Mülheim. Die Schülerzahlen steigen, langfristig sind sieben zusätzliche Züge an Mülheims weiterführenden Schulen nötig. Die Politik muss nun entscheiden.
Seit anderthalb Jahren wird in Mülheim am neuen Bildungsentwicklungsplan gearbeitet. Wichtigste Erkenntnis: In den kommenden Jahren drängen deutlich mehr Schüler und Schülerinnen in die Klassenzimmer. An vielen Stellen muss ausgebaut oder etwas gänzlich Neues geschaffen werden, um alle Kinder und Jugendlichen gut versorgen zu können. Laut dem sozialwissenschaftlichen Beratungsunternehmen Gebit aus Münster, das im Auftrag der Stadtverwaltung die relevanten Daten erhoben und analysiert hat, benötigen die weiterführenden Schulen langfristig sieben zusätzliche Züge, in Spitzenzeiten sogar zehn.
Zwei Varianten seien denkbar, um Abhilfe zu schaffen, hieß es am Montagabend im Bildungsausschuss: a) eine massive Erweiterung bestehender Standorte oder b) eine etwas bescheidenere Erweiterung plus Neubau einer Gesamtschule.
Gebit: Eine Gesamtschule bietet sich an, weil es dort alle Abschlüsse gibt
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Eine solche Schule könnte zum Beispiel auf dem ehemaligen Tengelmann-Areal in Broich entstehen, hieß es, und als vierzügige Einrichtung an den Start gehen. Die Gebit spricht sich für eine Gesamtschule aus, „weil diese alle Abschlüsse und eine Ganztagsbetreuung anbietet“. Sollte sich die Politik für diese Variante entscheiden, empfehlen die Berater aus Münster, einen weiteren Zug an der Realschule Stadtmitte einzurichten – sowie jeweils einen Zug an der Luisenschule und am Gymnasium Broich, um auf die letztlich benötigte Gesamtzahl von sieben Zügen zu kommen.
Spricht sich die Politik gegen diesen Vorschlag aus und befürwortet die reine Erweiterung bestehender Schulen, schlägt die Gebit Folgendes vor: Die Realschule Stadtmitte wird um zwei Züge erweitert, könne dann möglicherweise mit den neunten und zehnten Klassen in leerstehende Räume des benachbarten Berufskollegs an der Von-Bock-Straße ziehen. Die Luisenschule und das Gymnasium Broich erhalten ebenfalls einen weiteren Zug, dazu das Gymnasium Heißen – die alte Hauptschule nebenan könnte womöglich dafür genutzt werden. Außerdem sollen die Gesamtschulen in Saarn und Styrum um je einen weiteren Zug ausgebaut werden, so der Vorschlag.
Laut Kämmerer wären beide Varianten „finanzierbar“
Neun Grundschulen stehen Veränderungen bevor
Veränderungen muss es laut der Beratungsfirma Gebit auch an neun Mülheimer Grundschulen geben. Schon im vergangenen Sommer hatten die Münsteraner den Ausschuss darüber informiert. Man müsse die Zügigkeit an fünf Schulen teilweise erweitern, die Voraussetzungen für insgesamt dreieinhalb zusätzliche Züge schaffen: an den Grundschulen Zunftmeisterstraße und Steigerweg, an der Astrid-Lindgren-Schule, der Barbaraschule sowie der Katharinenschule.
An den Grundschulen im Dichterviertel und am Krähenbüschken sowie an der Schildberg- und der Hölterschule soll zudem der Offene Ganztag ausgebaut werden. Auch dafür nämlich braucht man deutlich mehr Platz: Ab 2025/26 nämlich wird jedes Kind einen Rechtsanspruch auf OGS-Betreuung haben.
Die Idee zum Neubau einer Gesamtschule warf im Ausschuss naturgemäß viele Fragen auf: vor allem die nach der Finanzierung. Stadtkämmerer Frank Mendack rechnet mit Kosten in Höhe von 80 bis 120 Millionen Euro. Und ist überzeugt davon, dass das Vorhaben „finanzierbar“ ist – egal, für welche der beiden Varianten sich die Politik entscheide. Er werde keine Empfehlungen abgeben, „wenn es letztlich aber günstiger wird, freue ich mich natürlich“.
Eins ist auf alle Fälle schon klar: Von heute auf morgen sind weder die Umbauten noch ein möglicher Neubau fertig. Allein die Vorbereitungen seien sehr aufwendig, berichtete der Kämmerer: Es sind europaweite Vergabeverfahren nötig, sowohl für die Planung, als auch für den Bau. Mendack glaubt, dass die eigentlichen Arbeiten „frühestens 2026“ beginnen können. „Diese dauern dann für gewöhnlich noch mal ein, zwei Jahre.“ Eine Aussage, die Ausschussmitglied Heiko Hendriks (CDU) stark bezweifelte: „Das schafft man nie in der Zeit.“ Mendack bereitet die Personalsituation in der Stadtverwaltung zusätzliche Sorgen. Es fehlten viele Kräfte, um so ein Mammutvorhaben zu stemmen. Sowohl in der Privatwirtschaft aber auch durchaus in anderen Städten würde mehr gezahlt.
Für einige Jahre wird man an den Schulen mit Übergangslösungen leben müssen
Bis alles fertig ist, wird man wohl oder übel mit Übergangslösungen zurechtkommen müssen, sagte der Kämmerer. Denkbar ist etwa, ehemalige Flüchtlingsunterkünfte aus Holz schulgerecht umzubauen, so wie jüngst an der Gemeinschaftsgrundschule Styrum geschehen.
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Auswege müssen vor allem auch für die Zeit gefunden werden, in der ganz besonders viele Schüler und Schülerinnen an die weiterführenden Schulen drängen. Laut der Gebit werden die Zahlen 2026 ihren Höchstwert erreichen; 63 anstelle der aktuell 53 Züge seien dann notwendig. Langfristig aber, und daran orientiert sich die aktuelle Planung, werde man mit 60 Zügen an den weiterführenden Schulen auskommen, so die Schätzung.
Auch an den Förderschulen steigen laut Analysen die Schülerzahlen
Auch an den Förderschulen steigen laut Analysen die Schülerzahlen. An der Wilhelm-Busch-Schule komme man mit den Klassenräumen aber auch künftig noch aus, hieß es im Ausschuss. An der Rembergschule fehlten aber absehbar vier Klassenräume sowie Differenzierungsräume. Im Bestandsgebäude sei eine entsprechende Erweiterung nicht zu realisieren; auch dort muss also über einen Ausbau nachgedacht werden.
Sollten die Planungen tatsächlich in Richtung einer ganz neuen weiterführenden Schule in Mülheim gehen, müssten die Eltern von Grundschülern vorab ins Boot geholt werden, berichtete Bildungsdezernent David Lüngen am Montagabend. Um zu sehen, an welcher Schulform sie das größte Interesse haben, würden sie gezielt befragt, wo sie ihr Kind anmelden werden. Die Verwaltung will zudem mit benachbarten Kommunen sprechen, um abzuklären, inwieweit dortige Kinder Interesse an einer zusätzlichen Schule in Mülheim hätten. Lüngen hofft, dass der Bildungsentwicklungsplan bis zu den Sommerferien beschlossen ist, um dann weitere Schritte einleiten zu können.