Sprockhövel. Adina Stracke ist Hebamme in Sprockhövel. Sie erklärt, warum es immer weniger freiberufliche Hebammen gibt und wie Eltern die Bürokratie spüren.

Adina Stracke ist Hebamme in Sprockhövel. Für sie ist es ein Traumberuf, auch wenn es Schattenseiten gibt. Sie erklärt, warum die Angebote für Geburten außerhalb einer Klinik immer weniger werden und berichtet vom engen Personalrahmen auf Entbindungsstationen.

Hebamme als zweiter Berufsweg

Der Weg zum Traumberuf war für Adina Stracke kein geradliniger. Die 37-Jährige entschloss sich, mit 28 Jahren umzusatteln. In ihrem ersten Berufsleben habe sie in einer „echten Männerdomäne“ gearbeitet, heute – als Hebamme – arbeite sie vor allem mit Frauen.

Adina Stracke betreut Frauen vor und nach der Geburt.
Adina Stracke betreut Frauen vor und nach der Geburt. © dpa | Caroline Seidel

Als Mediengestalterin für Bild und Ton war sie bei der Bundeswehr beschäftigt und viel im Ausland unterwegs, 365 Tage im Jahr abrufbereit. „Ich wollte aber Familie und das ging so nicht.“ Sie machte ein Berufscoaching. „Da stellte sich dann raus, dass ich Hebamme werden wollte“, erinnert sich die zweifache Mutter. Obwohl sie während eines Praktikums zweifelte als sie „die schlimmste Geburt“ ihres Lebens sah, hielt sie an ihrem Plan fest.

Freiberufliche Hebammen

Sie bekam ihr erstes Kind, machte während der Elternzeit ein weiteres sechsmonatiges Praktikum und schloss die Ausbildung an. Im Januar 2015 eröffnete sie gemeinsam mit Sarah Heller das Hebammenwerk Grüner Weg in Sprockhövel.

Wenngleich Stracke ihren Traumberuf ausüben kann, weiß sie um die vielen Nachteile. Sie und die anderen Hebammen in der Praxis arbeiten freiberuflich. Die Abrechnungen mit den Kassen und die Steuererklärung gehören zum Berufsalltag. „In den letzten drei Jahren gab es bestimmt drei vier Änderungen bei den Abrechnungen. Die Bürokratie schreckt viele ab“, weiß Stracke.

Schwierige Bedingungen auf Entbindungsstationen

Kurse und Kontakt

Neben Einzelgesprächen finden im Hebammenwerk Grüner Weg auch Kurse statt: Von Schwangerschaftsyoga, über Babymassage bis Trageberatung.

Im Sommer haben die Hebammen das erste Mal eine Wochenbettsprechstunde angeboten, um den Hebammenmangel in der Ferienzeit etwas aufzufangen. „Das Angebot sollte eine kleine Lücke schließen.“

Das Hebammenwerk ist erreichbar per E-Mail info@hebammenwerk-gruener-weg.de oder telefonisch unter 02339/ 90 89 288 (Anrufbeantworter). Informationen gibt es auch auf www.hebammenwerk-gruener-weg.de

Doch auch auf einer Entbindungsstation im Krankenhaus seien die Arbeitsbedingungen schwierig. Stracke machte ihre Ausbildung in Witten. Damals wurden dort 2000 Geburten im Jahr verzeichnet. Sie vermutet, dass es mittlerweile mehr seien. Nicht zuletzt, weil immer mehr Krankenhäuser die Entbindungsstationen abschaffen.

Das Problem sei, dass das Personal in den verbleibenden Stationen nicht aufgestockt würde. Drei Frauen in den Wehen wurden in Witten von einer Hebamme betreut. Die „gesündere Alternative zum Kreißsaal“ sei die außerklinische Geburtshilfe, meint Stra cke. Bei Hausgeburten oder in Geburtshäusern könnten die gebärenden Frauen viel besser betreut werden.

Auch interessant

Teure Versicherung für Geburten

Auch interessant

Nur werden diese Angebote immer rarer. Der Grund: die Kosten für die berufliche Haftpflichtversicherung steigen immer weiter. Bei 9700 Euro im Jahr liegen sie mittlerweile. Aus diesen Kostengründen und weil Stracke ihre kleinen Kinder betreut, hat sie sich entschieden, nur die Vorsorge und Wochenbettbetreuung anzubieten. Erst wenn die Kinder aus dem Haus seien, könne sie sich durchaus vorstellen, auch Geburten zu begleiten.

Heute ist es so, dass in ihre Praxis Frauen kommen, sobald sie wissen, dass sie schwanger sind. Gesetzliche Krankenkassen zahlen werdenden Müttern in einem festgelegten Rahmen sowohl die Besuche beim Gynäkologen als auch bei der Hebamme. Stracke steht den Frauen, die sie betreut, mit Rat und Tat zur Seite. „Wenn eine Frau mich anruft, weil sie ein ungutes Gefühl hat, dann kann sie herkommen und wir hören die Herztöne ab.“ Hebammen seien der „Sicherheitsanker“. Frauenärzte könnten in diesem Umfang nicht betreuen.

Nachbetreuung der Mütter

Auch interessant

Nach der Geburt sind die Hebammen ebenfalls für die Eltern und das Neugeborene da: Sabrina Wagner ist mit ihrer 16-monatigen Tochter Lilly zum Gespräch bei Hebamme Sarah Heller. Kennengelernt haben sich die zwei Frauen bei der Rückbildungsgymnastik. „Während der Schwangerschaft hatte ich keine Hebamme und Sarah war mir gleich sympathisch“, erzählt die Mutter. Heute ist sie zum zweiten Mal hier und bespricht mit Sarah das Thema Abstillen. „Wir betreuen bis open End“, meint Stracke. „Frauen haben das Anrecht auf eine Hebamme, solange sie stillen.“

Alles zum Kreißsaal-Check

Diese Krankenhäuser in der Region haben im Kreißsaal-Check unsere Fragen beantwortet:

Bocholt

Kreißsaal-Check: Das St. Agnes-Hospital in Bocholt

Bochum

Kreißsaal-Check: Die Augusta-Kranken-Anstalt in Bochum

Kreißsaal-Check: Das St. Elisabeth-Hospital in Bochum

Bottrop:

Kreißsaal-Check: Das Marienhospital in Bottrop

Dinslaken:

Kreißsaal-Check: Das St. Vinzenz-Hospital in Dinslaken

Duisburg:

Kreißsaal-Check: Das Bethesda Krankenhaus in Duisburg

Kreißsaal-Check: Die Sana Kliniken in Duisburg

Kreißsaal-Check: Das Krankenhaus St. Anna in Duisburg

Kreißsaal-Check: Die St. Johannes Klinik in Duisburg

Düsseldorf:

Kreißsaal-Check: Das Evangelische Krankenhaus in Düsseldorf

Kreißsaal-Check: Das Sana Krankenhaus in Düsseldorf-Benrath

Kreißsaal-Check: Das Florence-Nightingale-Krankenhaus Düsseldorf

Essen:

Kreißsaal-Check: Das Elisabeth-Krankenhaus in Essen

Kreißsaal-Check: Das Marienhospital in Essen-Altenessen

Kreißsaal-Check: Das Universitätsklinikum in Essen

Kreißsaal-Check: Das Alfried Krupp Krankenhaus in Essen

Geldern:

Kreißsaal-Check: Das St.-Clemens-Hospital in Geldern

Gelsenkirchen:

Kreißsaal-Check: Das Marienhospital in Gelsenkirchen

Kreißsaal-Check: Sankt Marien-Hospital Buer in Gelsenkirchen

Herne:

Kreißsaal-Check: Das Marien Hospital in Herne

Kreißsaal-Check: Das St. Anna Hospital in Herne

Kleve:

Kreißsaal-Check: Das St. Antonius-Hospital in Kleve

Moers:

Kreißsaal-Check: Das Krankenhaus Bethanien in Moers

Kreißsaal-Check: Das St. Josef Krankenhaus in Moers

Mülheim:

Kreißsaal-Check: Das Evangelische Krankenhaus in Mülheim

Oberhausen:

Kreißsaal-Check: Das Evangelische Krankenhaus in Oberhausen

Kreißsaal-Check: Das Katholische Klinikum in Oberhausen

Velbert:

Kreißsaal-Check: Das Helios Klinikum Niederberg in Velbert

Wesel:

Kreißsaal-Check: Das Marien-Hospital in Wesel

Witten:

Kreißsaal-Check: Das Marien Hospital in Witten

Kreißsaal-Check: Unsere weitere Berichterstattung zum Thema:

  • Die Stadt Hattingen hat seit 2007 keine Geburtsstation mehr. Werdende Eltern sollten die Entbindung und Betreuung durch eine Hebamme sehr früh planen. Lesen Sie hier mehr.
  • Hebamme Regine Hoffmann aus Witten begleitet bis zu 300 Schwangere jährlich – seit mehr als 40 Jahren. In ihren Vorbereitungskursen räumt sie mit längst überholten Weisheiten auf: „Hecheln ist mega-out!“ Lesen Sie hier mehr.
  • In Dortmund und Duisburg können werdende Mütter ihren Nachwuchs im Fußball-Kreißsaal auf die Welt bringen. Die Nachfrage bei den Fans ist groß. Lesen Sie hier mehr.
  • Adina Stracke ist Hebamme in Sprockhövel. Sie erklärt, warum es immer weniger freiberufliche Hebammen gibt und wie Eltern die Bürokratie spüren. Lesen Sie hier mehr.
  • Eine Hebamme erklärt, warum der Babyblues nicht ungewöhnlich, eine Wochenbett-Depression aber gefährlich ist. Lesen Sie hier mehr.
  • Das Baby von BVB-Star Marco Reus kam in Witten zur Welt. Ein BVB-Fan tröstet sich damals im April 2019 so: „Solange sie nicht in Gelsenkirchen geboren ist, ist alles gut. Hauptsache, im Meisterschaftsjahr.“ Lesen Sie hier mehr.
  • Die Elternschule Essen hat in Rüttenscheid Räume gefunden. Die hohe Kurs-Nachfrage zeigt: Auch in Essen gibt es einen Hebammenmangel. Lesen Sie mehr.
  • Im Marienhospital Bottrop bahnt sich ein Geburtenrekord an. Schon im Oktober zählte das Krankenhaus die 1000. Geburt am MHB. So lautet seine Prognose für 2019.
  • In Deutschland sind Hausgeburten eher Ausnahme als Norm, in den Niederlanden sind es hingegen 13 Prozent. Warum Hausgeburten in den Niederlanden beliebter sind.

Kreißsaal-Check: Geburtsstationen aus der Region:

Zur interaktiven Karte