. Es sind schwierige Zeiten, in denen Pfarrer Barkey seinen Dienst tut. Aber er tut es mit Zuversicht. Wie ihm das gelingt, verrät er im Interview.

Er ist immer unterwegs. Fürs Interview erreichen wir Pfarrer Friedrich Barkey (54) zwischen zwei Terminen. Schnell klärt er noch etwas mit einer Besucherin im Pfarrbüro, dann kommt er rasch rüber und wirkt dabei alles andere als gestresst. Im Gespräch über Gott und die Welt verrät er, wie ihm diese Gelassenheit gelingt – und was ihn doch mal auf die Palme bringt.

Wie machen Sie das, wie halten Sie das Tempo durch?

Ach, ich bin wohl so ein Typ. „Im Rummel sticht der Segen“, hat man bei uns zu Haus gesagt. Meine Kraftquellen sind Gebet und Gottesdienst. Und jeden Tag nehme ich mir eine Auszeit von einer Stunde.

Und was machen Sie dann?

Nix. Chillen. Siesta – ich hab schließlich in Spanien studiert.

Übers Sauer- und Siegerland sind Sie dann 2004 nach Witten gekommen...

...und hier will ich bleiben. Was soll ich auch woanders? Ich fühle mich hier sauwohl. Auch in St. Marien.

Was ist die größte Baustelle?

Seit zwei Jahren sind Sie dort ja Leiter des pastoralen Raums Witten – also quasi der Chef aller katholischer Gemeinden der Stadt. Was ist denn dabei derzeit die größte Baustelle?

Das ist ganz klar die Zusammenführung der Gemeinden. Die neuen Strukturen zu schaffen, ist anstrengend. Das größte Manko derzeit ist: Über all den Verwaltungsarbeiten kommt die Seelsorge zu kurz. Das Problem muss ich lösen. Und ich bin dabei. Ich hoffe, dass ich in den nächsten zwei Jahren einen Verwaltungsleiter bekomme, der mir einiges abnimmt. Damit ich wieder frei bin für die eigentlichen Aufgaben eines Pfarrers.

Pfarrer mit Leib und Seele: Fritz Barkey beim Himmelfahrtsgottesdienst auf dem Helenenberg.
Pfarrer mit Leib und Seele: Fritz Barkey beim Himmelfahrtsgottesdienst auf dem Helenenberg. © Pollkläsener

Aber auch die werden immer mehr. 2,5 Priester und 1,5 Gemeindereferenten sieht der Personalschlüssel für ganz Witten künftig vor. Haben Sie das Gefühl, in schwierigen Zeiten zu arbeiten?

Ja. Die Bedingungen haben sich sehr verändert. Wir müssen neue Wege suchen und gehen. Aber da habe ich keine Angst vor, das wird gelingen. Unsere Kirche ist 2000 Jahre alt, die hat schon schwierigere Zeiten überstanden.

Wobei es gerade jetzt durch die Berichte über den sexuellen Missbrauch wieder viel Wirbel gibt.

Ja, das ist ganz furchtbar. Und dann in dieser Größenordnung! Das macht mich fassungslos. Aber auch sehr wütend. Denn diese Taten lassen mich als Priester unglaubwürdig werden. Und mein Ansporn ist Glaubwürdigkeit. Was ich glaube, muss ich leben. Ich denke, die Menschen haben ein feines Gespür dafür, ob der, der da vorne steht, das lebt, was er sagt. Für mich ist das die höchste Messlatte.

In Spanien traf er seine Entscheidung

Friedrich Barkey wurde in Lippstadt geboren, hat in Paderborn katholische Theologie und Philosophie studiert. Die Entscheidung, Priester zu werden, traf er erst während eines Studien-Aufenthalts in Spanien.

1989 wurde er zum Diakon geweiht, 1997 Gemeindepfarrer des streitbaren Theologen Eugen Drewermann in Paderborn, 2004 kam er dann nach Annen.

Aber noch mal zurück zu den Priesterzahlen. Wie wollen Sie das mit so wenigen Kollegen schaffen?

Wir müssen weg von der Kirche der Priester, weg vom hierarchischen Denken. Der Gemeindegedanke muss wieder mehr entdeckt werden. Eine Kirche, die an den Priestern hängt, hat keine Zukunft.

Wie soll es sonst gehen?

Die Diakone sind ein Pfund, mit dem wir wuchern können. Sie können viele Aufgaben übernehmen – Taufen, Trauungen oder Beerdigungen etwa – und sie kommen aus den Gemeinden. Auch der Dienst der Frauen kann ausgebaut werden. Sie können Wortgottesdienste leiten oder Beerdigungen. Daran werden wir uns bald gewöhnen.

Und das Frauenpriestertum?

Das wird es in Ewigkeit nicht geben. Wobei ich persönlich mir Kolleginnen gut vorstellen könnte. Aber darum geht es nicht.

Wie wollen Sie Kirche in die Zukunft führen?

Wie wollen Sie denn die Kirche in die Zukunft führen?

Es geht darum, Menschen zu befähigen, in der Gemeinde Dienst zu tun. Die große Vision ist, dass Gemeindeglieder Gemeinde leiten. Die Berufung haben wir dazu durch die Taufe, die Beauftragung muss vom Bischof kommen.

Und was ist mit der Ökumene?

Die ist ganz wichtig. Wir können nicht mehr alleine wurschteln. Deswegen gründen wir am 11. November auch den Arbeitskreis Christlicher Kirchen in Witten, in dem alle – auch die Freikirchen und die Neuapostolische Kirche – mitmachen. So haben wir mehr Gewicht, wenn wir uns politisch einmischen und als Christen unsere Stimme erheben. Außerdem gibt es den schönen Effekt, dass sich ungeahnte Kräfte entwickeln, wenn man etwas zusammen macht.

Sein Motto lautet: „Fürchte dich nicht“

Sie haben sich viel vorgenommen.

Ja, das wird ein schwerer Weg. Aber ich bin hoch motiviert. Wussten Sie, dass in der Bibel 365-mal „Fürchte dich nicht“ steht? Das ist ein schönes Motto: Ich brauche keine Angst zu haben.

Bereuen Sie trotzdem manchmal, Priester geworden zu sein?

Niemals. Ich würde immer wieder von vorne anfangen. Mir macht der Beruf große Freude. Mein größtes Problem wäre, wenn ich keinen Spaß mehr daran hätte. Dann wüsste ich wirklich nicht weiter. Denn dann würde ich es lassen, da kann ich ganz konsequent sein.

Den Spaß an der Sache merkt man Ihnen an, Sie scheinen immer fröhlich zu sein.

Ach ja, der Humor ist meine Triebkraft. Dabei geht es nicht darum, den Kasper zu machen, sondern es kommt aus dem Evangelium. Das heißt übersetzt schließlich nichts anderes als „Frohe Botschaft“.