Die Bildhauerin Ilse Otten wird morgen 80 Jahre alt
Alice Schwarzer und die ganze Emanzipationsbewegung waren längst noch nicht in Sicht, als Ilse Otten 1929, Tochter eines linientreuen Studienrates und einer Mutter von preußischer Art, in Mülheim geboren wurde. Mit einem sanften Lächeln, was sie heute noch hat, setzte sich Ilse Otten in ihrer zurückhaltenden Art, aber dennoch sehr willensstark über alle gesellschaftlichen Konventionen hinweg. Eine Frau, die ihr eigenes Selbstbildnis formte. Die Bildhauerin wird morgen 80 Jahre alt.
Ilse Otten? Da fehlt noch ein dickes & mit !!! Denn wie Sonne & Mond, Feuer & Wasser sind Ilse & Trude so untrennbar verbunden wie Elemente, die ohne einander nicht können, wenngleich die beiden Künstlerinnen so unterschiedlich in ihrer Persönlichkeit sind. Die beiden jungen Künstlerinnen hatten sich Anfang der 1950er Jahre in einer Töpferei in Selbeck kennengelernt. Dort hatte Ilse Otten eine Töpferlehre gemacht, besuchte danach die Folkwang Werkkunstschule. Um Geld zu verdienen, gestaltete Ilse Otten Modelle in einer Schokoladenformenfabrik. Das sollte nicht der letzte Job sein, um den Lebensunterhalt zu sichern - ein Thema, das die beiden, wie alle selbstständigen Kreativen, begleiten sollte. So fertigen Ilse Otten und Trude Witasek 20 Jahre lang Puppen, die so begehrt waren, dass es sogar Wartelisten dafür gab. Das brachte das nötige Geld ein, auch wenn es nicht viel war. Reich sind sie nie geworden. Aber anerkannt. 1966 wohnen die beiden in Ilse Ottens Elternhaus in Saarn. Die Baubude, die sich Ilse Otten 1957 kaufte und in den Garten stellte, war ihre kleine Welt, darin konnte sie sich künstlerisch immer wieder neu verwirklichen.Während das Atelier heute nicht mehr so oft genutzt wird, weil beide gesundheitlich stark angeschlagen sind, war es doch über Jahrzehnte eine wahre Kreativschmiede, wo wunderbare Werke entstanden.
Heute in der Mülheimer Künstlerschaft hoch geschätzt und 2003 mit dem Ruhrpreis ausgezeichnet, hatte es Ilse Otten als Frau einst in einer noch deutlich maskulin gefärbten Kunstdomäne nicht leicht. Mit den beiden Skulpturen Adam und Eva bewarb sich Ilse Otten Anfang der 1960er Jahre bei der Arbeitsgemeinschaft Mülheimer Künstler. „Die haben mich zwar aufgenommen, meine Sachen in der Jahresausstellung dann aber hinten an die Tür gestellt”, sagt sie in einem Interview im Buch „Ilse & Trude”, das Lubo Laco und Ines Wiskemann den beiden gewidmet haben.
Den guten Rat-Schlägen der Kollegen von damals ist Ilse Otten mit Klugheit begegnet: „Wenn alles gleich aussähe, wäre das ja traurig.”
Wenngleich sich ihr künstlerisches Schaffen, ihre Skulpturen und Plastiken im Laufe der Jahrzehnte in Form und Farbe stark veränderten, zeugen ihre Figuren ganz tief von den hochkomplexen Welten des menschlichen Innenlebens - manchmal Schicht um Schicht nach außen gekehrt oder auch leer wie ein Gefäß, das gefüllt werden will. Mit ganz viel Leben, mit einem leisen Humor und dem starken Willen, den eigenen Weg zu gehen. So wie Ilse Otten und Trude Witasek.