Mülheim. . Die Wilhelm-Busch-Schule hat drei Förderschwerpunkte und vier Standorte. Rund 260 Schüler werden in kleinen Klassen ganz individuell gefördert.
- Vor zwei Jahren fusionierten in Mülheim drei Förderschulen
- Die Wilhelm-Busch-Schule wurde größer, sie hat zurzeit 260 Schüler
- Die Schulleiterin hat eine differenzierte Meinung zur Inklusion
Aus drei Förderschulen wurde vor zwei Jahren eine. Die Ter-steegen-, die Peter-Härtling- und die Wilhelm-Busch-Schule fusionierten. „Weil wir mit drei Förderschwerpunkten am breitesten aufgestellt waren und die zwei anderen Schulen die Mindestgröße, die von der alten Landesregierung gefordert wurde, nicht aufweisen konnten, blieben wir erhalten, die anderen schlossen sich uns an“, erklärt Ulrike Ortlinghaus, Leiterin der Wilhelm-Busch-Schule am Springweg.
Keine Sonderpädagogen auf dem Markt
Zwar fielen damals außer den zwei Schulleiterstellen keine weiteren Lehrerstellen weg, der politisch begründete Zusammenschluss, rief dennoch auch Unmut hervor in Eltern- und Lehrerschaft. „Organisatorisch ging es schnell mit der Fusion, aber menschlich dauerte es ein wenig. Viele Gespräche wurden geführt“, berichtet Ortlinghaus.
Wie sieht die neue große Förderschule, die drei Förderschwerpunkte (Lernen, Sprache und Emotionale/Soziale Entwicklung) und vier Standorte hat, heute aus? Zunächst ein Blick in die Statistik: Rund 260 Schüler zählt die neue Wilhelm-Busch-Schule zurzeit – und 56 Lehrer (nicht alle in Vollzeit). „Damit sind leider nur 86 Prozent des Stellenplans abgedeckt. Es gibt momentan überhaupt keine Sonderpädagogen auf dem Markt. Was wohl auch an dem hohen NC (Abi-Schnitt von etwa 1,6 - 1,7) liegt“, meint die Schulleiterin.
Bau der Tersteegenschule wird weiter genutzt
Während das Gebäude der Peter-Härtling-Schule am Wenderfeld in Dümpten aufgegeben wurde, nutzt man den Bau der Tersteegenschule an der Klotzdelle in Heißen weiter. Dort ist nun die Oberstufe (Klasse 8 bis 10) untergebracht, am Springweg drücken die Erst- bis Siebtklässler die Schulbank, dort befindet sich auch die OGS. Eine weitere kleine Abteilung ist in Saarn beheimatet – die Schule für Kranke in der Tagesklinik der Kinder- und Jugendpsychiatrie (zwölf Schüler).
Zudem sind zwei Klassen mit dem Förderschwerpunkt Sprache (Sprechstörungen) in der Erich-Kästner-Grundschule angesiedelt. „Wenn bei unseren Kindern der Förderbedarf nicht mehr besteht, können sie direkt in eine Regelklasse eingegliedert werden, sie kennen sich vor Ort dann schon aus“, so Ulrike Ortlinghaus. Ein weiterer Vorteil der Kooperationsklassen: Dort sind stets Sonderpädagogen der Wilhelm-Busch-Schule im Einsatz, während in Inklusionsklassen an Regelschulen die sonderpädagogische Betreuung weniger umfassend ist.
Individuelle Förderpläne für Schüler
An der Förderschule wird „zielgleich“, also nach den Vorgaben für die Regelschule, unterrichtet, aber auch „zieldifferent“ - im Bildungsgang Lernen werden für jeden einzelnen Schüler individuelle Förderpläne aufgestellt. Die Klassen sind klein (15-17 Kinder). „Was das Kollegium leistet, ist großartig.“ Auch unterrichtsimmanente Therapie (etwa Logopädie) findet statt, die Schule kooperiert mit Fachstellen wie dem Ambulanten Zentrum für Kinder-/Jugendpsychiatrie, dem Sozialpädagogischen Zentrum.
Erwerben können die Schüler den Hauptschulabschluss nach Klasse 9 oder 10 – oder den Förderschulabschluss. „In diesem Jahr entlassen wir 40 Jugendliche, neun haben den Hauptschulabschluss nach Klasse 9, drei den nach der 10“, sagt Ortlinghaus, „aber auch alle anderen Kinder haben für sich viel erreicht, das muss man wertschätzen.“ Die Erfolge der Förderschüler sehe man meist erst „zeitversetzt“. Nicht wenige finden nach weiterbildenden Maßnahmen der Arbeitsagentur doch noch einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz.
Idee von der „Schule für alle“
„Keine Gesellschafte hat das Recht, Menschen auszusortieren“, sagt Ulrike Ortlinghaus. Im bestehenden Schulsystem, das Kinder separiere, sei Inklusion aber nur schwer umzusetzen. „Wir bräuchten vom Prinzip her so etwas wie eine Schule für alle, aber über dieses Konzept ist noch nicht genug nachgedacht worden.“ An einer solchen Schule sollten dann viele Experten – Regelschullehrer, Sonderpädagogen, Psychologen, Therapeuten, und so weiter – Hand in Hand arbeiten.
Derzeit gebe es Schulen, die gute Inklusionkonzepte hätten, an denen der Gemeinsame Unterricht funktioniere. „Es gibt aber auch Schulen, wo es nicht klappt. Wir hatten schon öfter den Fall, dass Schüler zu uns zurückkehren wollten“, so die Schulleiterin. An den Grundschulen laufe der Gemeinsame Unterricht meist reibungslos. „Die sind ja auch lange dabei und setzen ohnehin auf individuelle Förderung“, so Ortlinghaus. In der Sekundarstufe I sei die Situation weniger gut. „Das ist noch ein langer Prozess, bis Inklusion dort richtig funktioniert.“ Ob und was sich durch die neue Landesregierung ändern könnte? „Gehört habe ich, dass man Schwerpunktschulen für Gemeinsames Lernen einrichten will, dass nicht alle Schulen inklusiv sein sollen. Mal schauen! Für den Moment finde ich, dass beide Systeme nebeneinander existieren sollten.“