Hagen. Die Erwartung der Hagener Unternehmen an den neuen Kämmerer in schweren Zeiten ist klar: bloß keine Erhöhung der Gewerbesteuern.

Als Bundeskanzler Scholz in dieser Woche beim Arbeitgebertag ans Rednerpult trat, ahnte er bereits, dass ihm in diesem Kreis nicht die pure Zuneigung entgegenschlägt. Schließlich saß im Auditorium die versammelte Riege der Frustrierten, die sich täglich durch die konjunkturellen Tälern dieser Republik schlagen muss.

Zu Wort gemeldet haben sich im Reigen der Weh- und Ankläger in dieser Woche auch die Industrie- und Handelskammer im Ruhrgebiet mit Ralf Geruschkat, SIHK-Hauptgeschäftsführer aus Hagen, am Tisch. Hier überwog ebenfalls der wenig mutmachende Tenor: Wir schaffen es nicht aus der Krise ohne Wachstumsturbo aus Berlin.

Der IHK-Konjunkturklimaindex verharre mit 94 Punkten zum dritten Mal in Folge im Keller – immerhin liegt der Durchschnittswert der vergangenen zehn Jahre bei 113 Punkten. Der Ruhrlagebericht stützt sich dabei auf die Antworten von etwa 720 Unternehmen, die in Summe 100.000 Menschen beschäftigen.

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Die Schlüsselbegriffe der Kritik aus der Wirtschaft sind altbekannt: Anhaltende Rezession schaffe Verunsicherung, es dominieren pessimistische Zukunftsausblicke des Handels sogar aufs Weihnachtsgeschäft, zu viel Bürokratie, zu teure Energie, strukturelle Probleme sowie zu sperrige Hürden für neue Fachkräfte aus dem Ausland. Und natürlich der ewige Dauerbrenner: zu belastende Steuern und Abgaben. Daher fordern die Kammern des Ruhrgebiets eine „Wirtschaft-first-Strategie“, um die Konjunktur wieder in Wallung zu bringen.

Besonderes Lob ernten dabei Duisburg und Essen, die mit dem Gedanken einer Gewerbesteuer-Senkung spielen, um einen entsprechenden Impuls zu setzen. Dabei können sich beide Kommunen mit milliardenschweren Schuldenrucksäcken und stattlicher Pro-Kopf-Verschuldung (Stand 2022: Duisburg: 4584 Euro, Essen 5231 Euro) diesen Schritt eigentlich gar nicht leisten. Zumindest in Hagen (Schulden pro Bürger: 5885 Euro) war bisher immer die Lesart, dass es für solche Experimente keine Spielräume gebe.

Im Gegenteil: Zuletzt konnte die Politik es nur mit knapper Not abwenden, dass Ex-Kämmerer Gerbersmann die Steuerschraube weiter anzieht. Man darf also gespannt sein, welche Argumente SIHK-Frontmann Geruschkat jetzt aus dem Köcher zieht, um den designierten Hagener Finanzdezernenten Bernd Maßmann davon zu überzeugen, ebenfalls die Gewerbesteuerlast zu drücken. Der Neue hat nämlich das zweifelhafte Vergnügen, mit seinem Amtsantritt im Dezember sich gleich an die Zusammenstellung des Doppelhaushaltes 2026/27 zu begeben. Und das, wenn die Wirtschaft tatsächlich Recht hat, unter den gruseligsten Rahmenbedingungen aller Zeiten.