Bochum. Kunst am Bau wird oft übersehen. Das will Christine Kämmerer ändern – mit ihrem Kunst-Spaziergang über das Gelände der Bochumer Ruhr-Universität.
Eine Ziegelwand, zwischen den beiden Eingängen zur Bibliothek der Ruhr-Universität Bochum positioniert, verschiedene Betonwände, die eine gewisse Struktur aufweisen, eine mit Edelstahl verkleidete Mauer oder auch eine leuchtend bunte Keramikwand vor dem Hörsaalzentrum Ost: All diese Objekte gibt es verteilt über das Universitätsgelände in Bochum.
Die Studierenden eilen an ihnen vorbei, kaum einer nimmt Notiz von ihnen. Wer nicht weiß, dass es sich hier um Kunst handelt, wird es wahrscheinlich nicht registrieren. Schon gar nicht als Laie. Und doch sind die Objekte Teil eines großen Projekts, eines durchdachten Plans, sind Kunst im öffentlichen Raum.
Bekannte Künstler wirken bei Kunst am Bau an Ruhr-Uni in Bochum mit
Es war Mitte der 70er-Jahre, als im Zuge des Baus der Ruhr-Universität Bochum einige namhafte Künstler in die Ruhrstadt geholt wurden, um „Kunst am Bau“ zu installieren. Durch öffentliche Gelder finanziert sollten so Künstler in der Nachkriegszeit gefördert werden.
Christine Kämmerer, Kunsthistorikerin und Leiterin des NRW-Landesprojekts „Kunst und Bau“, führt durch die gleichnamige Ausstellung. Doch diese befindet sich nicht in Museumsräumen, sondern ist frei und umsonst für jeden zugänglich.
Kunst-Spaziergang auf dem Gelände der RUB
Christine Kämmerer zeigt also Objekte, die überall verteilt auf dem Universitätsgelände der Ruhr Universität Bochum zu finden sind. Weil es gerade hier besonders viele dieser Kunstobjekte gibt, hat Kämmerer eine Tour über das Gelände entwickelt, einen Kunst-Spaziergang.
Über eine Länge von knapp drei Kilometern laufen Interessierte an den Kunst-und-Bau-Werken vorbei, die meist in die Architektur integriert und mit ihr gemeinsam entstanden sind. „Hier wurden Künstler in den öffentlichen Raum geholt“, erklärt Kämmerer, die als Autorin und Kuratorin für verschiedene Institutionen tätig ist.
„Es wird versucht, Kunst für jeden zugänglich zu machen. Dass Kunst den Menschen im Alltag begegnet und nicht nur hinter verschlossenen Türen – in Museen – zu finden ist. Aber sie ist natürlich auch dafür da, Plätze aufzuwerten.“
Um diese Kunst noch mehr Menschen zugänglich zu machen, hat die 42-Jährige außerdem eine App entwickelt. Hintergründe, Künstler und Bauweise sind hier ausführlich beschrieben. Los geht die Tour auf der Brücke, welche die U-Bahn-Station mit dem Campus verbindet.
Schon hier gibt es ein erstes Kunstobjekt: Von der Brücke aus schaut man auf den großen Betonschriftzug vom Künstler Henryk Dywan auf der Parkhausausfahrt. „Ruhr Universität“ steht dort geschrieben. Geht der Besucher weiter auf das Bibliotheksgebäude zu, findet er eine Ziegel-Relief-Mauer zwischen den beiden Eingängen, ebenfalls von Dywan gestaltet.
Betonplastik und Wasserrelief auf dem Gelände der RUB
Nächste Station ist das Werk „Tor und Doppelwinkel“, eine zweiteilige Betonplastik, die als eines von wenigen der Werke nicht im Zuge des Universitätsbaus entstanden ist. Vorbei am dem zentral gelegenen „Forumsplatz“ mit seinem Wasserrelief (das allerdings ohne Wasser geblieben ist), gelangt man auf der Tour schließlich zum Hörsaalzentrum Ost, bei dem der Künstler Victor Vasarely mit seiner Fenstergestaltung Grand Vitrail Cinetic eine optische Illusion und einige Treppenstufen tiefer eine farbige Keramikwand geschaffen hat.
Geht der Besucher weiter Richtung N-Gebäude, gibt es einige so genannte Betonkernverkleidungen und auch eine Edelstahlverkleidung zu besichtigen. Wer nicht sehr kunstverständig ist, hätte hier wahrscheinlich kein Kunstwerk erkannt.
Christine Kämmerer spricht während des weiteren Spaziergangs über die Gratwanderung, der Kunst im öffentlichen Raum ausgesetzt ist. Und das in verschiedener Hinsicht. „Was wir mit der App auch möchten“, sagt sie, „ist für diese Kunst zu sensibilisieren.“ Oft fehle es nämlich am Sinn dafür: künstlerische Betonwände werden besprüht oder mit Plakaten beklebt, vor eines der Kunst-und-Bau-Werke habe ein Hausmeister einfach einen Fahrradständer gebaut.
Außerdem müsse man sich damit abfinden, dass die Kunst Wind und Wetter ausgesetzt ist. „Das bereitet mir natürlich schon Bauchschmerzen“, sagt die Kunsthistorikerin, „aber wenn man Kunst öffentlich machen möchte, dann ist das eben so. Das ist dann anders als im Museum, in dem die Kunstwerke gut geschützt, aber vielen eben nicht zugänglich ist. Wir wollen Grenzen aufweichen und Berührungsängste abbauen.“
Da hier die Kunst in den meisten Fällen schon in die Gebäude integriert ist, werden die Grenzen zwischen Innen und Außen aufgebrochen. „Bau und Kunst sollte interagieren“, sagt sie.
Alle Infos zur „Kunst am Bau“-Führung in Bochum
Zu finden ist Christine Kämmerers Spaziergang über das Bochumer Uni-Gelände sowie viele weitere Kunst-und-Bau-Werke in anderen Städten auf der Website www.kunstundbau.nrw
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