Mülheim. . In einem offenen Brief beklagt der Speldorfer Bürger- und Kurverein die Situation des Einzelhandels im Zentrum Speldorfs. Es werde “immer trostloser“ im Stadtteilzentrum, so Ute Möhling. Von der Stadt wird entschiedenes Gegensteuern gefordert.

Nach immer neuen Hiobsbotschaften beklagt der Speldorfer Bürger- und Kurverein in einem offenen Brief an den Leiter des Stadtplanungsamtes, Martin Harter, die Situation des Einzelhandels an der Duisburger Straße. Im Zentrum Speldorfs werde es „immer trostloser“, fordert Vereinsvorsitzende Ute Möhlig ein entschiedenes Gegensteuern seitens der Stadt.

Der Verein wirft Stadt und Ratspolitik falsche Ansiedlungspolitik zu Lasten des Stadtteilzentrums vor. So habe die Stadt das Ausbluten des Speldorfer Einzelhandels zu verantworten. Sie habe immer mehr Handel in Randlagen, insbesondere am Hafen, zugelassen. Aktuell erst sei an der Hansastraße ein Drogeriemarkt neben Aldi genehmigt worden. „Die Ansiedlung von Märkten/Discountern in dieser Größenordnung“, so Möhlig, „hat die vorhandenen Nahversorger chancenlos gemacht und den Einzelhandel in Speldorf nachhaltig geschwächt.“ Möhlig beklagt, dass gerade älteren Bürgern die Nahversorgung im Stadtteilzentrum fehle.

"Alles geht den Bach runter"

Dass es weiter bergab gehe, sei dadurch belegt, dass seit einem Treffen des Vereins mit Verantwortlichen der Wirtschaftsförderung im Oktober 2010 an der Duisburger Straße weitere Händler aufgegeben hätten. In Speldorf mache sich Resignation breit. Immer wieder seien von Bürgern Sätze wie der folgende zu hören: „In Speldorf geht alles den Bach runter.“ Oder: Die Stadt kümmere sich nicht um den Stadtteil im Westen. „Das Speldorfer Zentrum, das in den Augen der Speldorfer ein Einkaufsparadies war, in dem man von Aussteuerwäsche bis Zylinderhut alles kaufen konnte und wo man nach dem Einkaufsbummel im Café hausgemachte Torte genießen oder in einer der zahlreichen Kneipen ein kühles Bier trinken konnte, ist heute auf wenige Geschäfte geschrumpft“, so Möhlig.

Vor allem macht die zentrale Depot-Immobilie weiter große Sorgen. Sie steht sinnbildlich für den Niedergang des Handelsstandortes. Lange schon geht nichts mehr, noch schwieriger ist es, seit die Eigentümerin, eine luxemburgische Fondsgesellschaft, in die Pleite gerutscht ist. Nun macht das Depot einen winzigen Teil der Insolvenzmasse aus, die der Verwalter aus Luxemburg im Sinne der Gläubiger zu mehren hat. „Das ist eine schwierige Situation“, sagt Mülheims Chef-Wirtschaftsförderer Jürgen Schnitzmeier. „Der Insolvenzverwalter verfolgt nicht die Interessen einzelner Objekte, so lässt sich schwer ein Ansatzpunkt bekommen.“

Ansätze für eine bessere Zukunft der Immobilie gibt es durchaus. Lange schon will sich die Familiengastronomie „Fabbrica Italiana“ im denkmalgeschützten Gebäude einmieten, wird aber seit nunmehr einem Jahr hingehalten. Ebenfalls ist dem Vernehmen nach Edeka Paschmann interessiert, dort einen Markt zu eröffnen. Laut Schnitzmeier gab es Investorengruppen, die das Depot aus dem insolventen Fonds rauszukaufen bereit waren. „Nur ist das bislang nicht zum Tragen gekommen.“ Ob es dafür überhaupt eine Chance geben wird? Das von der Hypo Real Estate, einer der Hauptgläubigerinnen, mit der Vermietung der Immobilie beauftragte Vermögensmanagement IPAM ließ eine entsprechende WAZ-Anfrage gestern unbeantwortet.

Forderung nach Nahversorgern

„Beabsichtigt das Stadtplanungsamt weiter zuzuschauen, wie die Zukunft dieser Stadt von den Profitinteressen der Immobilienbesitzer fremdbestimmt wird?“, fragt Möhlig für den Bürger- und Kurverein nun Amtschef Martin Harter. Die Vorsitzende des Bürger- und Kurvereins fordert insbesondere, die Ansiedlung eines Nahversorgers à la Edeka im Depot möglich zu machen. Dies sei auch im Hinblick auf die Eröffnung der Hochschule Ruhr West an der Duisburger Straße wünschenswert, dies könne dem Einzelhandel „durchaus junge Laufkundschaft bringen“. Verfüge das Ortszentrum wieder über einen Nahversorger, so sei auch die Voraussetzung für branchenergänzende Ansiedlungen geschaffen. Das Planungsamt sei gefordert, in diesem Sinne Gespräche mit Immobilieneigentümern zu führen.

Planungsamtschef Harter kündigte für Dienstag eine Stellungnahme an.