Oberhausen. . Im Interview verspricht „The Mirai“-Chef Ralph Scholz, in Oberhausen den weltweit größten Fitness-Freizeitpark zu schaffen – ganz ohne Eintritt.

Herr Scholz, Sie haben als Manager der Fitnessmesse Fibo die Zahl der Besucher in vier Jahren verdoppelt. Wieso haben Sie ein solches Erfolgsprojekt sausen lassen, um hier in Oberhausen mit der größten Fitnesshalle der Welt „The Mirai“ ein riskantes Abenteuer einzugehen?

Scholz: So riskant ist das nicht, für mich ist das eine sehr reizvolle Aufgabe. Denn „The Mirai“ ist die konsequente Fortentwicklung einer Fitnessmesse wie der Fibo. Diese findet nur vier Tage im Jahr statt, „The Mirai“ bietet die Plattform für neueste Produkte der Fitnessbranche an 365 Tagen im Jahr an. Wir wollen mit unserer spannenden Erlebniswelt mehr Menschen als bisher für das Thema Fitness begeistern.

Aber wie wollen Sie genug Einnahmen generieren, dass Sie den hohen Kostenblock refinanzieren können?

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Bei solch einem einzigartigen Projekt darf man sich tatsächlich nicht auf ein einziges Geschäftsmodell verlassen, sondern muss mehrere Einnahmefelder in den Blick nehmen. So erzielen wir Einnahmen durch die Nutzer selbst, durch Geschäftsleute über das Showroom-Konzept, also die Vermietung von Standflächen in den Hallen, sowie durch Forschung – und auch durch ein Angebot von Kongressen und Schulungen. Stellen bei uns Fitnessfirmen aus, nehmen sie automatisch auch an allen Spezialmessen und Kongressen teil, die wir planen – ohne neue Aufbau- und Umbaukosten. Das Interesse der Branche an „The Mirai“ ist sehr groß.

McFit-Eigentümer Rainer Schaller hat angekündigt, dass die Menschen im Oberhausener „The Mirai“ Sport treiben können, ohne Mitgliedsbeitrag zahlen zu müssen. Wie soll das aufgehen?

Die Hallen auf dem 55.000 Quadratmeter großen Gelände an der Oberhausener Straße Alte Walz/Essener Straße sind riesengroß. 
Die Hallen auf dem 55.000 Quadratmeter großen Gelände an der Oberhausener Straße Alte Walz/Essener Straße sind riesengroß. 

Tatsächlich soll jeder bei uns Fitnessangebote kostenlos ausprobieren können. Denn es sind derzeit zwar zwölf Prozent der Menschen Mitglied in einem Fitnessstudio, doch 88 Prozent sind es eben nicht. Viele empfinden den ersten Gang zu Fitnessstudios als Hemmschwelle. Diese wollen wir schleifen: Fitness mit viel Spaß ist ohne Hürden machbar. Damit erschließen wir Fitnessstudios neue Kundenschichten. Der entscheidende Schritt ist, Fitness erst einmal erlebbar zu machen, ohne dass man mindestens ein Jahr Mitglied werden muss.

Müssen die Hobbysportler am Ende doch pro Fitnessgerät zahlen?

Nein, das Grundprinzip ist gesetzt: Man kann alle Geräte kostenlos ausprobieren und trainieren. Allerdings wollen wir zusätzliche Servicedienste gegen Bezahlung anbieten, etwa individuelle Trainingseinheiten mit Profis.

Das Kostenlos-Angebot würde aber doch bedeuten: Die Fitnessstudios in der Umgebung gehen dann pleite.

Nein, das ist nicht der Fall, denn „The Mirai“ ist ein Leuchtturmprojekt, bei dem man Fitness mit Spaß erleben kann und mal neue Trainingsmethoden ausprobiert. The Mirai ist durch seine Größe nicht primär für den Alltag gedacht. Dadurch wird die Existenz der Fitnessstudios nicht negativ beeinträchtigt. Wir erarbeiten mit den Fitnessstudios ein Konzept, dass man bei uns Geräte ausprobieren kann, aber danach fürs tägliche schnelle Training Mitglied in einem Studio wird.

Ihr Konzept ist vielen noch unklar. Was werden die Bürger in den Hallen Attraktives finden? Ein paar Fitness-Fahrräder und Trampoline reichen doch wohl nicht aus.

In der Halle will Ralph Scholz Erlebniswelten schaffen, bei denen Fitnessübungen richtig Spaß machen – etwa mit Kletternetzen für Erwachsene.  
In der Halle will Ralph Scholz Erlebniswelten schaffen, bei denen Fitnessübungen richtig Spaß machen – etwa mit Kletternetzen für Erwachsene.  

Das stimmt. Wir zeigen alle Fitness-Systeme, die derzeit am Markt erhältlich sind. Zusätzlich installieren wir Erlebnisinseln, etwa einen Balance-Park, einen Parcours, Virtual-Reality-Sport oder eine Laufstrecke. Wir wollen damit die Menschen erreichen, die mit Fitness bisher nichts zu tun hatten. Das geht nicht, wenn wir da einfach tausend Geräte hinstellen. Der eigentliche Kern ist, sich selbst zu bewegen: Ob für Kinder oder für Ältere – Bewegung soll Spaß machen und kein Zwang sein.

Planen Sie auch draußen Attraktionen? Oder drinnen Wasserbecken?

Ralph Scholz führt das Oberhausener Prestigeobjekt der McFit-Kette von Gründer Rainer Schaller. Es soll ein Fitness-Freizeitpark der Zukunft werden.
Ralph Scholz führt das Oberhausener Prestigeobjekt der McFit-Kette von Gründer Rainer Schaller. Es soll ein Fitness-Freizeitpark der Zukunft werden.

Wir bauen kein 50-Meter-Olympia-Becken in unsere Hallen, aber wir installieren einen Aqua-Fitnessbereich – etwa für Senioren, die schonend trainieren müssen. Außen ist ein Outdoor-Trimmbereich geplant – mit Geräten, die auch in Parks stehen könnten. Der Wald wird zwar keinen Klettergarten erhalten, aber einen Trimmpfad, um das Thema „Fitness draußen“ zu inszenieren.

Ist daran gedacht, dass Schulklassen bei Ihnen auch Schulsport betreiben können?

Ein klares Ja. Wir planen sogar eine Schulsporthalle der Zukunft. Denn wir haben das Ziel, dass die Oberhausener Schulsportklassen bei uns trainieren können. So erkennen wir, wie unsere Trainingsvarianten bei Kindern und Jugendlichen ankommen. Wir freuen uns auch über jeden Sportverein, der unsere Fitnessprogramme absolviert. Im weiteren Schritt fokussieren wir uns auf Senioren: Wie schaffen wir es, deren Beweglichkeit zu erhalten? Wir wollen da keine Marathonläufer heranzüchten, sondern es geht darum, wie man schnell aus dem Bett kommt, wie man sicher eine Treppe heruntergeht. Wir wollen selbst für Pflegebedürftige Angebote schaffen, die deren Fitness erhöht.

Planen Sie auch eine Kombination von Fitness und Computerwelten, um von Computerspielen begeisterte Jugendliche zu gewinnen?

Geplante virtuelle Welten mit Computerspielen in der neuen Fitnesshalle.  
Geplante virtuelle Welten mit Computerspielen in der neuen Fitnesshalle.  

Tatsächlich möchten wir die Menschen in Bewegung bringen, indem wir sie da abholen, wo sie sind. Wenn wir mit der Industrie eine virtuelle Spiellandschaft entwickeln, die durch Bewegung lebendig wird, würden wir das anbieten.

Trotz aller Fitnessstudios bewegen sich die Menschen immer weniger.

Da setzen wir auf Selbstmotivation: Wenn wir zeigen, dass Bewegung Spaß macht, dann erzeugt das eine Eigendynamik. Dies ist absolut notwendig, um unsere körperlichen Fähigkeiten zu erhalten: Denn im Zuge der weiteren Digitalisierung werden wir sehen, dass uns bequeme Techniken wie autonomes Fahren oder der Online-Lieferservice, noch mehr davon abhalten, uns zu bewegen. Unsere Reaktionsgeschwindigkeit, Feinmotorik oder Kondition – das alles wird immer weiter abnehmen, wenn wir die Menschen nicht zur Bewegung animieren.

Datenverkauf gehört nicht zum Geschäft 

Auch wenn erst einmal alles kostenlos ausprobiert werden kann – muss man sich für den Besuch anmelden?

Ja, es kann nicht jeder reinkommen, ohne dass wir wissen, um wen es sich da handelt. Es wird eine Anmeldeprozedur geben, die laut jetziger Planung auch Zeitfenster des Besuchs beinhaltet. Wir möchten verhindern, dass sich Besucher vor dem Eingang knubbeln und sich lange Schlangen bilden. Dafür benötigen wir einen möglichst genauen Überblick über die Zahl der Besucher, die zu einer bestimmten Stunde zu uns kommen wollen. Spontan geht das natürlich auch, aber wie im Restaurant: Wenn man nicht reserviert hat, muss man vielleicht warten.

Der Besuch bei „The Mirai“ ist zwar kostenlos, aber bezahlen die Gäste den Besuch indirekt durch ihre Daten, die Sie dann verkaufen?

Nein, Datenverkauf gehört nicht zu unserem Geschäftsmodell. Der Begriff „Daten“ gefällt mir dabei nicht, sondern es geht uns um Information. Für die Fitnessanbieter ist es spannend zu wissen, wie die Besucher ihre Geräte benutzen – welche Angebote diese intensiv wahrnehmen. Es geht uns nicht dabei um das Verhalten des Einzelnen, sondern aller Besucher – nur so kann die Industrie ihre Produkte verbessern. Wir werden Besucher aber auch fragen, ob sie an Forschungsprogrammen teilnehmen möchten.

Rechnen Sie eher mit Einmalbesuchern wie bei Freizeitparks oder mit Stammbesuchern?

Es wird beides geben. Allerdings treten wir ja eben nicht als Ersatz für eine normale Mitgliedschaft in einem Fitnessclub an, sondern wer zu uns kommt, will Fitness außergewöhnlich erleben. Das macht man nicht täglich: „The Mirai“ ist etwas Besonderes – das gönne ich mir.

Wird die Halle 24 Stunden öffnen?

Nein, mit Sicherheit nicht. Wir bieten keinen 24-Stunden-Service, das geht von der Anlage des Gesamtprojekts nicht. Wir werden wohl gegen 8 öffnen und gegen 21 Uhr schließen.

Wie sehr helfen Ihnen die Besucherströme ins Centro: Werden nach dem Einkauf Leute zu Ihnen kommen, um im Muskelshirt zu trainieren?

Ja genau – und umgekehrt auch. Wir kooperieren mit dem Centro und erwarten, dass wir beide profitieren. Wir sind ja ein Fitness-Freizeitpark ohne größere Verkaufs- und Imbissflächen. Unsere Zielgruppe kann anschließend ins Centro gehen, um zu shoppen oder etwas zu essen.

Ist schon absehbar, wann Sie mit dem Umbau starten können?

Es steht und fällt alles mit der Baugenehmigung. Wir hoffen, dass wir im zweiten Halbjahr 2018 mit dem Bau beginnen. Ende 2019/Anfang 2020 wollen wir „The Mirai“ eröffnen.

Die Ängste der Anwohner 

Wie viele Menschen werden Sie nach Ihren Prognosen mit „The Mirai“ nach Oberhausen locken?

In einem Umkreis von zwei Stunden Fahrzeit leben 22 Millionen Menschen. Wer sich für Fitness interessiert, wird natürlich bei so einer Fahrzeit nicht täglich kommen, sondern „The Mirai“ als besonderes Ereignis besuchen. Wir werden vor allem durch besondere Veranstaltungen auf uns aufmerksam machen – und können deshalb die Besucherströme in Absprache mit dem Centro recht gut lenken.

Dies ist ja die größte Sorge der Anwohner, aber auch der Oberhausener Autofahrer: „The Mirai“ könnte so viele Besucher anlocken, dass man noch länger im Stau steht.

Wir verstehen diese Ängste der Anwohner sehr gut, wir nehmen das Thema sehr ernst. Auch wir haben kein Interesse daran, dass unsere Kunden im Stau stehen. In Kooperation mit dem Centro und der Köpi-Arena entwickeln wir unser Nutzungskonzept, um hohe Verkehrsströme zu vermeiden. Wir haben noch nicht die Verkehrsrechenmodelle vorliegen, erst dann sehen wir, ob und wenn ja welche intelligenten Verkehrsleitsysteme oder Veränderungen im Straßenverlauf wir für die Neue Mitte benötigen.

Wie zufrieden sind Sie mit der Zusammenarbeit mit der Stadt?

Die Stadt Oberhausen ist ein sehr positiv agierender Partner, ohne dass sie irgendetwas nicht beachtet, was sie beachten muss. Der Oberbürgermeister hat uns schon früh angeboten, alle Planungen von einem Stadtteam begleiten zu lassen, was wir auch gerne in Anspruch nehmen. Unsere Ansprechpartner bei der Stadt werden ihrer Verantwortung als Stadtverwaltung gerecht und unterstützen uns dabei, gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. Das ist eine sehr gute, sehr professionelle Art und Weise.

Welche Hürden gab es bisher, die Sie so nicht erwartet haben?

Bei solch einem einzigartigen Mega-Projekt hat man eigentlich ständig neue Herausforderungen. Es gibt wahnsinnig viele Themen, die im Vorfeld betrachtet werden: Schadstoffbelastung der Luft in den Hallen, der Verkehr, die Zahl der Parkplätze, die Sicherheit für Besucher und Mitarbeiter. So simulieren wir bereits die Wege und das Verhalten von Besucherströmen. Das alles benötigt manchmal mehr Zeit, um es korrekt zu machen. Wir stehen zwar unter einem gewissen Zeitdruck, aber McFit hat den Anspruch, alles möglichst perfekt zu planen. Wir möchten so wenig wie möglich unangenehme Überraschungen im Betrieb erleben.


Das Interview mit „The Mirai“-Geschäftsführer Ralph Scholz führte Peter Szymaniak.