Hagen. Zur Bundestagswahl gibt es mit Blick auf die Kandidaten in Hagen einen deutlichen Trend. Das gilt auch noch am Tag der Wahl.
Die hitzige und emotionale Diskussion um eine Begrenzung der Zuwanderung und einen CDU-Gesetzentwurf, der von der AfD unterstützt wurde, letztlich aber doch keine Mehrheit fand, hat die Bundespolitik bestimmt. Auf die Umfragen zur Bundestagswahl allerdings hatte das kaum Einfluss. Die CDU und ihr Kanzlerkandidat Friedrich Merz liegen auch am Wahltag weiter deutlich vorn. Allerdings haben sich Werte im Trend, der darauf abzielt, welche Partei einen Wahlkreis direkt holt, leicht verschoben.
Das Portal „election.de“ berechnet die Wahrscheinlichkeit (die Werte sind nicht zu verwechseln mit den Prozentanteilen), mit der ein Kandidat einen Wahlkreis direkt holt. Da liegt in Hagen die CDU-Kandidatin Tijen Ataoğlu deutlich vor dem SPD-Bundestagsabgeordneten Timo Schisanowski und Michael Eiche (AfD). Allerdings haben sich die Zahlen seit Beginn der letzten Woche verschoben. Mit 80-prozentiger Wahrscheinlichkeit - so prognostiziert „election.de“ - holt die CDU-Kandidatin das Mandat direkt. Der Wert für Schisanowski liegt bei 18 Prozent. Die Wahrscheinlichkeit, dass Michael Eiche direkt ins Parlament liegt bei nur zwei Prozent.
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Präzise Vorhersage
Die Prognose für die Bundestagswahlkreise, so erklärt das Portal, basiere auf einem entwickelten und stetig verbesserten Projektionsverfahren. Es berücksichtige unter anderem demoskopische Trends, bisherige Ergebnisse im Wahlkreis und die nominierten Kandidatinnen und Kandidaten. Dadurch sei die Prognose in der Regel präziser als einzelne Umfragen. Die Vorhersage der Direktmandate sei trotz zahlreicher knapper Resultate 2021 sehr präzise gewesen. In 250 der 299 Wahlkreise habe die in der letzten Prognose vor der Wahl als führend eingeschätzte Partei das Direktmandat geholt.
„Aktuell schaue ich nur auf die Menschen in meinem Wahlkreis und nicht auf Zahlen und Portale.“
Trotz der deutlichen Prognose sieht sich die CDU-Kandidatin Tijen Ataoğlu keineswegs schon jetzt als Gewinnerin: „Aktuell schaue ich nur auf die Menschen in meinem Wahlkreis und nicht auf Zahlen und Portale“, erklärt die Frau, der es zum ersten Mal seit Luise Rehling (gewann 1949, 1953 und 1957) gelingen könnte, für die Union den Wahlkreis Hagen/Ennepe-Ruhr zu gewinnen. „An Wahlkampfständen, im Haustürwahlkampf, bei Besuchen von Unternehmen und Institutionen und auf den Veranstaltungen nehme ich eine gute Stimmung mir und meiner Partei gegenüber wahr.“ Gleichwohl betont sie: „Wahlen entscheiden sich nicht in Umfragen, sondern an Wahlurnen. Abgerechnet wird am 23. Februar. Bis dahin sind noch viele Menschen zu überzeugen.“
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Kandidaten zurückhaltend
Auch Timo Schisanowski ist mit Blick auf die Election-Prognose zurückhaltend: „Da es kein eigenes Umfrageergebnis darstellt, gibt es eigentlich keinen Erkenntnisgewinn.“ Die Hagener hätten die Wahl, ob sie auch zukünftig von einem Hagener im Bundestag vertreten werden wollen oder „durch Frau Ataoğlu als neuer CDU-Kandidatin aus dem fernen Wipperfürth, die von der CDU Hagen mal wieder importiert wurde mangels eigenem heimischen Kandidaten. Mit externen Kandidaten ist Hagen noch nie gut gefahren - ganz im Gegenteil.“ Das gescheiterte Hagener CDU-Experiment mit der ehemaligen Bundestagsabgeordneten Frau Giousouf aus Aachen lasse grüßen. Aus Schisanowskis Sicht ist das Rennen völlig offen.
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„Mit externen Kandidaten ist Hagen noch nie gut gefahren - ganz im Gegenteil.“
Michael Eiche wiederum gibt nicht allzu viel auf Prognosen: „Wir leben mittlerweile in einer nicht mehr einzuschätzenden Zeit und können Ergebnisse von Wahlen kaum noch treffsicher voraussagen. Da hilft auch KI nicht. Wenn ich an die Debatten im Bundestag denke zum Antrag der CDU und Merz in der letzten Woche, dann sehe ich doch, dass alles noch komplett kippen kann, was man als sicher glaubte.“ Auf jeden Fall, so seine wenig überraschende Einschätzung, kippe es stetig mehr zugunsten der AfD.
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Wähler entscheidet am 23. Februar
Katrin-Helling Plahr, der ebenso wie Thomas Jalili Tanha vom Portal keinerlei Chancen auf das Direktmandat eingeräumt werden, erklärt wiederum: „Wahlen werden weder durch Umfragen noch durch irgendwelche Prognosen entschieden. Wahlen entscheidet der Wähler - und zwar dann, wenn er seine Kreuze tatsächlich setzt. Ich kämpfe deshalb bis zum 23. Februar weiter um jede Stimme.“

Immerhin findet Thomas Jalili Tanha „das Portal interessant, um einen Überblick über die aktuelle Umfragelandschaft zu bekommen.“ Weiter führt der Grünen-Kandidat aus: „Allerdings wäre es schade, wenn die Erststimmen-Prognose solcher Portale auf Grund von historischen Werten das strategische Wahlverhalten stärkte. Die Prognose auf Basis von historischen Werten anstatt von aktuellen Kandidaten-Umfragen könnte insbesondere alle neuen Kandidierenden, die nicht von den ehemaligen Volksparteien kommen, strukturell benachteiligen.“ Für ihn persönlich habe diese Prognose keinen Einfluss auf den Wahlkampf. „Wir haben gerade im Laufe der letzten Woche rundum den Wortbruch von Herrn Merz, eine Brandmauer gegen die AfD zu sein, gesehen, dass der öffentliche Zuspruch für eine Partei wie die CDU schnell dahin bröseln kann.“