Witten. Wir wollten wissen, ob Pfarrerinnen und Pfarrer in Witten am strengsten Fastentag wirklich Abstinenz üben - und haben Überraschendes erfahren.
In der Fastenzeit sollten katholische und evangelische Pfarrerinnen und Pfarrer als gute Vorbilder vorangehen und allen Versuchungen widerstehen. Vor allem der Karfreitag gilt als strenger Fasten- und Abstinenztag. Wir haben nachgefragt, was da in Wittener Pfarrhäusern tatsächlich auf den Tisch kommt. So viel vorweg: Fleisch ist tatsächlich nicht dabei.
„Ich bin sowieso Vegetarierin und das ist an Karfreitag natürlich nicht anders“, sagt zum Beispiel Julia Holtz (61). Die Superintendentin des Ev. Kirchenkreises Hattingen-Witten lässt es an Karfreitag trotzdem noch etwas karger angehen. Ein einfaches Essen wird auf dem Tisch stehen - da muss auch ihr Mann mitziehen. Dabei ist Pfarrer Christian Holtz eigentlich leidenschaftlicher Fleischesser, wie seine Frau verrät.
Superintendentin kocht arabisches Gericht
Lange haben die beiden diskutiert. Und sich dann auf ein arabisches Gericht geeinigt, das Julia Holtz bei ihrem einjährigen Aufenthalt in Palästina kennengelernt hat: Megadarra - eine Speise, die aus Linsen und Reis besteht. „Das klassische Fastenessen ist allerdings Fisch, weil Fleisch nicht erlaubt ist“, erklärt die Theologin. Also ist es inzwischen in vielen Familien Tradition, Lachs oder Forelle zu servieren.
„Eine schicke Alternative zum Fleisch“, findet Holtz. Die habe heutzutage aber in den meisten Fällen nicht mehr wirklich etwas mit dem Fasten zu tun. „Das ist ähnlich wie in der Adventszeit, die ja eigentlich auch Fastenzeit ist.“ Weil Gläubigen Kuchen nicht erlaubt war, habe man kurzerhand Plätzchen gebacken - und hat so das „Verbot“ elegant umschifft.
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Heike Bundt geht ohne Frühstück aus dem Haus
Kollegin Heike Bundt von der Ev. Trinitatisgemeinde am Steinhügel in Heven hat in der Fastenzeit seit Aschermittwoch nicht bewusst auf etwas verzichtet. „Ich konzentriere mich lieber auf die Erinnerung an das, was Gott uns in Jesus Christus geschenkt hat“, sagt die Pfarrerin. Doch an Karfreitag wird sie, die sonst nie ohne Frühstück aus dem Haus geht, bis zum Gottesdienst um 9.30 Uhr gar nichts essen. Mittags gibt es Fisch. Das war‘s für diesen Tag. Das Abendessen fällt aus. Brot und Süßigkeiten sind den lieben langen Tag tabu.
Auch Karsamstag wird es nur ein einfaches Gericht geben, vielleicht eine Suppe. „Damit sich die Essgewohnheiten deutlich von denen am Ostersonntag abheben“, sagt die 59-Jährige. Denn da kocht ihre Mutter für die Familie. Die gebürtige Schlesierin tischt ganz klassisch auf: Hefeklöße, Fleisch mit Soße und Gemüse.
Friedrich Barkey setzt auf strenge Abstinenz
Einen ganz strengen Abstinenztag hat sich Friedrich Barkey (60) auferlegt. Der leitende Pfarrer des Pastoralen Raums gönnt sich zum Frühstück eine halbe Scheibe Knäckebrot - wenn auch „mit guter Butter“. Mittags gibt es ein Kartöffelchen mit etwas Crème fraîche, abends eine Schnitte Graubrot, erneut mit Butter. „Und sonst nur Wasser“, sagt Barkey. „Das sind alte Traditionen. Da bin ich knallhart.“ Auf diese Weise versuche er nachzuempfinden, „wie es unserem Herrn Jesus ging, als dieser nichts zu essen hatte“.
Auch Karsamstag wird sich der Katholik noch in Zurückhaltung üben. „Meine Hausdame sorgt dafür, dass ich an beiden Tagen nicht über die Stränge schlage“, sagt Barkey. Es fällt ihm nicht allzu schwer, denn er kennt das so von Kindesbeinen an. Da gab‘s zuhause nur Gemüse. „Aber es tut auch mal ganz gut, sich zu mäßigen, man ist ja so übersättigt.“
Trotzdem versüßt ihm die Vorfreude auf Ostern diese Zeit, gesteht Friedrich Barkey. „Das wird ein Festgelage“, schwärmt er. „Nach sieben Wochen gibt es endlich wieder Wein.“ Und geschmortes Lamm mit allem drum und dran.
Stockumer Pfarrer backt selbst
Bei Kollege Christian Gröne (61) gibt‘s Karfreitag nur eine Mahlzeit. Zum grünen Salat backt der Pastor aus Stockum noch „Struwen“, kleine dicke Hefe-Pfannkuchen. Die münsterländische Spezialität kennt er noch von seiner Oma. In den vorangegangenen Wochen hat Gröne außerdem auf Süßes verzichtet.
Doch er sei weit davon entfernt, ein Heiliger zu sein. „Mir fällt das nicht leicht, weil ich Schokolade liebe.“ Und neulich sei er auf einer Feier bei einem Stück Nusskuchen schwach geworden. Am Osterabend ist es dann auch bei ihm vorbei mit dem Verzicht. Der Pfarrer weiß: Beim Familienessen wartet ein schönes Steak. Wir wünschen guten Appetit.
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