Jennifer Suckau (27) hat sich nach ihrem Lehramtsstudium bewusst für eine Tätigkeit an der Hauptschule in Hagen-Boelerheide entschieden.

Es war einmal ein schüchternes, kleines Mädchen, das in der Grundschule kaum auffiel und sich kaum einmal traute aufzuzeigen. Als Jennifer Suckau erwachsen wurde, wich die Schüchternheit einer inneren Ruhe und Gelassenheit, die ihr helfen, sich in einem schwierigen Umfeld in einem gewiss nicht einfachen Job zu behaupten.

Jennifer Suckau (27) ist Lehrerin an der Geschwister-Scholl-Hauptschule in Boelerheide und steht damit in vorderster Linie im Langzeitkampf um Bildung, Integration, Inklusion und Berufsvorbereitung. „Ich mag die enge Beziehung, die die Lehrer hier zu den Schülern haben, ich mag diese intensive Arbeit“, sagt die Hagenerin: „Ich habe mich ganz bewusst für diese Schule entschieden.“

Nach der Grundschule besuchte Jennifer Suckau zunächst die Realschule in Boelerheide, wo ihre damalige Klassenlehrerin ihr nahelegte, später doch selbst als Lehrerin zu arbeiten.

Dieser Ratschlag erwies sich als entscheidender Fingerzeig im Leben der jungen Frau. Jennifer Suckau wechselte ans Fichte-Gymnasium und gab jüngeren Schülern nebenher Nachhilfe – immer mehr verfestigte sich der Wunsch, Lehrerin zu werden. Nach dem Abitur und dem Lehramtsstudium (Deutsch und Geschichte) für Haupt-, Real- und Gesamtschulen in Siegen fand sie eine Anstellung an der Geschwister-Scholl-Schule: „Mir war von Anfang an klar, dass ich nicht an einer Gesamtschule arbeiten wollte. Zu groß für meinen Geschmack. Die Hauptschule ist genau richtig für mich.“

Unterricht mit dem Wörterbuch

Die Geschwister-Scholl-Schule ist ein gutes Beispiel dafür, wie die Zuwanderung das Bildungssystem in Hagen verändert. Derzeit werden an der einst totgesagten Lehranstalt, die jüngst kurz vor der Auflösung stand, wieder 450 Kinder und Jugendliche unterrichtet.


Was das Kollegium leistet, darf man getrost als Kraftakt bezeichnen. Die wenigsten Schüler kommen von einer Grundschule, viele sind Flüchtlinge oder Einwanderer, die gerade mal einen Sprachlernkursus hinter sich haben, viele andere stammen von Realschulen, wo sie überfordert waren.

„Ich habe 28 Kinder in der Klasse, jedes hat andere Voraussetzungen“, beschreibt Jennifer Suckau ihren Arbeitsalltag: „Jeder Tag birgt Überraschungen und neue Herausforderungen. Manche Kinder arbeiten mit dem Wörterbuch, weil ihr Deutsch nicht so gut ist.“ Die Flüchtlingskinder seien oft total verschüchtert: „Und es gibt einem ein wunderbares Gefühl, wenn sie nach einiger Zeit aufblühen und Vertrauen knüpfen.“

Verbindlichkeit und Regeln

Nicht nur die Herkunft, auch das Leistungsvermögen der Kinder und Jugendlichen ist bunt. Während der ehemalige Realschüler in Mathematik auf Topniveau ist, scheitert manch zugewandertes Kind vielleicht schon beim Lesen an der Aufgabenstellung. Hinzu kommt der erzieherische Aspekt, für die Kinder aus aller Herren Länder muss eine gemeinsame Basis gefunden werden, sonst kann das Zusammensein nicht funktionieren: „Wir brauchen Regeln für den Umgang miteinander“, sagt Jennifer Suckau: „Und als Lehrerin muss ich konsequent sein beim Einhalten dieser Regeln. Die Schüler fordern Verbindlichkeit ein, und wenn sie diese spüren, ist der Umgang einfacher.“

Die Arbeit einer Lehrerin endet nicht mit dem Schlussgong. Jennifer Suckau bereitet den Unterricht vor und nach, benotet Klassenarbeiten, führt Gespräche mit Eltern, Kollegen und Schülern und besucht Fortbildungen.

Zur Vorbereitung auf einen Wettbewerb bot sie zweimal pro Woche eine Vorlesestunde an: „Dankbarkeit und Anerkennung von den Schülern zu bekommen, ist mir wichtiger als Geld oder Karriere. Deshalb bin ich Lehrerin geworden.“