Oberhausen. Das als weltweit einzigartig angekündigte Rainer-Schaller-Leuchtturmprojekt „The Mirai“ wird in Oberhausen nun doch nicht verwirklicht.
- In Oberhausen sollte für hundert Millionen Euro ein Vorzeigeprojekt für die Fitnessbranche entstehen
- Dem Vorhaben nach sollten hier täglich tausende Freizeitsportler trainieren
- Wegen der Corona-Pandemie scheitert der Plan nun
Das vor drei Jahren mit markigen Worten präsentierte Leuchtturmprojekt „The Mirai“ („Die Zukunft“) in Oberhausen ist endgültig Geschichte. Rainer Schaller, Gründer der McFit-Studio-Kette und vieler Ableger, hat sich von seinem Traum verabschiedet, in den alten Industriehallen in der Nähe des Einkaufszentrums Centro sein internationales Vorzeigeprojekt zu verwirklichen – das „Silicon Valley der Fitness“.
Geplant war eine Investition von hundert Millionen Euro – 50 Millionen Euro wollte die Rainer-Schaller-Group (RSG) selbst aufbringen, 50 Millionen Euro sollten Sponsoren (Krankenkassen, Gesundheits- und Fitnessanbieter) liefern. Hauptgrund für die Absage des Fitnesstempels mit Dauer-Branchen-Messe ist nach Angaben von „The Mirai“-Geschäftsführer Yüce Yücel die Corona-Pandemie.
In Oberhausen Freizeitsport ohne Mitgliedsbeitrag
An der Kreuzung Essener Straße/Konrad-Adenauer-Allee sollte auf 55.000 Quadratmetern eine weltweit einzigartige Plattform der Fitness- und Gesundheitsbranche entstehen: In dem Messe- und Kongresszentrum sollten täglich Tausende Freizeitsportler ohne Mitgliedsbeitrag an modernsten Fitnessgeräten trainieren, Geräte- und Computer-Produzenten ihre Produkte und Innovationen präsentieren, Wissenschaftler anhand der Daten der trainierenden Menschen Geräte und Übungen weiterentwickeln. Sogar ein Fernsehstudio zur Produktion von Fitnessfilmen war geplant. Und das alles im 365-Tage-Betrieb.
„Wir haben uns für diese endgültige Entscheidung lange Zeit genommen, um Optionen zu prüfen. Wir bedauern die Absage dieses einzigartigen Projektes in Oberhausen sehr, aber uns blieb angesichts der schwerwiegenden Folgen der Corona-Pandemie für die Fitness- und Freizeitbranche nichts anderes übrig“, sagt Yücel im Gespräch mit der Redaktion.
„Wir gehen nicht mehr davon aus, dass es durch die anhaltende Pandemie in den nächsten Jahren überhaupt noch einmal Veranstaltungen mit Tausenden von Besuchern in Hallen geben kann. Damit ist aber der Wesenskern des Projekts ‚The Mirai‘ vor Ort getroffen – und Mirai kann nicht so verwirklicht werden, wie wir es erdacht haben.“
Hohe Investitionen bereits getätigt
Nach eigenen Angaben muss das Unternehmen nun eine hohe Investitionssumme im einstelligen Millionenbereich abschreiben, die es seit der „Mirai“-Ankündigung im Sommer 2017 in Planung, Konzepte und Bauunterlagen für die Stadt gesteckt hat. Der Zehn-Jahres-Pachtvertrag mit dem Hallen-Eigentümer soll aufgelöst werden.
Fitnessbranchen-Manager Yücel weist zugleich auch Spekulationen und Gerüchte von Skeptikern zurück, die dem Selfmade-Millionär Rainer Schaller schon von Beginn an vorgehalten haben, sein Oberhausener Projekt sei so sehr eine ambitionierte Vision mit vielen verträumten Ideen, dass es nie eine Chance auf eine wirtschaftliche Realisierung habe. „Wir haben das Projekt mit so viel Einsatz von Fachleuten und Geld vorangetrieben, dass es realisierbar war: Wenn es Corona nicht gegeben hätte, dann würden wir heute auf dem Gelände bauen.“
Auch interessant
Ein entscheidender Grund, das Mirai-Projekt endgültig zu kippen, war neben der schlechten Aussicht für Veranstaltungen mit Zuschauermassen allerdings auch die Situation der Sponsoren.
Nach Aussagen von Yücel war das Interesse der Fitness- und Gesundheitsbranche an „The Mirai“ groß, es gab sogar schon feste Verträge. Doch spätestens mit dem zweiten Corona-Lockdown ist klar: Viele Anbieter von Freizeit- und Fitnessbegegnungen haben Probleme, sich wirtschaftlich über Wasser zu halten – sie müssen sich jetzt erst mal um das Überleben ihres Unternehmens kümmern, statt Geld in Visionen zu stecken.
Erste Reaktion der Stadt: enttäuscht, aber verständnisvoll
Oberbürgermeister Daniel Schranz (CDU) reagierte im Gespräch mit der Redaktion enttäuscht, aber doch verständnisvoll auf die Absage des über Jahre von ihm unterstützten Leuchtturmprojektes von Rainer Schaller: „Das ist sehr schade, als Stadt bedauern wir das sehr, da The Mirai sehr gut zu den Attraktionen der Neuen Mitte gepasst hat. Doch man muss angesichts der wirtschaftlich gravierenden Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Fitnessbranche durchaus Verständnis dafür aufbringen, dass man jetzt nicht in neue Projekte investiert.“
The Mirai als digitale Entwicklungsplattform
Das Projekt „The Mirai“ ist zwar vor Ort gescheitert, es soll aber nach Aussagen der Rainer-Schaller-Group (RSG) virtuell als digitale Fitnessplattform weitergeführt werden. Das Unternehmen geht davon aus, dass Menschen künftig verstärkt privat trainieren.
Auf freiwilliger Basis sollen mittels Internet und digitalen Geräten Fitness-, Gesundheits- und Bewegungsdaten (etwa Geschwindigkeit der Bewegung, Ermüdungsgrad des Muskels) in einem sicheren Daten-Hub gespeichert, von künstlicher Intelligenz analysiert und aufbereitet werden. Mit Hilfe dieser Daten sollen Wissenschaftler die Forschung und Entwicklung im Gesundheitsbereich vorantreiben.
Die Entscheidung über die Absage an Oberhausen ist nach Angaben des „The Mirai“-Geschäftsführers erst vor kurzem gefallen. Das Projekt soll als digitale Fitnessplattform weitergeführt werden, um mit Hilfe aktueller Daten von Fitnesssportlern innovative Projekte der Branche zu realisieren. An die dreijährige Zusammenarbeit mit dem Rathaus denkt Yüce Yücel gerne zurück: „Die Stadt Oberhausen hat sich beispielhaft verhalten, wie man es sich als Investor nicht besser wünschen kann: Es gab enge Kontakte, kurze Wege, volle Unterstützung und schnelle Entscheidungen.“
So berichteten wir über das McFit-Projekt The Mirai
28. Oktober 2020: Traum von McFit-Gründer Schaller geplatzt?
26. August 2020: Fitnessprojekt The Mirai vorerst auf Eis gelegt
18. Juni 2020: McFit lässt 40-Meter.Turm am Centro bauen
2. Januar 2020: Fitnesstempel Mirai plant Baustart noch 2020
15. August 2019: Fitness-Tempel Mirai am Centro verzögert sich
9. Mai 2019: Ex-Herzblatt-Moderator wird neuer Chef beim Fitnesstempel
8. April 2019: So sieht es in den hallen von Mirai neben dem Centro aus
3. März 2019: Neuer Fitness-Leuchtturm von McFit kostet 100 Millionen Euro
21. Februar 2019: Ab 2021 kommen Fitness-Filme direkt aus Oberhausen
24. Januar 2019: Erste Fitness-Weltmeisterschaft startet am Centro Oberhausen
27. Dezember 2018: Fitnesshalle Mirai in Oberhausen heizt künftig mit Eis
5. Dezember 2018: McFit baut in Oberhausen das Silicon Valley der Fitness
16. November 2018: The Mirai will in Oberhausen 2019 mit Umbau starten
2. September 2018: Kommentar: Über McFit, die Loveparade und neue Investitionen in Oberhausen
29. August 2018: McFit plant Forschungszentrum in weltgrößter Fitnesshalle
6. Juli 2018: Fitnesswelt The Mirai hat schon über 60 Partner
23. Februar 2018: Umbau zu weltgrößtem Fitnesstempel Mirai beginnt noch 2018
23. Februar 2018: Was McFit im Fitnesstempel The Mirai für Besucher plant
2. September 2017: IHK lobt Strahlkraft des Fitnesstempels für Oberhausen
31. August 2017: Centro-Manager beurteilt weltgrößten Fitness-Tempel kritisch
30. August 2017: Oberhausen erhält den größten Fitness-Tempel der Welt