Hagen. Früher war es in Familien eine Instanz, heute hat es kaum noch eine Zukunft: Die Banken in Hagen bieten statt Sparbuch lieber Alternativen an.

Die Erstausgabe war klein, rot und trug den in vielversprechendem Gold geprägten Aufdruck „Sparbuch“. Viele erhielten die Premieren-Version schon zur Taufe, zur Kommunion oder anlässlich eines ersten runden Geburtstages. Oft waren es die Großeltern, die bereits einen kleinen Startbetrag eingezahlt hatten und von geheimnisvollen Zinsen berichteten. Dieses finanztechnische Mysterium, so ihre Botschaft, würden die spärliche Summe auf wundersame Weise selbst ohne eigenes Zutun kontinuierlich steigern. Dies war eben nicht irgendein Buch, dem man spätestens als i-Männchen beim Bankenbesuch anlässlich des Weltspartags in der Grundschule nicht mehr ausweichen konnte. Es war das Versprechen zukünftigen Wohlstands. Ein Rettungsschirm und Notgroschen, der erste Gehversuch auf dem Terrain der Vermögensbildung. Es roch zwar nicht nach grenzenlosem Reichtum, aber fühlte sich nach einem Stück Beständigkeit und Verlässlichkeit an. Doch die aktuellen Schlagzeilen lassen aufhorchen: Die Tage des klassischen Sparbuchs scheinen gezählt. Einige Kreditinstitute haben es bereits komplett abgeschafft, andere einen schleichenden Prozess in diese Richtung längst eingefädelt – auch in den Hagener Bankhäusern.

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„Zum einen gibt es nach wie vor das klassisch rote, papiergebundene Sparkassen-Buch, zum anderen kann das Sparkonto auch als sogenanntes ,SB-Sparkonto‘ geführt werden.“

Volker Schnippering
Sprecher der Sparkasse an Volme und Ruhr in Hagen

Deutsche Bank prescht vor

Erst Anfang Oktober riefen die Postbank und ihre Muttergesellschaft Deutsche Bank das unwiderrufliche Ende der Sparbuch-Ära aus. Konkret bedeutet dies, dass die Institute damit angefangen haben, die Papierbücher durch sogenannte Sparcards zu ersetzen. Beide Geldhäuser, so die Deutsche Bank, hätten bereits seit einigen Jahren keine neuen Sparbücher mehr ausgegeben. Allerdings seien die Dienstleistungen um das Sparbuch herum weiter angeboten worden, etwa per Sparbuchdruck.

Die Zinsentwicklung bei den klassischen Sparbüchern ist inzwischen sehr unattraktiv und liegt deutlich unter der Inflationsrate. Attraktive Angebote wie in der Vergangenheit sind da kaum in Sicht.
Die Zinsentwicklung bei den klassischen Sparbüchern ist inzwischen sehr unattraktiv und liegt deutlich unter der Inflationsrate. Attraktive Angebote wie in der Vergangenheit sind da kaum in Sicht. © picture alliance / dpa | Oliver Berg

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Mit den jetzt ausgegebenen Sparcards können Kunden für Einzahlungen alle Automaten mit Einzahlfunktion bei der Deutschen Bank und der Postbank nutzen, für Auszahlungen darüber hinaus die Automaten der Cash-Group und an Shell-Tankstellen. Auszüge könnten wiederum online oder am Automaten in der Filiale eingesehen werden. Obendrein biete die Sparcard höhere Zinsen als das Sparbuch, verspricht die Deutsche Bank. Nach einer Übergangsphase bis Sommer 2025 würden im Gegenzug die Dienstleistungen rund um das Sparbuch bei Postbank und Deutscher Bank eingestellt.

Sparkasse bietet Alternative

Auch die Sparkasse an Volme und Ruhr habe bereits vor einiger Zeit ihr Angebot beim Sparbuch modernisiert, erläutert Unternehmenssprecher Volker Schnippering: „Zum einen gibt es nach wie vor das klassisch rote, papiergebundene Sparkassen-Buch, zum anderen kann das Sparkonto auch als sogenanntes ,SB-Sparkonto‘ geführt werden. Dann erhält der Kontoinhaber die Auszüge am Kontoauszugsdrucker oder in das elektronische Postfach im Online-Banking.“ Ein- und Auszahlungen seien mit der Sparkassen-Card an den Geldautomaten möglich, der aktuelle Zinssatz liegt für beide Varianten bei bescheidenen 0,25 Prozent.

Bei der Eröffnung eines neuen Sparkontos gibt es lediglich noch für Minderjährige die papiergebundene Variante, die einst die Sparlust eines jeden Schülers steigern sollte. Alle anderen Kundinnen und Kunden erhalten das Konto in der SB-Variante ohne das klassische knatschrote Sparbuch. Für bestehende Exemplare gilt: Wenn das Sparbuch voll gedruckt ist, bekommen die Kunden auf Wunsch ein neues papiergebundenes Buch. „Häufig ändern die Kunden dann aber das Buch in die SB-Variante, da die Nutzung, zum Beispiel durch Ein- und Auszahlungen am Geldautomaten, eindeutig bequemer ist“, berichtet Schnippering. Die bisherige Kontonummer bleibt bei einem solchen Wechsel bestehen.

„Kunden steigen aufgrund der niedrigen Zinsen, die es auf diese sicheren Spareinlagen gibt, auf andere Spar- und Anlage-Varianten - mit einer besseren Renditeorientierung und einer höheren Flexibilität - um.“

Silke Weidenheimer
Sprecherin der Märkischen Bank in Hagen

Viele Kunden steigen um

Ähnlich intensiv wird die Zukunft des Sparbuchs auch bei der Märkischen Bank in Hagen diskutiert. „Für uns haben die Spareinlagen nach wie vor eine hohe Bedeutung“, betont Sprecherin Silke Weidenheimer, dass es weiterhin viele Menschen gebe, die das Sparkonto als sichere und traditionelle Form der Geldanlage schätzten. „Für diese Menschen bietet die Märkische Bank nach wie vor ein Loseblatt-Sparbuch an. Andere Kunden wiederum steigen aufgrund der niedrigen Zinsen, die es auf diese sicheren Spareinlagen gibt, auf andere Spar- und Anlage-Varianten - mit einer besseren Renditeorientierung und einer höheren Flexibilität - um.“