Bochum. Während ihrer Kräuterwanderung lehrt die Essener Expertin Martina Holder alles Wichtige über die Wildpflanzen am Wegesrand. Alle Infos zur Tour.

Martina Holder verschwindet zwischen den Autos, die an diesem Sonntagmorgen vor dem Eisenbahnmuseum in Bochum geparkt haben. „Ich hole euch mal eben was“, ruft sie den sechs Teilnehmerinnen und Teilnehmern ihrer Kräuterwanderung zu – und steht kurze Zeit später mit einer Handvoll hellbrauner Schoten wieder vor ihnen.

„Weiß jemand, was das ist?“, fragt sie in die Runde. Kopfschütteln. „Das sind die Samen der Knoblauchsrauke“, erklärt sie, während sie die schwarzen Kügelchen vorsichtig aus der Schote erst in ihre Hand, dann in den Mund fallen lässt. Die Samen könne man als Pfefferersatz nutzen. Die gezackten, Brennnessel ähnlichen Blätter eigneten sich hingegen perfekt für Kräuterbutter oder „die gewisse Würze im Salat.“

Kräuterwanderung in Bochum: Vom Eisenbahnmuseum zur Ruhr

Fühlen, riechen und schmecken: Während ihrer Kräuterwanderung, die unter dem Motto „Was wächst denn da?“ steht, sollen die Teilnehmenden „die Wildpflanzen, die hier bei uns in der Gegend wachsen, mit allen Sinnen kennenlernen und genießen“, sagt Holder.

Erster Stopp der Tour: die Trasse vor dem Eisenbahnmuseum. Die Sonne strahlt auf den Beton, das Gras auf dem Grünstreifen ist längst eher bräunlich als sattgrün gefärbt. Trotz der Trockenheit ragt eine Pflanze steil in die Luft, ihre gelben Blüten strahlen vor dem blauen Himmel.

Essener Kräuterpädagogin: „Wichtig, den Menschen die Wildpflanzen näherzubringen“

„Die Blüten Königskerze enthalten viele Heilstoffe und schmecken auch noch sehr gut“, sagt Holder und fordert ihre Gäste auf, selbst zu probieren. „Wahnsinn! Wie ein Pfirsich oder eine Nektarine, irgendwie exotisch“, versucht Teilnehmerin Michaela den Geschmack zu beschrieben.

Die 49-jährige Essenerin hat, wie einige andere Teilnehmerinnen, bereits Kräuterwanderungen besucht. Generell würden sich laut Holder immer mehr Menschen für heimische Pflanzen interessieren – zum Glück, wie sie findet: „Gerade in der heutigen Zeit, in der das mit der Umwelt nicht so toll aussieht, ist es wichtig, den Menschen die Wildpflanzen näherzubringen. Denn nur was man kennenlernt, weiß man zu lieben und zu schützen.“

Während der Kräuterwanderung in Bochum erfahren die Teilnehmenden von Kräuterexpertin Martina Holder, welche Wildpflanzen und -kräuter man wie zubereiten kann.
Während der Kräuterwanderung in Bochum erfahren die Teilnehmenden von Kräuterexpertin Martina Holder, welche Wildpflanzen und -kräuter man wie zubereiten kann. © FUNKE Foto Services | Andreas Buck

Burnout im Bürojob: Essenerin wird Kräuterpädagogin

In ihrem eigenen Leben haben Wildpflanzen lange keine Rolle gespielt – bis sie vor sechs Jahren ihren Bürojob aufgrund eines Burnouts aufgab und anfing, als Integrationskraft in einem Waldkindergarten zu arbeiten.

„Bei einem Betriebsausflug haben wir eine Kräuterwanderung gemacht. Da wurde mir klar, dass ich nicht nur selbst raus in die Natur will. Ich möchte sie auch anderen Menschen näherbringen“, sagt sie im Rückblick.

Essener Kräuterpädagogin warnt vor giftigen Doppelgängern

In Köln absolvierte sie eine Ausbildung zur Kräuterpädagogin, lernte alles über Pflanzenfamilien, Zubereitungsmöglichkeiten und giftige Doppelgänger. Auf Letztere müsse man besonders Acht geben, sagt Holder, als sie vor einem Baum am Wegesrand stehen bleibt.

„Es gibt viele Früchte, die ähnlich aussehen wie die Kornelkirschen, aber giftig sind“, warnt sie. Wenn man das Glück hat, eine echte Kornelkirsche zu finden, sollte man daraus am besten Likör oder Konfitüre machen – oder sie erst in Salzlake und anschließend in Öl einlegen.

Kräuterwanderung entlang der Ruhr: Ruhe am Fluss genießen

„Sehr lecker. Die Kirsche wird nicht umsonst falsche Olive genannt“, sagt Holder, die ebendiesen Snack erst am Abend zuvor bei einer Grillparty serviert hatte. Ein kleiner Pfad führt die Gruppe weiter vom Eisenbahnmuseum durch den angrenzenden Wald und schließlich zur Ruhr.

Bis auf zwei Angler, die es sich am Ufer in ihren Campingstühlen bequem gemacht haben, und einigen Jugendlichen, die mit ihren Stand-up-Boards auf dem Wasser schwimmen, ist noch kaum jemand am und auf dem Fluss unterwegs.

Wie auch Lisa und Merle interessieren sich immer mehr Menschen im Ruhrgebiet für Wildpflanzen, sagt die Essener Kräuterpädagogin Martina Holder.
Wie auch Lisa und Merle interessieren sich immer mehr Menschen im Ruhrgebiet für Wildpflanzen, sagt die Essener Kräuterpädagogin Martina Holder. © FUNKE Foto Services | Andreas Buck

Kräuterwanderung in Bochum als Geburtstagsgeschenk

Entlang der Ruhr leitet Holder die Gruppe weiter in Richtung Essen-Horst. „Wow, wie schön es hier ist“, sagt Merle (25) zu Freundin Lisa (24). Diese hatte ihr die Kräuterwanderung zum Geburtstag geschenkt, da beide oft in der Natur unterwegs sind.

Bei jedem Erklär-Stopp hören die Freundinnen aufmerksam zu, eine andere Teilnehmerin schreibt fleißig in ihrem kleinen Notizbuch alles Überraschende und Nützliche mit, was sie über Brennnesseln, Giersch, Holunder, Kletten und Hopfen erfährt.

Konfitüre, Likör oder Salat: Wildpflanzen in Bochum zum Genießen

„Hier am Wasser wachsen noch mal ganz andere Wildpflanzen als im Wald oder am Parkplatz“, sagt Kräuter-Expertin Holder über die Wahl ihrer Route. Nach zwei Stunden endet ihre Wanderung schließlich mit einer ihrer Lieblingspflanzen: dem Löwenzahn. Dieser lasse sich im Frühjahr als gesunder Salat mit vielen Ballaststoffen zubereiten – oder als leckerer Kräuterschnaps für den Winter haltbar machen.

Davon will Martina Holder die Teilnehmerinnen und Teilnehmer noch während der Tour überzeugen und schenkt zum Abschluss selbst gemachten Schnaps aus Löwenzahn, Schafgarbe, Fenchel, Kümmel und Kandis in gläserne Pinnchen. Prost!

Termine und weitere Infos zur Käuterwanderung in Essen und Bochum Martina Holder bietet ihre Kräuterwanderungen (20 €) und -workshops (49 €) in Essen und Bochum noch bis Ende Oktober an. Ab März startet dann wieder die neue Saison. Weitere Infos unter www.kraeuterleidenschaft.de.