Mülheim. Mindestens 16 Mülheimer Grundschulen und zwei weiterführende Schulen bieten in den Ferien Extra-Zeit zum Lernen an. Was das für Schüler heißt.

In den Sommerferien in die Schule? Schreiend wären die Schüler früher davongelaufen. Im Coronasommer Nummer zwei hat ein solches Angebot aber tatsächlich Chancen auf Erfolg. Viele Kinder und Jugendliche freuen sich nämlich gerade total auf Unterricht, berichtet Brita Russack, Leiterin des städtischen Bildungsbüros. Sie wollen endlich wieder unter normalen Umständen lernen. Das dreiwöchige Landesprogramm „Extra-Zeit zum Lernen“, das in den Sommerferien an mindestens 16 Mülheimer Grundschulen und zwei weiterführenden Schulen läuft, dürfte von dieser Stimmung profitieren.

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Pandemiebedingte Lernlücken sollen geschlossen werden, das Land stellt dafür 36 Millionen Euro bis Sommer 2022 zur Verfügung. „Es bestehen größere Leistungsunterschieden als sonst, und die müssen aufgefangen werden“, erklärt Russack. Die Schulen können auf Antrag eine Förderung der extra eingestellten Lehrkräfte für den Zusatzunterricht erhalten.

Teilnehmen kann jeder Schüler, der mag. Lehrer geben Hinweise, wem eine Förderung gut täte. Und auch Eltern können von sich aus das Gespräch suchen, wenn sie glauben, dass ihr Kind Unterstützungsbedarf hat. Die Quasi-Nachhilfe beschränkt sich nicht auf die Sommerferien. Sobald die Schule wieder läuft, wird es auch Angebote im Nachmittagsbereich geben – und auch die Herbstferien haben die Schulen schon in den Blick genommen.

Viele Gespräche mit Schulleitungen und Trägern wie Caritas oder Diakonie

Russack und ihr Team führen derzeit viele Gespräche mit Schulleitungen und Trägern wie Caritas, Diakonie, Stöpsel und Lebenshilfe, die vor Ort für die Umsetzung verantwortlich sind. Das Bildungsbüro macht seinen Job als Koordinator offenbar gut, denn immer mehr Schulen entscheiden sich für die Teilnahme, möchten Anträge auf Förderung stellen. Das Land finanziert die Honorarkräfte, die den Unterricht übernehmen, zahlt 25 Euro pro Stunde.

Auch der Bund will Geld geben, um den Kindern zu helfen

Auch vom Bund dürften bald Gelder zur Unterstützung der durch die Pandemie gebeutelten Kinder und Jugendlichen fließen. Damit sie Verpasstes aufholen können, sollen in diesem und dem kommenden Jahr bundesweit zwei Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden, berichtet Brita Russack vom Bildungsbüro.

Neben der klassischen Lernförderung sollen dann auch kleinste Kinder bedacht werden. So sei zum Beispiel angedacht, Sprachkitas zu unterstützen. Auch Ferienfreizeiten für junge Menschen und sogar für ganze Familien sollen finanziert werden.

Zwischen acht und 15 Schülern werden in einer Lerngruppe sein, berichtet Russack. Betreut werden sie nicht von Lehrern, sondern von je zwei der besagten Honorarkräfte. Laut Russack sind das zumeist Studenten vom Fach. Die Träger haben diese in den vergangenen Wochen gesucht – und relativ rasch gefunden. „Das war nicht so schwierig. Viele haben durch Corona ein dickes Verdienstloch und sind froh über einen guten Sommerjob.“ Die Studenten sind natürlich nicht auf sich allein gestellt, sondern werden vor Ort von den Trägern begleitet, die entsprechendes Knowhow haben und ausreichend Ansprechpartner.

Mitarbeiter vom Immobilienservice schließen morgens auf

Wie genau die Ferienkurse aussehen, in welchem Umfang sie angeboten werden, beschließt jede Schule für sich. „In der Regel“, so Russack, „wird es am Tag sechs Stunden geben.“ Manche Schulen aber bieten nur wenige Tage an, sind dann aber gleich mit mehreren Gruppen parallel am Start. Andere halten eine Förderung über die vollen 15 Tage für sinnvoll, richten aber nur eine Gruppe ein. Die Stadt steht den Schulen zur Seite. Mitarbeiter vom Immobilienservice schließen morgens auf und auch die tägliche Reinigung der Klassenräume übernimmt die Verwaltung.

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Die jungen Dozenten werden vor Beginn geschult, was und wie sie unterrichten sollen. Die Förderung der Kinder und Jugendlichen soll individuell erfolgen, je nach Bedarf. Russack hofft, dass sich noch weitere Schulen anschließen; „Ziel ist es, die Landesmittel auszuschöpfen“. Und da diese nicht gedeckelt seien, könnten theoretisch alle mitmachen. Einige Schulleitungen überlegen noch, an anderen Schulen hat man sich schon dagegen entschieden, unter anderem, weil man andere Förderwege gehen will, so Russack.

Grundschule am Krähenbüschken macht mit bei der Sommerschule

Die Grundschule am Krähenbüschken macht mit bei der Sommerschule und bietet in den letzten drei Ferienwochen 60 Kindern in vier Gruppen die Chance, Verpasstes aufzuholen. Dabei geht es laut Leiterin Birte Kellermann nicht um stupides Pauken, es gebe auch „keine blöden Nachhilfesituation“, sondern eher Deutsch- und Matheportionen, die zum Kind passen und Spaß machen. Es werden Lerninhalte der vergangenen Monate aufgearbeitet, „wir wollen das Fundament stärken“. Geplant sind zudem Bewegungspausen und ab und an Vorleseeinheiten zum Entspannen.

Man wolle die Kinder nach den harten Corona-Monaten „emotional abholen“, sich neben den Lerninhalten auch mit dem Sozial- und dem Arbeitsverhalten beschäftigen. Etliche Kinder hätten Konzentrationsprobleme. Kellermann findet, alle Mülheimer Schulen sollten am Landesprogramm teilnehmen – um den Kindern und Jugendlichen nachhaltig zu helfen.