Mülheim. Bürgergesellschaft Mausefalle, Freimaurerloge Broich zur verklärten Luise, Weinbruderschaft St. Martin: Was die Mülheimer Vereinigungen ausmacht.
In Mülheim gibt’s eine Reihe besonderer Clubs und Vereinigungen. Mancher hat schon einen illustren Namen gelesen, eine spannende Geschichte gehört. Doch was steckt hinter Weinbruderschaft, Druiden, Freimaurern, Rotariern und Co.? Die Redaktion stellt die zum Teil durchaus ungewöhnlichen Zusammenschlüsse näher vor. Heute: die Bürgergesellschaft Mausefalle, die Freimaurer-Loge „Broich zur verklärten Louise“ und die Weinbruderschaft St. Martin.
Die Bürgergesellschaft Mausefalle
Die Bürgergesellschaft Mausefalle ist eine der ältesten Vereinigungen der Stadt. Ihr exaktes Gründungsdatum ist unbekannt. „Wir wissen lediglich, dass wir um 1870 erstmals urkundlich erwähnt wurden“, erklärt Andreas Krajinski. Er ist der so genannte Baas, der Vorsitzende des eingetragenen Vereins, dessen Name sich von dem Gasthaus ableitet, in dem die Gesellschaft gegründet wurde. Es befand sich auf dem Kirchenhügel am Rande der Altstadt, direkt gegenüber des Tersteegenhauses und hat nichts mit dem heutigen gleichnamigen Lokal zu tun oder mit dem kleinen Durchgang, der an eine Lebendfalle für Mäuse erinnert. Ein Bombentreffer im zweiten Weltkrieg zerstörte den Treffpunkt – und mit ihm alle Aufzeichnungen über die Geschichte der Gesellschaft bis zu diesem Zeitpunkt.
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Der Zweck der Bürgergesellschaft Mausefalle ist in ihrer Satzung festgeschrieben. Dabei steht die Pflege und der Erhalt des Mölmsch Platt, der ganz individuellen Mülheimer Mundart, im Vordergrund. „Wir suchen Wege, das gesellschaftliche Leben in unserer Heimatstadt zu beleben und Mülheim in einer positiven Entwicklung zu unterstützen“, so der Baas. Ganz praktisch sieht das so aus, dass Mitglieder Unterricht in Mölmsch Platt erhalten und lokale Projekte in unterschiedlichsten Bereichen unterstützt werden.
Chrubbel Chrabbel: Mülheimer Kinder singen „Ssinter Mätes Vögelsche“
Bei all diesen Projekten stechen zwei wiederkehrende Ereignisse aus der Menge hervor. Das bekannteste ist der Chrubbel Chrabbel. Dabei singen Kinder alljährlich traditionell auf dem Kirchenhügel das Kinderlied in Mölmsch Platt „Ssinter Mätes Vögelsche“ und erhalten im Gegenzug Süßigkeiten
Das zweite Ereignis, das man unweigerlich mit der Bürgergesellschaft Mausefalle in Verbindung bringt, ist die Verleihung des Jobs. „Jobs, der Kandidat“ ist eine kleine Terrakotta-Figur, die von der Mülheimer Künstlerin Ilse Otten geschaffen wurde und aus Mülheimer Ton gebrannt wird. Der Preis wird immer nur dann verliehen, wenn die Gesellschaft eine Person des Preises für würdig erachtet. Diese Person muss sich in besonderer Intensität um Mülheim verdient gemacht haben. Der Prozess zur Preisvergabe ist langwierig und nicht unkompliziert. So gab es in all den Jahren bisher erst 42 Menschen, denen der Jobs verliehen wurde. Der bisher letzte Preisträger war der Mülheimer Unternehmer Ulrich Turck, der 2019 ausgezeichnet wurde.
Die Mülheimer Freimaurer-Loge „Broich zur verklärten Louise“
Die Mülheimer Freimaurer-Loge „Broich zur verklärten Louise“ gehört zu den ältesten Vereinen der Stadt. Sie wurde am 10. März 1839 in dem Stadtteil gegründet, der ihr den Namen gab und war zu Beginn ein Sammelbecken für Herren des gehobenen Bürgertums. „Es gehörte damals zum guten Ton für das Bürgertum einer Stadt, eine Freimaurer-Loge zu haben“, erklärt Tristan Tiedtke. Er ist einer der beiden stellvertretenden Vorsitzenden des eingetragenen Vereins und der Historiker der Loge.
„Tatsächlich gehörten damals mit dem ehemaligen Oberbürgermeister Karl von Bock und Polach, Mathias Stinnes oder auch Johann Caspar Troost Vertreter der Stadtspitze und der Groß-Industrie zu den Mitgliedern“, ergänzt Frank Görres, zweiter Aufseher und ebenfalls stellvertretender Vorsitzender.
Den Grundwerten der Aufklärung verpflichtet
Alle Freimaurerinnen und Freimaurer haben sich den Grundwerten der Aufklärung verpflichtet – Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Das Bekenntnis zu Humanität und Toleranz kommt noch hinzu. „Ziel ist es, sein Leben an diesen Werten auszurichten“, erläutert Tiedtke, „wobei wir natürlich wissen, dass wir uns diesem Ideal nur annähern und es niemals vollumfänglich erreichen können.“
„Loge“ ist sowohl der Begriff für das Gebäude, in dem sich Freimaurer treffen, als auch für die Gruppe der unter diesem Dach versammelten Menschen und den eingetragenen Verein, der alles verwaltungstechnisch umhüllt. Der Mülheimer Loge gehören knapp 30 Mitglieder an. In Mülheim werden traditionell nur Männer angenommen. Es gibt mittlerweile aber auch reine Frauen- und gemischte Freimaurer-Logen. „Von unseren rund 30 Mitgliedern ist ungefähr die Hälfte aktiv“, sagt Frank Görres. „Bei uns ist es da nicht anders, als in anderen Vereinen.“ So seien einige Mitglieder gesundheitlich bereits so stark beeinträchtigt, dass sie nicht mehr an Treffen teilnehmen könnten, dem Verein durch passive Mitgliedschaft aber die Treue halten.
„Um die Tempel-Arbeit wird immer ein großes Geheimnis gemacht“
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„Wir treffen uns zwei- bis dreimal im Monat“, so Tristan Tiedtke. „Es gibt offene Gäste-Abende, zu denen Interessierte herzlich willkommen sind. Darüber hinaus gibt es Bruder-Abende, an denen wir unter uns sind und Tempel-Arbeiten.“ Diese Tempel-Arbeiten seien das zentrale Element der freimaurerischen Arbeit, wie die Mitglieder ihre Tätigkeiten nennen. „Da wird immer so ein großes Geheimnis drum gemacht. Dabei ist es im Grunde eine Mischung aus Theaterstück, Musik-Konzert und Vortrag“, fasst Görres zusammen.
Der Vorwurf, eine Geheimgesellschaft zu sein, entbehre ohnehin jedweder Grundlage, so Tiedtke. „Wir laden zu öffentlichen Veranstaltungen ein – wie gerade eben erst beim Tag des offenen Denkmals, wir haben eine Homepage und eine Facebookseite und sind jederzeit ansprechbar.“ Das sei das Gegenteil von Geheimniskrämerei. „Verschwiegen“ träfe es da schon eher. „Unsere Gesprächskultur beinhaltet große Offenheit nach innen und ebensolche Geschlossenheit nach außen“, so Görres. Infos: www.loge-broich.de
Die Weinbruderschaft St. Martin zu Mülheim an der Ruhr
Vor etwas mehr als einem halben Jahrhundert beschlossen einige Mülheimer Bürger aus allen Gesellschaftsschichten ihre bis dahin als Stammtisch eher lose organisierte Gemeinschaft ganz offiziell dem Wein zu verschreiben. 1969 gründeten sie am Abend vor dem Martinstag die Weinbruderschaft St. Martin zu Mülheim an der Ruhr. „Wir hier in Mülheim gehören zu den ersten Mitgliedern der Gemeinschaft Deutschsprachiger Weinbruderschaften, die sich dann Jahre später bildete“, erklärt Peter Elke. Als Vorsitzender des eingetragenen Vereins trägt er den Titel des Ordensmeisters. Zweck der Weinbruderschaften sei es, „die Weinkultur im deutschsprachigen Raum zu erhalten und zu fördern.“
Elke kam über einen Freund zur Weinbruderschaft. Um Mitglied werden zu können, musste man damals von einem Mitglied in die Gruppe eingeführt werden. Die monatlichen Treffen des Vereins werden Symposien genannt. „Man muss ein Faible für Wein haben“, erläutert der Ordensmeister. Keineswegs gehe es um übermäßigen Alkoholkonsum. „Wir sind an Wein interessierte Männer, die Spaß daran haben und sich umfassend informieren wollen. Es geht auch um den Austausch von Wissen“, betont Elke. So besuche man Winzer und erkundige sich, wie diese ihren Weinbau betreiben und welche Schwierigkeiten es bei diesem alten Handwerk gebe.
Für Peter Elke hat die Mitgliedschaft in der Weinbruderschaft mehrere positive Aspekte. Es gehe auch um den persönlichen Austausch mit Gleichgesinnten. „Die Vielfalt der Männer an Alter, Lebenserfahrungen, Einstellungen und beruflichen Erfahrungen ist dermaßen groß, dass es keinen Abend ohne interessante Gespräche gibt – bei einem guten Glas Wein. Das hat mir diese Bruderschaft so ans Herz gelegt.“ Der traditionelle Gruß der Weinbrüder lautet übrigens „In mente vini“, was Lateinisch ist und auf Deutsch „Im Geist des Weines“ bedeutet. Was den diesjährigen Wein-Jahrgang angeht, ist Peter Elke in seiner Bewertung zweigeteilt. „Dieser Jahrgang wird weniger Quantität, dafür aber mehr Qualität bieten – und wegen der geringeren Erntemenge wohl auch zehn bis 20 Prozent mehr kosten.“
Weinbruderschaft auch für Frauen
Die bisher ausschließlich männlichen Mitglieder der 1969 gegründeten Weinbruderschaft St. Martin haben sich zu einer gravierenden Satzungsänderung entschlossen: So ist der Verein ab sofort nicht mehr ausschließlich männlichen Mitgliedern vorbehalten. „Die Neuerung ermöglicht nun allen Interessenten, unabhängig vom Geschlecht, unsere Gemeinschaft kennenzulernen und sich um eine Mitgliedschaft zu bemühen“, sagt der Vereinsvorsitzende Hans-Peter Elke.