Hagen. Die Bekämpfung von sexuellem Missbrauch von Kindern- und Jugendlichen ist ein Behördenschwerpunkt der Polizei Hagen.
Menschen mit Behinderungen sind - je nach körperlicher oder geistiger Einschränkung - potenziell eher gefährdet, Opfer von sexuellen Übergriffen zu werden. Betroffen sind dabei sowohl Erwachsene als auch Kinder- und Jugendliche. Grenzverletzungen begehen unter Umständen auch Personen, die selbst eine Behinderung aufweisen.
Die Dienststelle für Kriminalprävention/Opferschutz der Polizei Hagen hat einige Präventionshinweise zusammengestellt, um auf das Thema aufmerksam zu machen. Die Bekämpfung von sexuellem Missbrauch von Kindern- und Jugendlichen ist ein Behördenschwerpunkt der Polizei Hagen.
Junge Menschen mit Behinderung sind im Alltag besonders auf Unterstützung und Zuwendung angewiesen - der Bereich der Privatsphäre ist eingeschränkter oder unter Umständen gar nicht vorhanden. Die Versorgung mit Förder- und medizinischen Maßnahmen erschwert ihnen die Unterscheidung zwischen einvernehmlichen und aufgezwungenen Kontakten.
Opfer werden unter Druck gesetzt
Gerade bei Berührungen im Intimbereich, die die Körperpflege (Wasche, Anziehen etc.) mit sich bringen, fällt es Betroffenen oftmals schwer zu reflektieren, welche Handlungen notwendig sind und welche Berührungen bereits einen sexuellen Übergriff darstellen. Sie müssen zudem häufig lernen, das zu tun, was andere von ihnen wollen. „Häufig stellen Opfer das Handeln von anderen Personen weniger oder gar nicht in Frage. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn die Hilfestellerin oder der Hilfesteller die durchgeführte Tätigkeit als normal bezeichnet. Unter Umständen werden die Kinder/Jugendlichen auch gezielt unter Druck gesetzt, wenn bei einem Einwand angekündigt wird, dass ihnen dann unter Umständen keine Unterstützung mehr gegeben wird“, erklärt Kriminalhauptkommissar Ralph Hoffmann von der Polizei Hagen.
Der Polizeibeamte arbeitet in der Dienststelle für Kriminalprävention/Opferschutz. In persönlichen Gesprächen, beispielsweise in Schulen, in Telefonsprechstunden oder auch bei Informationsveranstaltungen sucht das Team aktiv den Austausch mit den Bürgern.
Ein Erfahrungswert der Experten ist, dass auch das Wissen und die Erfahrung über Sexualität bei Menschen mit Behinderungen stellenweise begrenzt ist. Insbesondere wie man sich gegen Übergriffe wehrt, ist vielen Opfern nicht bekannt. Eine Aufklärung erfolgt oftmals nicht, da sowohl Angehörige oder auch Fachkräfte entweder nicht die Notwendigkeit sehen oder nicht wissen, in welchem Maße sie das Thema bewegen solle.
Eingeschränktes Verständnis von Missbrauch
Die Entwicklung von Menschen mit Behinderung kann anders verlaufen, zum Beispiel im Hinblick auf Erfahrungen mit Gleichaltrigen, der eigenen Körperlichkeit und dem Wirken anderen Personen gegenüber. Eine Grenzverletzung kann auch unter Gleichaltrigen erfolgen, wenn Kinder und Jugendliche ein eingeschränktes Verständnis von Missbrauch sowie ein erschwertes Lernen von Regeln zu Nähe und Distanz haben. „Bei geistig behinderten Menschen besteht darüber hinaus häufig die Problematik, dass diese die Schwierigkeit haben, sich ausdrücken oder auch Zwischenfälle stellenweise nicht nachvollziehbar beschreiben können. Nonverbale Signale werden vom Umfeld gegebenenfalls fehlinterpretiert oder nicht Ernst genommen“, so Hoffmann.
Wichtig sei, Menschen mit einer Behinderung aufzuklären, zu informieren und zu unterstützen - und das in einer Art, die sie verstehen können. Sie sollten wichtige Kriterien im Bereich der Selbstwahrnehmung erfahren und ein Bewusstsein für eigene Grenzen sollte geschaffen werden. Es sei wichtig, das Nein-Sagen zu fördern.
Gezielte Stärkung der Persönlichkeit
Gerade Mädchen und Jungen mit geistiger Behinderung müssen in ihrer Persönlichkeit gestärkt werden, ohne sie zu überfordern. Sie sollten Grenzverletzungen als solche wahrnehmen können und Wege finden, sich auf ihre Weise einer Person ihres Vertrauens mitzuteilen. „Sprechen Sie mit ihrem Kind über sexuelle Gewalt. Es ist wichtig, dass Ihr Kind weiß, dass es sich Ihnen in jedem Fall anvertrauen kann und Sie ihm glauben“, heißt es.
Eltern und Angehörige sollten sich nicht scheuen, diesen Themenbereich anzusprechen und sich bei Bedarf auch Unterstützung bei geeigneten Stellen zu suchen. Auch Betreuungspersonal (u.a. Pädagogen, Lehrer) sollte lernen, sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche mit geistiger Behinderung wahrzunehmen und zu thematisieren. Dafür sollten Handlungskonzepte vorhanden sein. So kann sichergestellt werden, dass die Betreuungsperson ein kompetenter Ansprechpartner ist, der auch Hilfe anbieten kann.
Es gibt laut Polizei Hagen leider keine Checkliste über Anzeichen sexuellen Missbrauchs. Grundsätzlich können Verhaltensauffälligkeiten vielfältige Ursachen haben - darunter fällt auch der sexuelle Missbrauch. Es sei wichtig, wachsam zu sein und das Verhalten des Kindes zu reflektieren. „Achten Sie darauf, ob ihr Kind sich anders verhält als sonst und holen Sie sich Hilfe. Schaffen Sie ein vertrauensvolles Verhältnis im Umgang und signalisieren Sie Gesprächsbereitschaft“, so die Polizei.
Wichtige Rufnummern und Ansprechpartner
Telefonisch können sich Kinder und Jugendliche kostenfrei und anonym unter den Rufnummern 0800-1110333 oder 116111 und Eltern (ebenfalls anonym und kostenlos) unter den Rufnummern 0800-1110550 (Nummer gegen Kummer) oder 0800-2255530 (Hilfetelefon sexueller Missbrauch) beraten lassen. Es gibt Anbieter von Präventionsprogrammen zu diesen Themen, die speziell auf Kinder und Jugendliche mit Behinderung ausgerichtet sind.
Sollte es spezielle Fragen zu diesem Thema geben, steht das Kommissariat Kriminalprävention/Opferschutz der Polizei Hagen allen Interessierten telefonisch zur Verfügung. Die Dienststelle ist unter den Rufnummern 02331-9863651, sowie 02331-9863653 erreichbar. Das Fachkommissariat ist zudem unter kk_kpo.hagen@polizei.nrw.de per Mail erreichbar.