Wenn die Bastelideen ausgehen, die Brettspiele gespielt sind und Wetter ist: Touren mit Kindern zu Ostern für Niederrhein, Revier und Sauerland.
Wenn sich die Familien so viel zu Hause aufhalten, wie niemals zuvor, wenn Eltern die Bastelideen ausgehen, alle Brettspiele gespielt sind oder wenn die Kinder nach einem Vormittag und der ganzen Woche am heimischen Schreibtisch, ganz einfach nicht mehr still sitzen können, um zu basteln, zu malen oder ruhig mit Lego zu spielen, dann herrscht seit einer gefühlten Ewigkeit Lockdown. Dann ziehen irgendwann auch keine Beauty-Nachmittage mehr, keine Muffin-Rezepte und auch nicht der Kletterparcours aus Sofa und Stühlen durch das Wohnzimmer. Dann gilt es, ihnen Erlebnisse zu schaffen, rauszugehen und Neues zu entdecken. Dann reicht auch der Spielplatz im nächsten Stadtteil, der Wald um die Ecke nicht mehr. Wenn das alles so ist, dann gehen wir wandern; auch wenn das Wetter grau und nur wenige Bäume erst erste grüne Blätter zeigen.
Wer aber mit Kindern wandern möchte – wirklich wandern, mehrere Stunden oder sogar tagesfüllend unterwegs sein möchte, gerade jetzt, wo nirgendwo einzukehren ist und es keine Attraktion unterwegs zu besichtigen gibt – der muss Anreize schaffen. Das brauchen zumindest meine Kinder Johanna (11) und Noam (6). Sonst laufen sie nicht. Schöne Natur, ein weiter Blick und frische Luft allein beeindrucken sie nicht. Also suchen wir uns Touren raus, bei denen es nicht darum geht, möglichst viel Strecke zu machen, sondern bei denen es etwas zu erleben und zu beobachten gibt. Ganz ohne irgendwo unterwegs Geld ausgeben zu müssen. Drei dieser Wanderungen – vom Niederrhein übers Ruhrgebiet bis ins Sauerland – stellen wir vor. Inklusive Motivationsstrategien!
Verwunschene Idylle: Route Niederrhein: „Adlerwanderung“ auf der Bislicher Insel
Länge: Ca. 4,5 Kilometer, reine Zeit in Bewegung: 47 Minuten. Unsere Gesamtzeit: ca. 2,5 Stunden.
Wir parken am Infozentrum „Natur Forum“, Bislicher Insel 11 in Xanten. Es soll ein nettes Café haben. Wegen des Lockdowns werden wir es dieses Mal nicht kennenlernen. Stattdessen gehen wir rechts der Straße entlang, bis zu einem über und über mit Efeu bewachsenen Haus. Hier beginnt der Weg durch das Naturschutzgebiet und eine der letzten Auenlandschaften Deutschlands: die Bislicher Insel.
Beschrieben wird sie als ein Paradies für Wildvögel. Arktische Wildgänse haben hier ihr Winterlager, es soll Schwarzmilane, seltene Entenarten, Baumfalken, Silberreiher, Haubentaucher und im Frühjahr auch Störche geben. Wenn man Glück hat, sieht man auch mal einen Fischadler. Vor allem wegen ihm und der Begeisterung meines Sohnes für große Vögel sind wir hier.
Gleich zu Beginn erblicken wir am Ufer des Sees einen Silberreiher. Ganz allein stakst er durch die winterbraunen Gräser, bevor er sich auf die Äste eines Baumes schwingt. Links des Weges gibt es verwunschene Flusslandschaften. Wir spielen: „Jeder nennt ein Detail in der Landschaft, das ihm besonders gut gefällt.“ Ich wähle die Regentropfen, die von Blättern perlen, Johanna einen kahlen Ast, der sich im Wasser spiegelt. Noam findet das sumpfig matschige Seeufer gut.
Nach etwa einem Kilometer kommen wir zu einer Hütte, aus der heraus wir die Vögel auf dem See beobachten können: seltene Enten, ein Haubentaucher, eine Grünschenkel Limikole. Es ist idyllisch. Auf der anderen Seite des Weges gibt es ebenfalls, folgt man vielleicht 100 Meter einem Pfad, eine solche Hütte.
Auch interessant
Als wir weitergehen, überqueren wir ein Viehgitter, „Vorsicht freilaufende Kühe“ steht auf einem Schild. Wir laufen durch eine unfassbar grüne Weidelandschaft, gesäumt von wilden Brombeerhecken, dazwischen moosbewachsene Baumstümpfe. Kleine Vögel flattern herum. Plötzlich glotzt uns, ganz nah am Wegesrand, eine Kuh an. Im Hintergrund sehen wir mehr – jetzt ergibt auch das Viehgatter Sinn. Die Kinder freuen sich. Weiter vorbei an kleineren Anwesen haben wir schon bald nach etwas über einer Stunde und 2,3 Kilometern das Ende des Weges erreicht. Auch hier gibt es wieder eine Hütte und wir bilden uns ein, in weiter Ferne über dem See tatsächlich einen Seeadler zu sehen.
Doch das Highlight der Kinder folgt erst auf dem Rückweg: Als wir uns auf eine Bank setzen, um eine Orange zu essen, kommt eine der freilaufenden Kühe so dicht heran, dass ich mich erschrecke und ihr die Frucht zuwerfe. Danach beschnuppert sie uns nach weiteren Leckereien und lässt sich streicheln. In der Nähe wartet ihr Kälbchen und beschaut uns misstrauisch. Dieses Erlebnis toppt jeden schemenhaften Seeadler, jeden Silberreiher und auch die Wildgänse, die wir, schon fast zurück am Auto, beobachten können. Als es schon dämmert, sammeln sie sich über uns am Himmel. Von allen Seiten kommen sie heran, um dann gemeinsam auf einer Wiese niederzugehen – spektakuläre Show.
Fazit: Letztendlich haben wir weniger Vögel gesehen, als erwartet. Der Weg aber war wirklich gut zu schaffen (alles flach und unbedingt kinderwagengeeignet). Und wenn die wild-romantische Landschaft, Reiher, Adler und Wildgänse nicht beeindrucken sollten, dann gibt es immer noch die Kühe, die auf großer Fläche frei herumlaufen.
Von Bienen und Bratwürsten: Route Ruhrgebiet - Wanderung am Hohenstein in Witten
Länge ca. 5,5 Kilometer, reine Zeit in Bewegung: anderthalb Stunden. Unsere Gesamtzeit: Ca. 4 Stunden.
Die Wanderung rund um den Hohenstein hat alles zu bieten, was den Weg für Kinder spannend und abwechslungsreich macht. Auch zu Coronazeiten. Einen Teich mit Enten, einen Bachlauf, einen Aussichtspunkt, mehrere Spielplätze entlang des Weges, Wildgehege, steile Hänge, an denen es sich klettern lässt.
Wir parken auf dem Wanderparkplatz Kohlensiepen und starten – die Straße im Rücken rechtsseitig vom Parkplatz abgehend – auf dem matschigen Waldweg, der schon bald recht steil bergab führt. Tipp: Wer mit Kinderwagen unterwegs ist, kann mit einem kleinen Umweg anfangen: 150 Meter links der Straße Kohlensiepen entlang beginnt ebenfalls der Wanderweg A1. Wir aber, dem Kinderwagen schon entwachsen, stapfen durch den Matsch geradeaus – bis wir auf den asphaltierten Wanderweg stoßen. Hier gehen wir links. In der Senke schlängelt sich der Borbach, an dem entlang wir uns jetzt, mal linksseitig, dann wieder rechtsseitig, einige Kilometer halten werden.
Die Kinder sind unmotiviert, also spielen wir „wer zuerst die Wegmarkierung A1 an einem Baum oder Brückengeländer entdeckt bekommt einen Punkt.“ So will jeder der Erste sein. Links und rechts zweigen Pfade ab, doch wir gehen geradeaus; vorbei an einzelnen Häusern, dann über die erste (blaue) Brücke und an der Weggabelung links, um weiter dem Bach zu folgen. Nach etwa 1,2 Kilometern und 30 Minuten Gehzeit, die eher eine Schlenderzeit ist, machen wir eine erste Pause: Rechts des Weges zweigt ein kleiner Pfad ab, der sich den Berg hinaufschlängelt. An seiner ersten Kurve gibt es eine Schutzhütte, in der wir etwas trinken und ein paar Nüsse essen.
Wieder auf dem Weg stoßen wir nach 500 Metern auf eine T-förmige Weggabelung. A1 führt nach rechts, doch wir gehen links weiter und folgen jetzt dem Wanderweg A3. Eine weitere Brücke überquerend, den Bach nun zur Rechten und leicht zu erreichen, sammelt Noam Steine, um sie ins Wasser zu werfen. Mit seinen Gummistiefeln watet er durch das seichte Wasser des Bachs. Kurz träumen wir davon, es wäre Sommer, und wir könnten unsere Füße erfrischen.
Weiter dem Weg folgend stoßen wir bald auf den Hammerteich. Jetzt haben wir etwa zwei Kilometer Weg zurückgelegt. Wir halten uns rechts des Teichs, beobachten eine Weile die Enten, die dort leben. Doch dann haben die Kinder den Spielplatz entdeckt und stürmen los.
Auch interessant
Wippe, Klettergerüst, Rutsche und Schaukel werden getestet (und auch die öffentlichen Toiletten, die es dort zum Glück gibt). Als wir weiterlaufen, entdeckt Johanna jenseits des Spielplatzes einen idealen Kletterhang. Auch der muss ausprobiert werden, ihr Bruder klettert hinterher. Dann stoßen wir auf die Straße „Hohenstein“, der wir etwa 300 Meter folgen, bevor rechts ein Fußpfad (A1, 2, 3) abzweigt. Es geht steil bergauf. Um uns anzustacheln, erfinden wir das Lied von den Bergsteigern.
Als der Weg sich verzweigt, folgen wir unserem altbekannten A1 geradeaus. Wir überqueren einen Parkplatz und befinden uns jetzt auf dem Weg X. Links des Weges verraten Schilder, welche Bäume wir hier sehen, doch Noam und Johanna sind wenig interessiert. Sie trotten müde, noch immer Wegweiser-Punkte sammelnd, weiter. Und zum Glück wartet hinter der nächsten Wegbiegung das nächste Highlight: zuerst das Wildschweingehege, ein Stück weiter gibt es noch eines mit Hirschen und Rehen. An einem Automaten kaufen wir Futter.
Wir lassen das Hirschgehege im Rücken, vor uns tauchen mehrere Imbisswagen auf: Bratwurst, Pommes, Süßigkeiten gibt es hier auch zu Coronazeiten zu kaufen. Zeit für eine größere Pause. Vor uns liegt eine große Wiese mit einem Spielplatz und in der Ferne einem Aussichtsturm. Als wir gespielt, gegessen und über das Ruhrtal geschaut haben, halten wir uns am Ende der Wiese links, um wieder der A2/A3 zu folgen. An der Kreuzung geht es rechts zurück auf A1. Nach wenigen Metern taucht ein weiteres Erlebnis dieser Wanderung auf: das Lehrbienenzentrum. An bestimmten Tagen werden hier warme Getränke und Honig verkauft. Auf Hinweistafeln lesen wir über das Leben der Biene und durch Guckfenster kann man in den Garten spähen.
Wir bleiben weiter auf A1, müssen einen weiteren Hügel überwinden, biegen links ab und sehen dann schließlich vor uns wieder den Parkplatz, von dem wir gestartet sind.
Fazit: Alles in allem ist der Weg gut machbar. Man kann in Etappen planen: der Weg entlang des Bachs, der Aufstieg auf den Hohenstein, die Wildgehege und die Bienenstation.
Sagenhafte Schätze: Route Sauerland: „Die Höhlenwanderung“ durch das Hönnetal
Länge: ca. 7 Kilometer, reine Zeit in Bewegung: etwa zwei Stunden. Unsere Gesamtzeit: etwa vier Stunden.
Bei unserer nächsten Wanderung ist Noam krank und bleibt mit Papa zu Hause. Ich gehe mit der elfjährigen Johanna allein. Wir parken am „Haus Recke“ unweit der Reckenhöhle, das jetzt im Lockdown, genauso wie die Tropfsteinhöhle, geschlossen ist. Aber wir haben unseren Proviant selbst mitgebracht und wollen eine Höhle erwandern, die offen und ohne Eintritt begehbar ist: die Feldhofhöhle, von Einheimischen auch Schafshöhle genannt.
Die Brücke über die Hönne überquert stehen wir direkt vor einer ersten Weggabelung. Wir haben die Wahl, rechts der Hönne entlang Richtung Feldhofhöhle zu wandern (ca. 2 Kilometer) – oder geradeaus, bergauf. Wir entscheiden uns für den ansteigenden Weg (V1), so dass wir die Höhle im letzten Drittel des Weges, quasi als Schlusshighlight, besichtigen können.
Etwa 300 Meter geht es recht steil und auch matschig bergauf, bis wir einen breiteren, nahezu flachen Weg erreichen und rechts weiter V1 folgen. „Der Aufstieg war sehr anstrengend, aber cool“, kommentiert Johanna. Rechts und links des Weges, der durch den Wald führt, sehen wir plätschernde Bachläufe, wo Johanna eine Weile spielt. Nach etwa einem Kilometer zweigt V1, der direkt zur Feldsteinhöhle führt, rechts ab. Würden wir diesem Weg folgen, wären wir nach insgesamt etwa drei Kilometern schon zurück am Auto. Um eine etwas größere Runde zu erlaufen, bleiben wir geradeaus auf dem breiten Weg, der jetzt „Sauerland Waldroute“ heißt und mit einem W gekennzeichnet ist. Rechts sind Wiesen und Koppeln, links der Wald.
Der Ausblick über das weite Hönnetal, Felsen im Hintergrund, ist fantastisch. Wir erklettern einen kleinen, mit Felsbrocken gespickten Hügel – und haben eine noch bessere Aussicht. Als wir weitergehen, entdecken wir zur Linken das Gut Bäingsen, einen alten mittelalterlichen Rittersitz, der heute renoviert und bewohnt ist. Wir stellen uns vor, wie es wäre, dort zu leben. Ein paar Schritte weiter gibt es am Wegesrand eine große Schautafel, die von alten gruseligen Sagen aus dem Hönnetal erzählt. Im Weitergehen dichten wir die Geschichten weiter und denken über den wahren Kern der Sagen nach.
Auch interessant
Kurz darauf erreichen wir das Dorf Brockhausen. Windschiefe Fachwerkhäuser säumen den Weg. Bei Johanna ist jetzt die Luft fürs Erste raus. Wir setzen uns auf eine Bank und essen erst einmal. Hinter uns liegen jetzt knapp drei Kilometer und eine Stunde und 15 Minuten, die wir unterwegs sind. Als wir weitergehen, nehmen wir den ersten Abzweig im Dorf rechts und gehen bergab, bis wir auf einen Feldweg stoßen, dem wir, ebenfalls rechts, folgen. Er führt direkt auf die Burg Klusenstein zu. Da die Burg bewohnt ist, ist das Betreten des Geländes leider verboten. Wer besser vorbereitet ist, als wir es sind, kann jetzt vielleicht eine kleine Geschichtsstunde einlegen, erzählen, wer früher hier lebte, wem sie heute gehört. Und mehr von dem Sagenschatz des Hönnetals zum Besten geben. Wir aber sind es nicht, also denken wir uns etwas aus. Johanna beginnt eine haarsträubende Geschichte zu erspinnen, über ein geraubtes Burgfräulein und die Suche nach dem Vater, dem König. Die Geschichte wird uns den gesamten restlichen Weg begleiten.
Direkt vor der Burg gehen wir wiederum nach rechts, erst über einen kaum auszumachenden Wiesenweg, dann geradeaus in den Wald. Dort halten wir uns halb links und stoßen bald wieder auf V1, den Weg der zu der Feldhofhöhle führt. Die Höhle ist groß – viel größer, als erwartet. An ihrem Ende zweigt sogar links noch ein Seitenarm ab. Folgt man ihm, steht man schließlich in einem riesigen Gewölbe. Aus dem Boden wachsen kleine Salzsäulen, die Decke glitzert wie vergoldet.
Zurück im Tageslicht und einige Meter weiter dem Pfad folgend haben wir guten Blick auf die Felsformation „Sieben Jungfrauen“. Im Vergleich zur Höhle eher unspektakulär, doch auf einer Schautafel erfahren wir die dazugehörige Sage, sodass die Jungfrauen doch noch einen gewissen Reiz bekommen.
Die letzten 1,5 Kilometer legen wir entlang der Hönne zurück. Es ist malerisch und ab und zu sehen wir rechts am Hang kleinere Öffnungen im Fels, die wir wohl erkunden würden, wenn wir nicht schon erschöpft wären...
Fazit: Der Weg ist abwechslungsreich und die Landschaft lädt zum Fantasieren ein. Absolutes Highlight bleibt aber die Höhle. Unbedingt eine gute Taschenlampe einpacken!
>>>Drei Tipps, damit das Wandern mit Kindern gelingt
Die richtige Ausrüstung: Man muss sich nicht vorher im Outdoorladen mit atmungsaktiven Jacken oder wandelbaren Hosen eingedeckt haben. Aber gut passende Schuhe mit starkem Profil sind wichtig, bequeme Kleidung, in der man weder schwitzt, noch friert – und ausreichend Getränke. Außerdem wichtig für die jeweilige Tour sind Taschenlampe und Fernglas.
Keine Hektik: Wie heißt es so schön? Der Weg ist das Ziel. Es geht nicht darum, möglichst viele Kilometer zu erwandern, sondern darum, draußen gemeinsam etwas zu erleben. Und wenn dann unterwegs Steinchen geworfen, Käfer beobachtet oder Stöckchen gesammelt werden müssen, dann sollte man den Kindern auch die Zeit geben. Dann laufen sie nämlich weiter, um zu gucken, ob hinter der nächsten Kurve eine Tanne ihre Zapfen abgeworfen hat.
Unterwegs vom Laufen ablenken: Lieder singen, Spiele wie „Ich sehe was, was du nicht siehst“ spielen, kleine Rätsel und Entdeckeraufgaben, Geschichten zur Umgebung – all das lenkt die Kleinen davon ab, dass sie einen Fuß vor den anderen setzen sollen.
Hier finden Sie noch mehr Freizeit-Tipps für NRW: