Mülheim. In Mülheim ist die Stadt Träger von vier Offenen Ganztagsschulen. Davon will sie sich bald trennen. Was das für die 40 Mitarbeiter bedeuten kann.
Noch ist die Stadt an vier Mülheimer Grundschulen für den Offenen Ganztag (OGS) verantwortlich. Oberbürgermeister Marc Buchholz (CDU) aber will aussteigen und die Aufgabe ab Sommer 2022 gern an freie Träger wie Caritas, Diakonie oder ähnliche übergeben. Die 40 städtischen Angestellten, die an den vier Standorten beschäftigt sind, wurden kürzlich in nicht-öffentlicher Teil-Personalversammlung über die Pläne informiert. Der Unmut soll groß gewesen sein.
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„Man kann verstehen, dass sie erst mal entsetzt waren“, sagt Georg Jöres, Fachdienstleiter für Schule und Jugend bei der Caritas, die vor Ort neun OGS-Standorte betreibt. „Sie leisten ja gute Arbeit.“ Und zum Umdenken gezwungen zu werden, ist selten schön. Doch ein Wechsel müsse nicht zwangsläufig heißen, dass sich jemand verschlechtert, versichert Jöres. Grundsätzlich müsse ein neuer Träger das Personal wohl übernehmen, sagt er. Und wenn beispielsweise ein kirchlicher Träger einsteige, seien die Bedingungen für den einzelnen Mitarbeiter sehr ähnlich wie bei der Stadt. „Es kann natürlich sein, dass das inhaltlich nicht passt, weil jemand mit Kirche nichts am Hut hat.“
Wer zu einem neuen Träger wechseln will, kann ein Rückkehrrecht vereinbaren
Oberbürgermeister Buchholz verspricht, „dass keiner ins Bodenlose fällt“. Wer zu einem neuen Träger wechseln wolle, könne sich eventuell ein Rückkehrrecht einräumen lassen. Und wer lieber bei der Stadt bleiben wolle, finde auch dort einen Job, „vielleicht im Kita-Bereich oder der internen Verwaltung“. Ein wenig Flexibilität verlangt das Stadtoberhaupt aber schon: „Es ist kein reines Wünsch-dir-was. Wir müssen gucken, was gut für den Mitarbeiter ist, aber auch, was gut für die Stadt ist.“
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Betroffen sind Erzieherinnen und Erzieher der Astrid Lindgren-Schule und der Erich Kästner-Schule in Dümpten, der Grundschule an der Filchnerstraße in Heißen sowie der Grundschule an der Zunftmeisterstraße in der Innenstadt. Einige arbeiten in Vollzeit, andere in Teilzeit. Bis dato ist die Stadt ihr Chef – doch der OB hält es für sinnvoller, wenn freie Träger diese Aufgabe ab Sommer 2022 übernehmen.
Alle paar Jahre muss neu ausgeschrieben werden
Zu diesem Zeitpunkt müssen sich alle Träger (erneut) bewerben, die für OGS-Standorte zuständig sein möchten. Alle paar Jahre muss neu ausgeschrieben werden, zuletzt hatte es 2018 ein entsprechendes Verfahren in Mülheim gegeben.
Laut Oberbürgermeister Buchholz spricht einiges dafür, dass große, erfahrene Träger die OGS an den vier Schulen übernehmen. Gerade mit Blick auf den voraussichtlich ab 2025/26 bestehenden Rechtsanspruch auf einen OGS-Platz für jedes Kind sei es wichtig, dass Organisationen Regie führten, die bereits gut aufgestellt seien. „Das ist keine Kritik an den eigenen Leuten“, betont der OB, aber die freien Träger hätten in diesem Bereich „das deutlich stärkere System“. Sie seien eher in der Lage, Personal zu rekrutieren und zu schulen. Sie hätten deutlich mehr Kräfte, ständen deshalb auch bei Vertretungen im Krankheitsfall besser da.
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Der Bildungsausschuss wird sich im Herbst mit dem Rückzug der Stadt befassen
Der Bildungsausschuss wird sich im Herbst mit dem geplanten Rückzug der Stadt befassen. Auch wenn, streng genommen, noch völlig unklar ist, wer ihr als Träger nachfolgen könnte, erklärt Buchholz auf Nachfrage schon einmal, was für die kirchlichen Träger sprechen könnte: „Wir arbeiten schon lange gut und konstruktiv zusammen, damit die Kinder bestmöglich begleitet und betreut werden.“ Außerdem gebiete es schon die Subsidiarität, dass die freien Träger tätig werden – und der Staat nur dann, wenn es anders nicht geht.
Verein Stöpsel ist vierter OGS-Träger in der Stadt
Neben der Stadt, der Caritas und der Diakonie ist – in deutlich kleinerem Rahmen – auch der Verein Stöpsel für die Betreuung von Grundschulkindern im offenen Ganztag zuständig, und zwar als Träger an der Hölterschule.
Die Elterninitiative wurde 1992 gegründet. Stöpsel betreibt auch drei Kitas: in Stadtmitte, in Holthausen und in Styrum.
Diesen Punkt hebt auch Georg Jöres hervor. Freie Träger seien aber auch deshalb geeignet, „weil sie aus der Jugendhilfe kommen und eine andere Sicht auf die Dinge haben, über ein besonderes Netzwerk verfügen und den Kindern und Jugendlichen ganz andere Angebote machen können“. Das bereichere das System Schule. In puncto konkreter Bewerbung will Jöres noch nichts sagen; ein grundsätzliches Interesse an einem oder mehreren der freiwerdenden Standorte bestehe bei der Caritas aber schon.
Der OGS-Betrieb der Diakonie laufe „wie eine gut geölte Maschine“
Ähnlich äußert sich Birgit Hirsch-Palepu, Geschäftsführerin des Diakonischen Werkes. Man habe „natürlich ein großes Interesse, auf dem Arbeitsfeld OGS weiterzumachen“. Seit 17 Jahren sei man damit beschäftigt „und mein Herz würde bluten, wenn es nicht weiterginge“. Der OGS-Betrieb der Diakonie an insgesamt 13 Standorten laufe „wie eine gut geölte Maschine“ und es wäre „jammerschade, das womöglich aufgeben zu müssen“. Entscheidend sei, was die Ausschreibung mit sich bringt und ob die stets arbeitsintensive Bewerbung ankommt. Auch die Schulkonferenzen haben bei der Auswahl ein Wort mitzusprechen. „Und es ist halt eine Ausschreibung. Die kann man verlieren – oder gewinnen.“