Mülheim.

Jetzt hat auch der letzte verbliebene Mieter der Speldorfer Depot-Passage, Gooran Haus & Garten, die Nase gestrichen voll davon, dass im denkmalgeschützten Gebäude seit Jahren nichts mehr passiert, das Denkmal vielmehr dem Verfall preisgegeben ist, obwohl es durchaus Miet- wie Kaufinteressenten gegeben hat. Gooran droht der Immobilienverwaltung jetzt mit Auszug und gar Schadenersatzklage.

Gestern Nachmittag in der Passage, die eigentlich mal als Herzkammer des Stadtteils erdacht worden war. Eine hölzerne, unverkleidete Trennwand durchzieht die Passage, deren begehbarer Teil unwirtlich, eng ist. Gooran hat aus der Not eine Tugend gemacht, nutzt die Passage, auch die ungeliebte Trennwand, die jegliche Bummel-Atmosphäre trübt, als Ausstellungsfläche. Gooran hat dem Depot immer die Treue gehalten, hat lange selbst etliche Leerstände bespielt, um zumindest Leben in der Passage vorzugaukeln.

Tatsächlich ist die Kernimmobilie des Nahversorgungszentrums Speldorf seit Jahren tot. Sträflich vernachlässigt von der Rheinischen Grund AG mit Sitz an der Akazienalle, einst Eigentümerin und später Verwalterin für die neue und mittlerweile insolvente Eigentümerin, eine luxemburgische Immobilienfondsgesellschaft. Über diese ist selbst bei stundenlanger Recherche im Internet und in Handelsregisterauszügen kaum etwas Stichhaltiges zu erfahren.

„Schandfleck“ und „Frechheit“

Im Januar 2010 hat besagte Fondsgesellschaft mit dem kryptischen Namen „SBRE RR Retail 2“ Insolvenz angemeldet. Seither hat ein Konkursverwalter das Sagen und das Anliegen, die Konkursmasse für die Gläubiger – darunter die selbst krisengeschüttelte, mit Staatsmilliarden gestützte ehemalige Hypo Real Estate – zu mehren. Das Speldorfer Depot ist nur eines von unzähligen Objekten in der Konkursmasse. Dass ein ganzer Stadtteil unter dem Niedergang der Immobilie leidet, scheint niemanden zu berühren. Selbst Mietinteressenten, die Geld in die Kasse spülen könnten, blitzen ab.

So wollte Gastronom Mike Seydock schon im März 2010 in Speldorf eine große „Fabbrica Italiana“ eröffnen – immer wieder wurde er vertröstet, nichts ist geschehen. Edeka Paschmann, so war zu hören, wollte dort einen neuen Markt aufmachen; es gab mehrere interessierte Investoren – doch es tut sich zum Ärger der Speldorfer rein gar nichts.

Bei Gooran liegen Briefbögen aus, auf denen Kunden ihren Frust niederschreiben können. Von „Schandfleck“ und einer „Frechheit“ ist da die Rede, vom sehnsüchtigen Warten auf eine Renovierung, davon, dass „das Depot mal ein Mittelpunkt Speldorfs war. Zurzeit geht man lieber schnell vorbei . . .“

Raub und Einbrüche

Jetzt hat Gooran, der treue Mieter, die Nase voll und einen Brandbrief an zwei der zuständigen (?) Hausverwaltungen geschickt. Seit April 2010 befinde sich die Immobilie „im Umbau“, ohne dass etwas geschehe, ein „unzumutbarer Zustand“, schreibt Gooran. „Auf von uns gemachte Verbesserungsvorschläge erhielten wir lediglich recht harsch formulierte Schreiben, in denen uns jegliche Aktivität in diese Richtung nahezu untersagt wurde.“

„Die ganz traurige Geschichte um das Depot“ scheine niemanden auf der Vermieterseite zu interessieren, heißt es in dem Schreiben, das der WAZ vorliegt. Gooran beklagt zudem, dass die Passage mittlerweile zwielichtige Gestalten anlocke. Im Dezember 2010 gab’s einen bewaffneten Überfall auf den Laden, in diesem Jahr bereits zwei Einbrüche. Zuletzt verbreitete ein randalierender Intensivtäter Angst und Schrecken. „Nur die zufällige Anwesenheit dreier Arbeiter aus unserem Haus verhinderte Schlimmeres“, so Gooran.

Ein unansehnliches Gesamtbild, Gebäudemängel, keine mieterfreundliche Verwaltung – Gooran will nun auch „das sinkende Schiff“ verlassen, droht zudem mit einer Schadenersatzklage wegen finanzieller Verluste und sonstiger Schäden. Gooran unterstellt der Eigentümerin, die Immobilie absichtlich herunterkommen zu lassen, damit der letzte Mieter auszieht und der Weg frei ist für einen Abriss. Mit Hinterland wäre es attraktives Bauland . . .