosion sind sowohl auf der Rück- als auch auf der Vorderseite des betroffenen Hauses deutliche Rußspuren zu erkennen. Das Ordnungsamt hat das Gelände mit einem Flatterband weiträumig abgesperrt. Die Absperrung reicht bis hinter den kleinen Kinderspielplatz auf der Rückseite des Gebäudes. Einige Glasscherben der zerborstenen Fenster sind sogar etliche Meter weit bis hinter die Absperrung geflogen.
Ein Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes ist ebenfalls vor Ort, passt auf, dass keine Unbefugten das Haus betreten. Bis zum Eintreffen der KTU – die Beamtinnen und Beamten kommen vom zuständigen Kriminalkommissariat aus Hagen – war die Haustür des Mehrfamilienhauses mit einem Siegel verschlossen.
Familienvater braucht dringend Medikamente für eines seiner Kinder
Der Familienvater, der sein Zuhause mit seiner Frau und den drei Kindern auf unbestimmte Zeit nicht bewohnen darf, ist am Samstagmittag in der Wunne in Bösperde, weil er dringend Medikamente für eines seiner Kinder benötigt. Und die liegen in der Wohnung des versiegelten Hauses. Natürlich wird der Mann in seine Wohnung gelassen, damit er Wichtigste schnell holen kann.
Danach sitzt er immer noch fassungslos in seinem Auto. Genau wie die anderen Bewohner weiß er nicht, wann er wieder zurück in seine Wohnung darf. In der Nacht seien er und seine Frau mit den drei Kindern in der Wohnung seiner Schwägerin untergekommen, dort könnten sie sicher auch erst mal bleiben, dennoch hofft er auf eine baldige Rückkehr in sein Zuhause. Gleichzeitig weiß er: „Das muss bestimmt erst mal alles neu gemacht werden.“ Der Hausmeister ist vor Ort, will ihm helfen, schlägt ihm vor, dass er am Montag zu ihm ins Büro kommen könne: „Dann sehen wir weiter.“
Zum Gesundheitszustand der schwerstverletzten Frau gibt es am Wochenende keine weiteren Informationen. Dem Vernehmen nach geht es ihr allerdings „nicht gut“.
Am Montagvormittag bestätigt Lukas Borowski, Pressesprecher der Polizei des Märkischen Kreises, auf Nachfrage der Westfalenpost, dass die Frau „lebensgefährliche Verletzungen“ erlitten habe.