Mülheim. Das Gezerre zur Zukunft von Mülheims Vallourec-Fläche ist dem Ende nah. Ein Vertrag zur Entwicklung der 33 Hektar ist ausverhandelt. Die Inhalte.
Stadtverwaltung und der designierte niederländische Investor CTP haben sich auf einen Vertrag verständigt. Dieser soll sicherstellen, dass die Entwicklung der rund 33 Hektar großen Industriefläche, die Rohrhersteller Vallourec im Schatten der A40 absehbar räumt, in eine Richtung geht, die den wirtschaftspolitischen und städtebaulichen Zielen Mülheims entspricht.
13 Seiten Vertragswerk haben die Verhandlungen ergeben. In zuvor selten praktizierter Transparenz hat Mülheims Verwaltung es dieser Tage veröffentlicht. Weil parallel die Kaufverhandlungen zum Grundstück zwischen dem Vallourec-Konzern und CTP noch nicht zum Abschluss gekommen sind, sind lediglich einige Summen zur Aufbereitung des Geländes nicht benannt, um die Verhandlungsposition von CTP gegenüber Vallourec nicht zu beeinträchtigen, wie Mülheims Planungs- und Wirtschaftsdezernent Felix Blasch nun gegenüber der Politik erläuterte.
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Mülheims Vallourec-Fläche: Was möglich sein soll – und was nicht
Mit dem ausgehandelten Vertrag sieht sich die Stadtverwaltung in der Lage, auf ihr Vorkaufsrecht für das Wirtschaftsareal zu verzichten, denn CTP sichert darin zu, den städtebaulichen Zielen an der Stelle entsprechen zu wollen. So ist explizit festgehalten, dass ein Nachnutzungskonzept für die Fläche erarbeitet werden soll, das zum Ziel hat, sowohl zukunftsträchtiges, kleinteiliges Gewerbe (ausdrücklich auch Handwerk) dort anzusiedeln als eben – „soweit möglich“ – auch neue Industrie. Es soll Wert darauf gelegt werden, die Produktivität der Fläche zu erhöhen. „Investitions- und/oder expansionswillige Unternehmen“ sollen dort Platz finden.
Solche Ziele hatte Mülheims Politik auch bereits in den ersten Entwurf für einen Bebauungsplan hineinschreiben lassen. Klar definiert ist nun im Entwurf des Vertrages mit Investor CTP auch, was auf keinen Fall möglich werden soll. So soll Wohnen ausgeschlossen sein, aber eben auch Lagerplätze, Lagerhäuser und Speditionen, die nicht unmittelbar in Verbindung stehen zu einer Produktionsstätte vor Ort oder am Ende das Wirtschaftsareal nicht dominieren. Logistik-Ansiedlungen wollen Stadt und Politik bekanntlich nicht, weil sie sich davon nur wenige und qualitativ wenig hochwertige Arbeitsplätze versprechen.
Bebauungsplan für 33 Hektar Gewerbepark in Mülheim soll Ende 2026 stehen
Darüber hinaus ausgeschlossen sind Anlagen für kirchliche, gesundheitliche und kulturelle Zwecke sowie Tankstellen und Vergnügungsstätten. Hotelbetriebe sollen nur im Südwesten des Geländes möglich sein, für eine Vor-Ort-Versorgung der Beschäftigten darf es eingeschränkt auch Handel und Gastronomie geben. Auch soll es in Ausnahmefällen möglich werden, Anlagen für soziale oder sportliche Zwecke zu bauen – etwa wenn ein ansiedelnder Betrieb seinen Beschäftigten ein Beachvolleyballfeld bieten wolle, begründete dies Dezernent Blasch. Petra Seidemann-Matschulla (CDU) erinnerte daran, dass Investor CTP auch ein „Bürgerhaus“ in Aussicht gestellt habe.
Der Vertrag ist so weitgehend, dass schon jetzt geregelt ist, dass möglichst wenig Fläche für Parkplätze verbraucht werden soll, sondern mehrgeschossige Parkhäuser oder Garagen zu planen sein werden. Wenn der Bebauungsplan, so anvisiert, Ende 2026 steht, soll ein städtebaulicher Vertrag oder Durchführungsvertrag weitergehende Details festzurren. Etwa soll er auch Fertigstellungsfristen setzen und hierzu Sicherheitsleistungen vorsehen.
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Altlastensanierung: Stadt Mülheim verpflichtet Investor zum schnellen Handeln
Für das Bauleitplanverfahren, so die Vereinbarung, soll CTP die kompletten Kosten tragen. So regelt der Vertragsentwurf auch, dass der niederländische Projektentwickler sämtliche Fachgutachten selbst zu finanzieren haben wird, bei der Wahl der Gutachter ist ein Konsens zwischen CTP und Stadt nötig. Ein Schwerpunktthema dabei wird die Altlastenfrage sein. Verhandelt ist, dass CTP sofort mit dem Erwerb und in eigener Verantwortung, aber in Abstimmung mit der städtischen Bodenschutzbehörde alle nötigen Schritte einzuleiten hat, um zu klären, welche Altlastensanierungen erforderlich sein werden. Am Ende soll ein Sanierungskonzept stehen. Für eine Altlastensanierung wird die Stadt später nur an den Stellen auch die Kosten tragen, die zur Erschließung des Gewerbegebietes an sie übergehen werden.
Um Tempo in der Flächenentwicklung zu gewährleisten, hantiert der ausgehandelte Vertrag auch mit (allerdings noch nicht öffentlich bekannten) Strafzahlungen, die CTP zu leisten hätte. Etwa für den Fall, wenn der Investor zwei Jahre nach Inkrafttreten des Bebauungsplans nicht alle dem Abriss geweihten alten Produktionshallen von Vallourec niedergelegt haben sollte.
Mülheim plant Abriss der Fritz-Thyssen-Brücke und neue Styrumer Tangente
Verkehrserschließung, Beseitigung von Niederschlagswasser, die künftige Energieversorgung, Frei- und Grünflächen: Selbst zu Radabstellplätzen und Radwegen setzt der abgestimmte Vertragsentwurf Leitplanken. Zum Gleisanschluss des künftigen Gewerbe- und Industriegebietes gibt es dabei etwa die Festlegung, dass die bestehende Anlage bis auf ein bis zwei Trassen zurückgebaut werden soll, der Rest aber möglichst zu nutzen ist, wenn die Mannesmannröhrenwerke AG und beteiligte Behörden mitspielen.
Auch einen – laut Dezernent Blasch allerdings vagen – Zeitplan zur Entwicklung skizziert der Vertrag. Bis Ende 2024 sollen das städtebauliche Nutzungskonzept und der Bebauungsplanentwurf konkretisiert sein. Ebenso soll dann ein Verkehrskonzept vorliegen, mit Niederlegung der Fitz-Thyssen-Brücke und neuem Anschluss an die Mannesmannallee sowie zusätzlich der sogenannten Styrumer Tangente. Ab 2027, so die Hoffnung, sollen schon die Bauarbeiten für die neue Verkehrserschließung beginnen. Bis Ende 2029 sollen diese abgeschlossen sein. Bereits Ende 2028 könnten demnach erste neue Unternehmen vor Ort ihren Betrieb aufnehmen.
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Fischer (SPD) will mehr Mitspracherechte verbrieft sehen
Im Planungsausschuss gab es jetzt wegen angemeldeten Beratungsbedarfs der Grünen noch kein Votum zum Vertragsentwurf. Es gab aber auch nur eine kritische Anmerkung. Die kam von Filip Fischer (SPD): Er vermisst weitergehende Vereinbarungen im Vertrag mit CTP, die der Stadt ein im Sommer in Aussicht gestelltes Mitsprache-/Vetorecht bei Ansiedlungen verbrieft.
Dezernent Blasch macht deutlich, dass er die Regelungen zu späteren Nutzungsoptionen als „sehr dezidiert“ ansieht. Weiter könne die Stadt in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag nicht gehen: Etwa zu sagen, Metallbauer A schließe man aus und Metallbauer B dürfe ansiedeln, erfülle seiner Ansicht nach den Tatbestand der Diskriminierung. Blasch versprach, das Thema noch mal mitzunehmen für eine juristische Prüfung. Am 14. Dezember soll der Stadtrat der Verwaltung grünes Licht erteilen, den Vertrag zur Unterschriftsreife zu bringen.
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