Hagen. Christoph Gerbersmann, Kämmerer in Hagen, nimmt Abschied. Nach 19 Jahren an der Spitze der Verwaltung erlebt er seine letzte Ratssitzung.
Nach dieser Rede wäre es wohl jedem so ergangen: Kämmerer Christoph Gerbersmann trat noch einmal hinter das Rednerpult vor der Hagen-Fahne im Ratsaal. Er war leicht errötet. Er ergriff das Wort. Und dann musste er schlucken, und es stockte ihm die Stimme.
„Ich freue mich auf die neue Aufgabe“, so Gerbersmann, der ja ab Oktober als Finanz-Vorstand zum Ruhrverband nach Essen wechselt. „Aber ich werde bestimmt wieder in eine Ratssitzung kommen, oben auf der Tribüne Platz nehmen und einfach nur zuhören.“
Dienstältester Dezernent
Sein Platz war bis Donnerstag an anderer Stelle. Vorne, dort, wo die Dezernenten und der Oberbürgermeister sitzen. Gerbersmann, der im Alter von 40 Jahren die Kämmerei übernahm, ist der Dienstälteste in der Reihe. Und von den Dezernenten der einzige, der in Hagen aufgewachsen ist. „Der kontinuierliche Konsolidierungsprozess zur Stabilisierung unseres städtischen Haushaltes“, so Schulz, „er ist seit fast zwei Jahrzehnten untrennbar mit seinem Namen und seinem Engagement verbunden.“
19 Jahre war Gerbersmann Kämmerer. Unter drei Oberbürgermeistern. Und dem letzten, Erik O. Schulz, der nach der nächsten Kommunalwahl ebenso seinen Posten räumen wird, war es vorbehalten, eine wahre Laudatio auf jenen Mann zu halten, mit dem ihn so viel mehr verbindet als das reine Dienstverhältnis.
Bewegende Rede zum Abschied
Das wiederum merkte man ihr an, der Rede, die Schulz hielt und die Gerbersmann sichtlich bewegte. Einer Rede, die untermalt wurde von Bildern, die an die Wand projiziert wurden. Die zeigten beispielsweise den jungen, noch nicht ergrauten Gerbersmann, der sich im August 2005 um das Amt des Kämmerers bewarb. Oder den Jeck, der in der Karnevalszeit so gerne feierte: „Im roten Funkenmariechen-Outfit, das dank eines merklich kurzen Rockes extrem lange und nicht minder grazile Tanzbeine gegenüber dem staunenden Publikum offenbart hat.“
„Ihm ist kein Weg zu weit, um auch noch im entferntesten Winkel des Universums ein weiteres, wahres Prachtexemplar mit unaussprechlichem Namen zu suchen, zu finden und anschließend zu katalogisieren.“
Gerbersmann, der Mann über diverse Haushalte, die allesamt durch eine hohe Verschuldung geprägt waren, ist Naturfreund: „Seine Liebe gilt der zauberhaften Vielfalt der Orchideen“, so Schulz, „dabei ist ihm kein Weg zu weit, um auch noch im entferntesten Winkel des Universums ein weiteres, wahres Prachtexemplar mit unaussprechlichem Namen zu suchen, zu finden und anschließend zu katalogisieren.“
Experte für Whisky und Süßkram
Den Kämmerer zeichnet aber noch mehr aus: Er baut Zelte im Pfadfinderlager auf und bekocht den ganzen Stamm: „Selbst in der Verwaltung sollen Vereinzelte diesbezüglich schon Rezeptwünsche an ihn herangetragen haben“, so Schulz. Gerbersmann ist Whisky-Liebhaber und -Experte, dessen Sammlung bei mehr als 200 Flaschen liegen soll. Hinzu kommt seine Begeisterung für Süßigkeiten, Schokolade, Lebkuchen und Kekse.
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Auch auf die „kleinen menschlichen Schwächen“ ging der Oberbürgermeister ein: „Da ist die bisweilen etwas kurze Zündschnur, wenn ein Gegenüber vermeintlich ganz quer im Stall steht“, so Schulz, „der damit verbundene, sich zunehmend rötende Kopf und die pulsierende Halsschlagader - auch das sind echte Markenzeichen.“
Das Bad im Geldspeicher
Daneben bleibt der Traum eines Kämmerers in einer klammen Kommune: einmal wie Dagobert Duck in einem Geldspeicher voller Goldstücke zu baden. Zumindest im Kleinen sollte sich der am Ende der Amtszeit erfüllen. Schulz überreichte ein Aquarium mit Schoko-Talern, in das der Kämmerer zumindest seine Hände stecken kann.
„Es ist schade, dass es bis heute nicht gelungen ist, eine vernünftige Regelung für die Altschulden der Kommunen zu finden.“
„Es ist schade, dass es bis heute nicht gelungen ist, eine vernünftige Regelung für die Altschulden der Kommunen zu finden“, erklärte Gerbersmann, der sich erst vor wenigen Tagen genötigt sah, eine Haushaltssperre zu verhängen, „die Mangelverwaltung, mit der wir es seit Jahren zu tun haben, kann niemanden zufriedenstellen.“
Bernd Maßmann soll übernehmen
Mit der muss sich übergangsweise seine Kollegin Martina Soddemann, Dezernentin für Soziales und Kultur, auseinandersetzen. Der Rat soll dann im Dezember Bernd Maßmann zum neuen Kämmerer wählen.