Er ist moralisch verantwortlich für das Loveparade-Desaster des Jahres 2010 in Duisburg: Darf Rainer Schaller in der Region jetzt investieren?
Rainer Schaller hat mit einer einfachen Idee viel erreicht: Der Edeka-Kaufmann aus Oberfranken übertrug 1997 das Discounter-Konzept „einfach, billig und gut“ auf die Fitnessbranche, gründete in Oberhausen und Bochum 2000 seine ersten McFit-Filialen außerhalb Bayerns und besitzt heute die mitgliederstärkste Fitnesskette Europas. Als ideale Werbeplattform für McFit holte Schaller die Technospektakel-Reihe Loveparade mit vielen fitten jungen Leuten ins Ruhrgebiet, war Veranstalter, Sponsor, Geschäftsführer der ausrichtenden Gesellschaft Lopavent – bis zum Tag der Tragödie am 24. Juli 2010 in Duisburg: 21 junge Menschen wurden im Gedränge der Massen auf seiner Loveparade totgetrampelt – eine Katastrophe durch multiples Versagen vieler Beteiligter. Und nun will Schaller in Oberhausen am Centro 20 Millionen Euro investieren – in sein Vorzeigeprojekt „The Mirai“, eine ständige Fitnessmesse mit kostenlos zu benutzenden Fitnessgeräten, mit einem Forschungszentrum, mit Tagungs-Möglichkeiten und innovativen Trainingschancen.
Es gibt Menschen im Ruhrgebiet, die sich fragen: Darf Schaller das? Will die Region das wirklich? Ist Schaller als Loveparade-Verantwortlicher mit seinen Investitionen noch tragbar? Es gibt dazu einige wenige, aber um so markantere Stimmen in Online-Foren oder am Lesertelefon, die diese Fragen mit Nein beantworten. Und die uns kritisieren, weil wir das neue Lebenswerk-Projekt von Schaller in Oberhausen ausführlich darstellen und in diesem Stadium in Kommentaren positiv würdigen.
Deshalb dazu vier Grundsätze aus unserer Sicht. Erstens: Wir berichten ausführlich, damit sich jeder Leser selbst eine Meinung zum Projekt bilden kann. Zweitens: Schaller ist moralisch verantwortlich für das Loveparade-Desaster, das hat er selbst mehrfach eingeräumt und eine Soforthilfe für Opfer ins Leben gerufen. Die Staatsanwaltschaft sieht keine juristische Schuld bei Schaller, er wurde nie angeklagt, wurde als Zeuge im Düsseldorfer Prozess gehört.
Drittens halten wir es unabhängig vom Fall Schaller grundsätzlich für falsch, Menschen, die schwere Fehler gemacht, die schwere Schuld auf sich geladen haben, dauerhaft ihr restliches Leben lang aus der Gesellschaft auszuschließen. Selbst bei Schwerverbrechern ist es in der Regel das Ziel eines Rechtsstaats, diesen nach Verbüßen seiner Strafe wieder einzugliedern.
Und viertens: Menschen sollte man niemals eindimensional beurteilen. Man kann Schallers unternehmerische Leistung würdigen, seine Investitionen und Ideen begrüßen und trotzdem sein organisatorisches Versagen bei der Loveparade brandmarken.