Duisburg. Der Landschaftspark Duisburg-Nord bietet Industrie-Romantik pur – besonders bei einer nächtlichen Fackelführung. Alle wichtigen Infos zur Tour.
Wenn die Dämmerung im Landschaftspark Duisburg-Nord einsetzt, die Stahlträger nicht mehr in das natürliche Licht der Sonne getaucht, sondern von roten, grünen und blauen LED-Lampen angestrahlt werden, dann macht sich Gästeführer Klaus Hasselbach auf den Weg.
In der Dunkelheit herrscht hier – zwischen Hochöfen, Bunkeranlagen, Schrägaufzügen und Gießhallen – eine Atmosphäre, die als romantisch, gruselig oder mystisch empfunden werden kann, die aber in jedem Fall besonders ist – und damit auch eine besondere Möglichkeit bietet, das ehemalige Hüttenwerk Meiderich zu erkunden.
Landschaftspark Duisburg-Nord: Industriekultur, Ruhr und Natur
Hasselbach nimmt seine Gäste während der nächtlichen Führung mit auf eine Reise in die Zeit, in der die fünf Hochöfen – von denen heute nur noch drei stehen – täglich tonnenweise Roheisen herstellten, „und keinen Stahl, wie viele denken“.
In Hochzeiten malochten hier 1800 Menschen, am 4. April 1985 wurde die letzte Schicht gefahren. Heute ist das 180 Hektar große Areal für Hasselbach eine Mischung aus „Industriekultur, Ruhe und Natur“. Insgesamt 30 Kilometer Wanderweg führen durch das Gelände, „die machen wir aber heute nicht“, sagt er und lacht.
Aussicht vom Hochofen im Landschaftspark über das gesamte Ruhrgebiet
Sportlich startet seine Tour dennoch: „260 oder 280“ Stufen gilt es zu besteigen – so genau weiß Hasselbach es nicht, er hat die Stufen schon etliche Male gezählt und sich jedes Mal aufs Neue verzählt – um die Aussicht vom 70 Meter hohen Hochofen 5 zu genießen. Hasselbach führt die Truppe an, der Aufstieg für ihn trotz seiner 73 Jahre scheinbar kein Problem.
„Früher war es ja viel schwieriger“, sagt er. Früher, da mussten Hasselbach und seine Kollegen der Werksfeuerwehr während ihrer Einsätze in voller Montur die Treppen hoch, „30 Kilo wogen die Klamotten.“ 42 Jahre lang arbeitete Hasselbach als Feuerwehrmann, bevor er mit 60 Jahren in den Vorruhestand ging.
Duisburger Gästeführer: „Einmal Hüttenknecht, immer Hüttenknecht“
Nun führt er Touristinnen und Touristen ehrenamtlich durch das alte Hüttenwerk. „Einmal Hüttenknecht, immer Hüttenknecht“, sagt er. „Ich bin nur 800 Meter von hier entfernt aufgewachsen. Alle in der Familie waren Hüttenknechte.
Mein Opa, mein Onkel, mein Vater. Alle.“ Kein Wunder, dass Hasselbach alles vor Ort erklären kann – von der Hochofenstichlochstopfmaschine über die Winderhitzer bis zum „Krokodil“, der großen, grün leuchtenden Verladebrücke. „Noch Fragen?“, so beendet er jeden seiner Erklär-Stopps.
Hollywood im Landschaftspark: Open-Air-Kino zeigt Batman
Mit dem eigentlichen Highlight seiner Tour wartet er allerdings bis nach der kurzen Kletterpartie. Wo früher Erze zusammen mit vielen anderen Zuschlagstoffen bei rund 2000 Grad Hitze zu Roheisen geschmolzen wurden, geht es auch heute heiß her: Jeder der 20 Teilnehmer bekommt eine Fackel in die Hand gedrückt. Sofort dringt der Petroleum-Geruch in die Nase, der warme Schein der Flamme überzieht das Stahlgerippe mit den Schatten der Menschen.
Einige halten das Feuer nah am Körper, andere strecken die Arme weit weg, während sie das Gelände weiter erkunden. Plötzlich unterbricht ein lautes Krachen die Stille, ein Mann schreit. Doch zum Glück hat sich niemand der Fackel-Wanderer verletzt, die Gruppe nähert sich lediglich dem Open-Air-Kino der Stadtwerke.
„Tribute von Panem“-Dreh im Landschaftspark Duisburg-Nord
Auf der Leinwand läuft an diesem Freitagabend der neue „Batman“-Film mit Robert Pattinson in der Hauptrolle. Keine Frage, Hasselbach und seine Gäste würden mit ihren Fackeln gut in die Szenerie des fiktiven Schauplatzes, der dunklen, bedrohlichen Stadt Gotham passen.
Sie könnten aber auch glatt als Komparsen und Komparsinnen des Hollywood-Films „Die Tribute von Panem – Das Lied von Vogel und Schlange“ durchgehen, der noch bis zum 29. August im Landschaftspark gedreht wird. „Hier finden die Dreharbeiten statt. Aber die halten alles geheim, man erkennt kaum was“, sagt Hasselbach und zeigt auf das Gelände zwischen Freilichtkino und Kraftzentrale.
Landschaftspark Duisburg-Nord Indoor-Tauchanlage im Gasometer
In Letzterer waren bis 1965 zehn gichtgasbetriebene Großmaschinen untergebracht, die zur Stromerzeugung und zur Hochofenwinderzeugung benötigt wurden, erklärt er. Mittlerweile dient die 170 Meter lange und 34 Meter breite Halle als Veranstaltungsort, der Platz für bis zu 4000 Menschen bietet.
Nur wenige Meter von der Kraftzentrale entfernt liegt der ehemalige Gasometer, in dem heute das laut Betreiber „größte Indoor-Tauchgewässer Europas“ liegt. „Die haben da den Rumpf eines Flugzeugs und eine Jacht versenkt und ein künstliches Riff angelegt“, sagt Hasselbach.
Im Landschaftspark kann man aber nicht nur tauchen, sondern auch klettern, Fahrrad fahren oder skaten. „Wie Sie merken, kann man hier auch am Tag viel erleben. Sie sollten also noch mal wiederkommen“, sagt der Gästeführer zum Abschluss seiner Tour. Noch Fragen?
Weitere Infos zur Fackel-Führung im Landschaftspark Duisburg-Nord:
Die knapp zweistündige Fackelführung findet jeden Freitag und Samstag mit Einbruch der Dämmerung statt und kostet pro Person 16 Euro. Weitere Infos unter www.tour-de-ruhr.de.
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