Hagen. Polizei registriert bislang nur wenige Fälle. Rauschmittel-Konsum kann hinter dem Steuer zu einem erheblichen Risiko werden
Der Name dieser immer verbreiteteren Partydroge klingt eher harmlos: Lachgas. Doch die korrekte chemische Begrifflichkeit lautet eigentlich Distickstoffmonoxid (N2O) – und das klingt zumindest unappetitlich, ist tatsächlich ungesund und gibt somit weniger Anlass zum Lachen. Das farblose, leicht süßlich riechende Rauschmittel, das bislang vorzugsweise als Narkotikum beim Zahnarztbesuch bekannt sein dürfte, erobert zurzeit unter jungen Leuten die Feierszene und ist frei verkäuflich, beispielsweise in Form von Sahnekapseln. Überdosiert birgt das Betäubungsgas jedoch nicht zu unterschätzende Gesundheitsrisiken: Sauerstoffmangel, Erfrierungen und neurologische Schäden drohen. Zudem drohen Ausfallerscheinungen im Straßenverkehr, sodass zunehmend auch die Polizei Hagen ein waches Auge auf diese Entwicklung wirft.
„In seltenen Fällen stellen Kolleginnen und Kollegen Utensilien fest, die für den Konsum von Lachgas benötigt werden. Hierbei handelt es sich dann in der Regel um Distickstoffmonoxid-Flaschen und Luftballons.“
Im täglichen Einsatzgeschehen, so die Einschätzung von Polizeihauptkommissar Tim Sendler, Sprecher des Hagener Präsidiums, spielt das Rauschmittel bislang noch eine eher untergeordnete Rolle: „In seltenen Fällen stellen Kolleginnen und Kollegen Utensilien fest, die für den Konsum von Lachgas benötigt werden. Hierbei handelt es sich dann in der Regel um Distickstoffmonoxid-Flaschen und Luftballons.“
Wirkung im Gehirn
Lachgas wirkt auf verschiedene Prozesse im Körper und im Gehirn. Im Gewebe sorgt es für eine verbesserte Sauerstoffversorgung und für eine Weitung der kleinen Blutgefäße. Dadurch kommt es zu einer besseren Durchblutung. Im Gehirn aktiviert Lachgas Opioidrezeptoren, dadurch werden Schmerzreize gedämpft und körpereigene Endorphine ausgeschüttet. „Der Rauschzustand entsteht unmittelbar nach dem Konsum und hält nur wenige Sekunden an“, skizziert Sendler die Wirkung.
Dazu kommt: Lachgas verstärkt hemmende Nervensignale und sorgt dadurch für eine Reduzierung von Ängsten und ein Gefühl der Entspannung. Als Rauschmittel wirkt Lachgas für einige Minuten euphorisierend. In den vergangenen Jahren erlebt das Gas als Partydroge eine Renaissance, nachdem es bereits Anfang des 19. Jahrhunderts auf Jahrmärkten angeboten wurde. Unter Jugendlichen wird es etwa als „Rausch ohne Reue“ propagiert. Suchtexperten sehen allerdings auch ein starkes psychisches Abhängigkeitspotenzial.
Lachgas fällt in Deutschland nicht unter das Betäubungsmittelgesetz, sodass grundsätzlich weder der Besitz noch der Verkauf strafbar sind. Kommt es jedoch aufgrund des Konsums zu Ausfallerscheinungen im Straßenverkehr, greift der §316 des Strafgesetzbuches (Trunkenheit im Verkehr). „Sollte dadurch eine konkrete Gefährdung entstehen, wird zudem der Straftatbestand einer Gefährdung des Straßenverkehrs erfüllt“, erläutert Sendler.
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Erhebliche Nebenwirkungen
Abhängig von der Häufigkeit des Konsums und der Menge - möglicherweise auch von Vorerkrankungen und individuellen Faktoren - kann es zu zahlreichen, auch gefährlichen Nebenwirkungen und Überdosierungen kommen. Durch die Verdrängung von Sauerstoff aus der Lunge beim Inhalieren des puren Gases kann es zu Bewusstlosigkeit, Lähmungen und Hirnschäden kommen, warnt die Deutsche Gesellschaft für Neurologie. Schwindel, Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsprobleme können als Folge auftreten. Gefährlich ist vor allem die Anwendung über Gesichtsmasken und mittels Plastiktüten, um die Wirkung des Rauschgefühls zu verlängern. Der Lachgaskonsum in geschlossenen Räumen - zum Beispiel einem Auto ohne entsprechende Belüftung - ist besonders riskant.
Als Rauschmittel wird Lachgas ohne Beimischung von Sauerstoff konsumiert - meist aus kleinen Gaskartuschen, die für das Aufschäumen von Sahne hergestellt und verkauft werden. Seit circa 2017 ist Lachgas zunehmend auch in größeren Zylindern für den Gebrauch als Party-Droge an Kiosken oder Automaten erhältlich. Daraus ergeben sich wiederum mögliche Verstöße gegen die Ladungssicherungsvorschriften in Fahrzeugen bei derartigen, unter Druck stehenden Behältnissen.
Gefahren beim Transport
„Lachgasflaschen sind als Gefahrgut klassifiziert und müssen auch durch Privatpersonen beim Transport entsprechend gesichert werden“, betont Polizeisprecher Sendler. „Hierbei spielt es keine Rolle, ob eine Gasflasche gefüllt oder leer ist.“ Zudem müsse sie mit einer originalen Verschlusskappe verschlossen sein und dürfe lediglich im Kofferraum mitgenommen werden, weil sie ansonsten bei einer Vollbremsung sich in ein gefährliches Geschoss verwandeln könne. Verstöße kosten nicht bloß 300 Euro Bußgeld, sondern auch einen Punkt in der Flensburger Kartei.
Inzwischen ist es ein Jahr her, dass in Hagen Lachgas bei einer Verkehrsunfallflucht am Vorhaller Straße eine Rolle spielte. Der 25-jährige Verursacher ergriff sofort die Flucht, als ein Streifenwagen auftauchte. Dabei ließ der Mann eilig eine Lachgasflasche in seiner Jackentasche verschwinden, deren Inhalt der berauschte Flüchtende zuvor offenkundig konsumiert hatte. Entsprechend richtet die Hagener Polizei im Rahmen ihrer Präventionsarbeit zu Missbrauch von Alkohol und Drogen zunehmend den Fokus auch auf den Lachgaskonsum.