Hagen. Hauptschulen waren in Hagen schon totgesagt, jetzt werden sie wieder gebraucht. Die Geschwister-Scholl-Schule soll sogar größer werden.
Neuer Verwendungszweck für das Marienhospital in Hagen: Das ehemalige Krankenhaus mitten in der Stadt soll nun nicht zum Standort einer neuen Sekundarschule werden, sondern die bisher in Boelerheide beheimatete Geschwister-Scholl-Hauptschule aufnehmen. Diese könnte sich dort zu einer Schule mit vier Klassen pro Jahrgang und eigener 2-Feld-Sporthalle entwickeln.
Wenn der Umbau des im Besitz der Krollmann-Gruppe befindlichen Hospitals planmäßig fortgesetzt wird, könnte das Gebäude 2026 als Schule zur Verfügung stehen. Zieht die Geschwister-Scholl-Schule dort ein, gäbe es in Hagen - die Ernst-Eversbusch-Schule in Haspe mitgerechnet - auf einmal wieder ein Gesamtangebot von sechs Hauptschulzügen. „Unser Angebot an Hauptschulplätzen würde dadurch also vergrößert“, betont Regina Pott, Leiterin des Fachbereichs Schule im Hagener Rathaus.
Schule stand kurz vor dem Aus
Vorbei die Zeiten, in denen die Hauptschulen abgeschafft werden sollten. So dürfte es die Geschwister-Scholl-Hauptschule in Boelerheide eigentlich gar nicht mehr geben. Vor zehn Jahren waren die Schülerzahlen in den Keller gerauscht, keine 200 Kinder besuchten mehr die Lehranstalt an der Kapellenstraße. 2014 und 2015 durfte die Schule sogar keine Fünftklässler mehr aufnehmen, sie sollte auslaufend geschlossen werden und mit der benachbarten Realschule zu einer Sekundarschule verschmelzen. „Als ich Konrektor wurde, war es meine Aufgabe, die Schule ihrem Ende entgegenzuführen“, erinnert sich Schulleiter Rainer Strotmann.
Doch dann kam alles anders. Elternproteste und der Flüchtlingsstrom ließen die damaligen Pläne der Stadt zur Makulatur werden. Durch die Zuwanderung explodierten die Schülerzahlen, die Hauptschule Boelerheide wurde plötzlich wieder gebraucht. Und Rainer Strotmann, der als kommissarischer Schulleiter im Amt eines Konrektors eigentlich für eine geordnete Abwicklung sorgen sollte, riss das Steuer herum. Er durchlief Qualifizierungskurse und das obligatorische Eignungsfeststellungsverfahren, an dessen Ende er zum ordentlichen Schulleiter ernannt wurde. „Es waren dramatische Zeiten“, sagt er.
Das Bildungssystem hat sich radikal verändert
Die Geschwister-Scholl-Schule ist ein gutes Beispiel dafür, wie die Zuwanderung das Bildungssystem in Hagen verändert. In diesem Schuljahr werden an der schon totgesagten Lehranstalt nahezu 400 Kinder und Jugendliche unterrichtet. Was der Rektor und sein 45-köpfiges Kollegium leisten, darf man getrost als Kraftakt bezeichnen. Um alle Schüler unterrichten zu können, mussten sogar Container auf dem Schulhof aufgestellt werden. „Die sind aber voll digitalisiert und hervorragend zum Unterrichten geeignet“, sagt Strotmann.
Der Pädagoge aus Dortmund ist ein erklärter Anhänger der Schulform Hauptschule und froh, dass die Scholl-Schule überlebt hat. Als großen Vorteil sieht er das herrschende Klassenlehrerprinzip, das es dem Klassenlehrer ermöglicht, „seine“ Schüler und deren Fähigkeiten bestens kennenzulernen. „Viele meiner Kollegen haben sich ja bewusst für eine Hauptschule entschieden. Wir sind bereit, auch fachfremd zu unterrichten, um eine funktionierende Schüler-Lehrer-Beziehung aufzubauen.“
Realschule kann Hauptschulgebäude übernehmen
Totgesagte leben jedenfalls länger, dafür ist die Hauptschule, die kürzlich ihr 50-jähriges Bestehen feierte, ein Beleg. Längst stammt der Großteil der Schüler nicht mehr aus dem Hagener Norden, sondern verteilt sich gleichmäßig über das gesamte Stadtgebiet sowie auf Herdecke und Schwerte. Hauptschulen werden wieder gebraucht, verdeutlicht Regina Pott: „Für viele neuankommende Schüler aus Fluchtbewegung und Zuwanderung ist die Zielperspektive ein Hauptschulabschluss.“
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Die Schulverwaltung sieht für die Geschwister-Scholl-Schule im Marienhospital gute Entwicklungsmöglichkeiten. Das Kollegium steht einem möglichen Umzug nach all dem Hin und Her der vergangenen Jahre allerdings auch skeptisch gegenüber: „Dann müssten wir uns schon wieder neuen Gegebenheiten anpassen“, gibt Strotmann zu bedenken. Ein Standort in der Stadtmitte biete zweifellos Chancen, aber berge auch Risiken: „Ob das funktioniert, kann man wohl erst nach einigen Jahren beurteilen.“ Auf jeden Fall würde sich die Schule grundlegend verändern.
Bei einem Umzug der Hauptschule Boelerheide ins Marienhospital ergäbe sich für die benachbarte Realschule Heinrich Heine die Möglichkeit, die Räume der Hauptschule an der Kapellenstraße zu übernehmen. Aus städtischer Sicht eine willkommene Lösung, könnte doch damit auch der zunehmende Platzbedarf bei den Realschulen abgedeckt werden.