Mülheim. OB-Kandidat Jochen Hartmann (parteilos) hat in Mülheim schon öfter die Fronten gewechselt. Für ihn sei Politik Kampfsport, sagt er im Interview.
Jochen Hartmann (61) tritt nach seinem überraschend erzwungenen Abgang beim Bürgerlichen Aufbruch als unabhängiger OB-Kandidat an. Aufzugeben ist keine Option für den Vollblut-Politiker, der in Vergangenheit häufiger angeeckt ist.
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CDU, Wahlbündnis Unabhängiger Bürger, wieder CDU, AfD, Bürgerlicher Aufbruch, jetzt aus der Not geboren als Solist parteiunabhängiger OB-Kandidat: Warum haben Sie nie einen festen politischen Heimathafen gefunden?
Hartmann: Ich habe für mich einen festen politischen Heimathafen. Meine inhaltlichen Positionen habe ich nie durchgreifend geändert. Ich bin und bleibe konservativ. Die CDU hat sich geändert. Es sind ja auch viele aus der CDU ausgetreten, nachdem Merkel angetreten ist und insbesondere auch nach 2015.
Kann es sein, dass der politische Mensch Jochen Hartmann im Umgang ein schwieriger ist? Jemand, der neben seiner Meinung wenig Anderes gelten lässt? Der kompromisslos seine politischen Vorstellungen durchboxen will?
Ich weiß jetzt nicht, worauf Sie abheben wollen. Wo bin ich kompromisslos gewesen? Das kann ich nicht sehen. Kompromisse gehören zur Politik, aber zunächst muss man einen Standpunkt haben.
Zuletzt sind Sie beim Bürgerlichen Aufbruch eben auch damit angeeckt, dass Sie die gesamte Außendarstellung der Fraktion bestimmt haben. Auch politische Alleingänge wurden Ihnen vorgeworfen.
Zur Außendarstellung kann ich nur sagen: Wir haben immer relativ schnell reagiert und agiert auf Vorgänge in Mülheim. Ich habe Pressenotizen entworfen und habe immer gefragt, wer denn gerne Zitatgeber sein möchte. Da haben sich zum Beispiel Frank Wagner und Ramona Baßfeld immer sehr zurückgehalten. Wenn jemand sich hätte äußern wollen, hätte er das jederzeit machen können. Oft wurde gesagt: „Mach mal!“
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Der Bürgerliche Aufbruch war Ihr Projekt. Schmerzt es Sie sehr, schon vor der ersten Teilnahme an einer Wahl nicht mehr dabei zu sein?
Ja. Das ist wirklich so. Es ist damals sehr unfair abgelaufen. Wenn tatsächlich irgendwas gewesen wäre, hätte man es im Vorfeld klären können. Es ist wohl so, dass Frau Baßfeld als Fraktionsgeschäftsführerin offensichtlich mit meiner Arbeit nicht so zufrieden gewesen ist, weil ich das eine oder andere Mal, sagen wir mal, eine gewisse intellektuelle Sperrigkeit kritisiert habe. Das hat ihr offensichtlich missfallen und deshalb hat sie da wohl ihre Clownstruppe aus dem Karneval anmarschieren lassen, die nach und nach vermutlich als Mitglieder aufgenommen worden sind, was ich nicht wusste. Die waren nur an dem Abend da und haben gegen mich gestimmt. 17 Haben mich nicht gewählt, 13 haben mich gewählt. Die 13 waren die damals aktiven Leute.
Ihre Widersacher beim BAMH haben Ihnen Rechtspopulismus vorgeworfen. In den sozialen Medien teilen Sie regelmäßig Beiträge von Medien, die mindestens rechtskonservativ einzustufen sind, denen teilweise gar Nähe zur „Neuen Rechten“ bescheinigt wird, wenn ich an die Junge Freiheit oder Epoch Times denke, Tichys Einblicke oder Boris Reitschuster.
Was heutzutage alles Rechts ist. . . Das sind alles Leute, die lange Zeit, bis 2001 oder so, CDU gewählt haben und im tiefsten Innern CDU-Leute sind: Tichy, Reitschuster. Sie können auch Henryk M. Broder nennen, einen Alt-68er. Die Junge Freiheit habe ich abonniert. Sie ist aus meiner Sicht ein konservatives Intellektuellenblatt. Ich habe vier Jahre beim BAMH mitgearbeitet. Da überrascht es schon, wenn plötzlich vier Monate vor der Wahl auffallen sollte, ich sei angeblich rechtspopulistisch. Was ist das überhaupt? Ich stehe weiterhin noch auf der Grundlage der Werteunion. Das ist ja eine Organisation konservativer CDU-Mitglieder. Das ist inhaltlich eigentlich meine Heimat. Dr. Maaßen zum Beispiel.
Der OB-Kandidat des BAMH, Martin Fritz, hat in seinem Wahlinterview die Hoffnung geäußert, durch Ihr Ausscheiden offener sein zu können für die Zusammenarbeit mit anderen Fraktionen.
Zunächst: Dr. Fritz war für Wagner und Baßfeld nur zweite Wahl. Die wollten eigentlich Alexander Kocks wegen der ehemaligen Mitgliedschaft von Fritz in der AfD. Das habe ich verhindert. Dann: Es gibt den Beschluss der SPD-Fraktion, nicht mit dem BAMH zusammenarbeiten zu wollen. Soweit ich weiß, hat sich daran jetzt durch meine Nicht-Mitgliedschaft nichts geändert. Das hat die SPD-Vize Khalaf auch bei Facebook bestätigt. Wir haben eigentlich Anträge mit allen Fraktionen und Gruppen gemacht, mit Ausnahme der SPD. Und mit den Grünen hatte ich jetzt einen Antrag zum Schlippenweg vorgesehen, der sich durch die BV-Entscheidung erledigt hatte.
Was wollen Sie damit aussagen, wenn Sie kommentarlos etwa ein Video der rechtsradikalen tschechischen SPD im Netz teilen, das einen Schwarzen zeigt, wie er mutmaßlich irgendwo in Tschechien eine Frau sexuell nötigt und übel angeht?
Kann ich mich jetzt gar nicht erinnern. Ist denn der Film gefaket?
Das weiß ich nicht. Aber was wollen Sie damit aussagen, wenn Sie eine Situation in Tschechien kommentarlos ins Netz stellen?
Wollen Sie sagen, dass es solche Situationen in Deutschland nicht gibt?
Zur Person: Jochen Hartmann
Jochen Hartmann (61) ist gebürtiger Mülheimer, er ist geschieden und wohnt mit seinem Labrador Fritzchen in Dümpten. Im ersten Jahrgang nach dem Aufbau der Gustav-Heinemann-Gesamtschule machte er sein Abitur.
Seinen Lebensunterhalt verdiente Hartmann nach seinem Jura- und Geschichtsstudium zunächst als Anwalt, heute arbeitet er als Staatsanwalt.
Das habe ich nicht gesagt. Aber meinen Sie nicht, damit pauschale Vorurteile gegen Migranten zu schüren?
Nein. Es gibt gute Migranten und schlechte Migranten. Es gibt gute Deutsche und schlechte Deutsche.
Was wollen Sie als OB für das Zusammenleben der vielen Nationen, für die Integration der vielen Zugewanderten in Mülheim tun?
Integration ist eine wechselseitige Aufgabe. Es ist keine Einbahnstraße. Man muss sich auch integrieren wollen. Auf der anderen Seite muss die deutsche „Urbevölkerung“ mitwirken, dass diese Leute auch integriert werden. Aber es muss eben ein Wille zur Integration auf der anderen Seite vorhanden sein. Das Zusammenleben im Alltäglichen muss funktionieren.
Aber was wollen Sie dafür tun?
Ich denke, die Situation ist eigentlich besser, als sie von den Medien hier und da beschrieben wird. Ich sehe da eigentlich kein großes Problem. Wer integrationswillig ist, der wird auch integriert. Das ist auch eine richtige, eine wichtige Aufgabe. Nur ein Beispiel: Es gab im letzten Jahr irgendeinen AfD-Kreisverband in Bayern, wahrscheinlich in Nürnberg, der sich tierisch darüber aufgeregt hat, dass ein junges Mädchen, ich glaube, pakistanischer Abstammung, zum Nürnberger Christkindl gewählt worden ist. Bei so einer Top-Integration hab ich kein Verständnis dafür, wenn man sagt: Das geht nicht. Die müsse blond und blauäugig sein. Die Leute, die sich wirklich einbringen in diesen Staat, muss man auch fördern und unterstützen.
In der Affäre um OB Ulrich Scholten haben Sie mit scharfer Zunge gar einen Vergleich zwischen Scholten und dem ehemaligen Duisburger OB Adolf Sauerland gezogen, der nach der Loveparade-Katastrophe sein Amt nicht zeitnah niedergelegt hatte. Schießen Sie bisweilen nicht über das Ziel hinaus?
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Das weiß ich nicht. Helmut Schmidt, ein großes Vorbild, hat mal gesagt, Politik sei Kampfsport. Das sehe ich auch so. Bei der Geschichte mit Scholten und Sauerland ist meiner Meinung nach was hineininterpretiert worden, das unanständig gewesen ist. Es ging einfach nur darum, dass beide Fehler gemacht haben, wobei natürlich unstreitig der Sauerland-Fehler eine ganz andere Qualität hat. Aber beide haben letztendlich nicht die Konsequenzen gezogen aus ihrem Handeln. Verantwortliche Politik bedeutet aber auch, dass man Verantwortung übernimmt. Bei einer kleineren Sache wie jetzt beim Scholten. Und erst recht bei einer so furchtbaren Sache wie bei Sauerland. Nur das war gemeint.
„Aus Liebe zu Deutschland - nie wieder die SPD“, haben Sie zuletzt auf Facebook gepostet. Wie sehr sehen die örtliche Sozialdemokratie verantwortlich für den schlechten Allgemeinzustand der Stadt?
Die SPD hat hier über viele Jahrzehnte hinweg politische Verantwortung gehabt, lange Zeit alleine. Insofern tragen Sie natürlich ein Verschulden beziehungsweise ein Mitverschulden für diese Situation. Beispielweise ist Ruhrbania aus meiner Sicht eine völlig unterirdische Planung gewesen. Oder das Stadtquartier jetzt, wo viel leer steht. Gucken Sie sich den schmalen Weg an, der übrig geblieben ist von der tollen Idee, die Stadt an den Fluss zu bringen! Wir haben jetzt Beton, der die Stadt vom Fluss abriegelt. Und niemand ist auf die Idee gekommen, bei diesem Stalinallee-Bau wenigstens mal im Dachgeschoss ein Dachrestaurant oder -café mit einer herrlichen Aussicht auf die Ruhr oder die Stadthalle zu etablieren. Wir haben in Mülheim keinen einzigen, lebens-, liebenswerten Platz mehr, wo Menschen sich gerne aufhalten. Berliner Platz, Rathausplatz, Schumacher-Platz, alles tot. Die Finanzen der Stadt sind desaströs. Das hat vor allem die SPD zu verantworten. Dann die Geschichte mit OB Scholten, mit dem sie keinen guten Griff mit getan haben: Der Mann hat nichts getan, nichts geleistet. Seine Affären kleben nicht nur an Scholten, sondern auch an der SPD.
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Warum können Sie, dem viele im Rat in der Vergangenheit die Zusammenarbeit verweigert haben, OB?
Es haben nicht viele die Zusammenarbeit verweigert, nur die SPD. Ich habe keine Probleme zu moderieren. Ich bin beispielsweise seit Jahren Vorsitzender des Hauptstaatsanwaltrates. Das sind Leute aus verschiedenen Listen und das klappt ganz wunderbar. OB zu sein, ist eine ganz andere Funktion als die eines Fraktionsvorsitzenden. Ein Fraktionsvorsitzender muss gegebenenfalls im Feuer stehen. Ein OB gerade in Mülheim, wo es keine klaren Mehrheitsverhältnisse geben wird, wird moderieren müssen. Es gibt in jeder Gruppe und Fraktion gute und schlechte Leute, gute Ideen und schlechte Ideen. Ich möchte eben dazu beitragen, dass die guten Leute die guten Ideen zusammentragen und wir gemeinsam gucken, dass wir was für Mülheim auf den Weg bringen. Sechs Jahre lang musste ich feststellen, dass beispielsweise die SPD einen Antrag, der von der CDU kommt, automatisch ablehnt, oder umgekehrt – das hat sich überholt.
Einer Ihrer Schwerpunkte ist Sicherheit, Ordnung und Sauberkeit. Was wollen Sie da erreichen?
Ich möchte eine Task Force haben, die innerhalb von 100 Tagen ein Konzept entwickelt, das aufzeigt, was man machen kann, um der furchtbaren Vermüllung in der Stadt Herr zu werden. Ich habe ja schon den Vorschlag gemacht, dass wir eine Mängel-Melde-App einführen, mit der man auch Müllverstöße schnell und effizient melden kann und die dann auch abgearbeitet werden. Die Verwaltung sagt ja immer, die Bürgermeldungen seien unerheblich, weil Verwarnungsgelder nur von hoheitlichen Mitarbeitern kassiert werden können. Das stimmt. Aber ich habe ja die Vorstellung, dass Bußgelder erhoben werden, deutlich höher als 20 oder 30 Euro. Man sollte ausschöpfen, was rechtlich möglich ist. Für so ein Bußgeldverfahren kann sich jeder melden, der etwas sieht. Er muss dann allerdings auch bereit sein, gegebenenfalls vor dem Amtsgericht als Zeuge auszusagen, wenn jemand Einspruch erhebt gegen den Bußgeldbescheid.
Kommen wir mal zur Sicherheit.
Ich fordere beispielsweise einen Kriminalpräventiven Rat, den es fast in allen Städten Nordrhein-Westfalens gibt. Dort schließen sich Organisationen unter Mitwirkung der Ordnungsverwaltung und Polizei zusammen. Vom Frauenhaus über die Jüdische Gemeinde bis hin zu Kinderschutzorganisationen wie Riskid oder die Polizeistiftung David & Goliath. Sie überlegen gemeinsam, was wir für Sicherheit und Ordnung präventiv tun können. Es könnten etwa zur Frage der Integration auch ausländische Vereine mitwirken. Es könnte wie in Duisburg Projekte zur Gewalt gegen Frauen geben oder ein Kriminalkataster erstellt werden zu gefährlichen Ecken. Oftmals reicht eine einfache Lampe aus, um einen Platz so auszuleuchten, dass Straftaten dort nicht mehr stattfinden.
Der BAMH fordert eine Stadtteilwache für Styrum. Da sind Sie kritisch.
Ich habe nichts gegen Stadtteilwachen, aber das sind Bezirksbeamte, die sicher nicht in der Lage sein werden schnell einzugreifen, wenn irgendwo in Styrum ein Raubüberfall stattfindet. Da braucht man mobile Einsatztrupps der Polizei, die robust und schnell auftreten können.
Wirtschaftsförderung soll wieder Chefsache werden, sagen Sie. Wie darf sich ein Bürger Wirtschaftsförderung eines OB Hartmann vorstellen?
Es müssen regelmäßige Gespräche mit den mittelständischen Unternehmen und mit Unternehmerverband und Gewerkschaften stattfinden. Das scheint mir ein bisschen unter den Tisch gefallen zu sein in den letzten Jahren. Der Scholten hat sich zwar um Wirtschaft gekümmert, aber in einer anderen Weise, als es ein OB machen sollte. Beim Mannesmann-Gelände, wo es darum geht, ob man dort möglicherweise Gewerbeflächen bekommen kann, hat es geheißen: Es ist ja auch nie einer von der Stadt vernünftig und auf Augenhöhe auf uns zugekommen.
Sie stellen sich gegen eine Bebauung der Ruhrbania-Baufelder 3 und 4 und wollen dort eine Art „Centralpark“ schaffen. Dafür müsste die Stadt a) Eigentümerin des AOK-Gebäudes werden, um es dann abzureißen, und b) einen Millionenwert für das Gesundheitsamt abschreiben. Wie wollen Sie das finanzieren?
Ende der 70er-Jahre habe ich mal einen Leserbrief geschrieben und bin von dem späteren OB Specht übel angegangen worden. Da hatte ich gesagt, dass ich gerne eine grüne Zunge in die Stadt hinein hätte. Das hätte sich damals angeboten am Berliner Platz, als das Neckermann-Gebäude abgerissen wurde. Die Idee wurde von mir noch mal wachgeküsst bei der Kaufhof-Geschichte. Da wäre auch der optimale Platz gewesen für so einen Park. Auf Baufeld 3 und 4 tut sich seit Jahren nichts. Es gibt offensichtlich keine Investoren. Ich bin der Meinung, man sollte das so nicht liegen lassen. Man kann mit relativ geringen Mitteln um die bestehenden Gebäude herum eine Fläche mit Aufenthaltsqualität schaffen. Das schließ ja nicht aus, es zu ändern, wenn man irgendwann mal eine tolle Idee für die Baufelder hat. Die Ruhr hat eine hohe klimatische Bedeutung für die Durchlüftung der Innenstadt. Dann darf man die Ufer aber auch nicht zubauen.
Was schlagen Sie vor, um die Finanzkrise der Stadt zu überwinden, ohne nur nach Bund und Land zu rufen?
Ohne Bund und Land wird es nicht gehen. Es wird eine Altschuldenregelung geben müssen. Darüber hinaus geht es nicht nur um intelligentes Sparen. Aber man muss an die Mülheimer Standards ran. Es geht auch um die Generierung neuer Einnahmequellen. Dazu gehört neues Gewerbe, wofür neue Gewerbeflächen zu schaffen sind.
Wo sollen die neuen Gewerbeflächen geschaffen werden?
Da gibt es ja nun die Bewertungsmatrix. Ich denke, wenn die Wahl erst mal gelaufen ist und die Mandate verteilt sind, wird man noch mal ganz anders darüber reden können als im Augenblick.
Angekündigt ist, dass der Stadtrat Anfang September dem Antrag der Grünen folgt und einige Flächen aus der Diskussion nimmt. Da werden Sie nicht dabei sein?
Für mich ist klar, dass das Winkhauser Tal oder das Fulerumer Feld erst einmal nicht in Betracht kommen. Zunächst einmal geht es darum, Brachflächen einer neuen Nutzung zuzuführen. Deswegen war ich ja auch gegen das Konzept von Tengelmann, das auf dem Gelände vornehmlich Wohnbebauung vorgesehen hatte. Das ist ein altindustrielles Gebiet – und da muss wieder Gewerbe hin.
Was sagen Sie zu den Flächen am Auberg, in Selbeck und am Flughafen?
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Da hat der Kollege Buchholz [OB-Kandidat der CDU] einen vernünftigen Satz formuliert: Über Flächen, die in Privathand sind und wo kein Verkaufsinteresse besteht, brauche ich mir erst einmal keinen Kopf machen. Am Auberg gibt es einen ganz kleinen Bereich, wo man an eine Arrondierung denken kann, aber zu 95 Prozent ist dieser Bereich Tabufläche. Zum Flughafen habe ich eine klare Meinung: Er muss erhalten bleiben, er muss ausgebaut werden, er muss sich entwickeln können. Flugtaxis, Drohnen-Hafen usw. sind mögliche Entwicklungen der Zukunft. Es macht Sinn, das zu forcieren. Jetzt kommt die Pitstop-Zentrale da oben hin. Ich bin dafür, dass am Rand Gewerbe generiert und entwickelt wird. Ich bin aber auch der Auffassung, dass die Flughafen-Fläche als solche freizubleiben hat. Also keine Wohnbebauung wie im Masterplan, weil es eine wichtige Kaltluftschneise für die Innenstadt ist.
Wie würden Sie den ÖPNV neu aufstellen?
Erstens sollte bei der Ruhrbahn-Verwaltung einiges gespart werden. Wir brauchen nicht zwei Geschäftsführer. Zweiter Punkt: Es ist für mich völlig unverständlich, dass man zu dieser Zeit noch mal 50 Dieselbusse gekauft hat. Das ist keine Zukunftstechnologie. Darüber hinaus bin ich Anhänger von mehr Bus- und weniger Straßenbahnverbindungen. Die Infrastruktur, die man für eine Straßenbahn braucht, ist viel zu teuer. Eine Straßenbahn ist auch unflexibel. Wenn wir etwa das Tengelmann-Gelände entwickeln, könnte man eine Buslinie da relativ schnell hinlegen. Und als letztes: Wir brauchen endlich ein echtes, einheitliches Unternehmen für das ganze Ruhrgebiet.
Sie beschränken sich auf eine Kandidatur als OB und in Ihrem Wahlkreis Dümpten-Nordost. Es müsste schon ein Wunder geschehen, dass Sie erneut in den Stadtrat einziehen. Wären Stimmen der Wähler für Sie nicht verschenkt, wo diese sich doch beim BAMH, der stadtweit antritt, oder bei der AfD programmatisch auch wiederfinden könnten?
Ich kandidiere hier in meinem Wahlkreis, weil ich hier wohne und weil mich viele Leute auch kennen. Die, die mich kennen, wissen auch, dass ich das umsetze und tue, was ich sage. Vom BAMH habe ich den ganzen Sommer nichts gehört. Und von der AfD habe ich außer einer Strafanzeige gegen „Die Partei“ auch nichts gehört. Ich sehe überhaupt nicht, dass die AfD hier in irgendeiner Weise Kommunalpolitik betreibt. Das ist dummes Geschwätz, was von oben kommt und dann bis unten fein gefiltert runtergereicht wird. Aber ich vernehme keine konkrete Antwort auf irgendein Problem oder irgendeine Frage. Hier in meinem Wahlkreis rennt einer von der AfD rum, der sich „studierter Jurist“ nennt (Was ist das?) und sagt: „Sicherheit für Mülheim“. Was heißt denn das konkret?
Sie müssten ja Ihren Wahlkreis gewinnen, um im Rat noch mal dabei zu sein.
Herr Kasberger [SPD-Wahlkreiskandidat] hat hier letztes Mal 36 Prozent geholt. Als ich angefangen habe, Politik zu machen, Ender der 70er, hatte die SPD in Dümpten, glaub ich, 60 oder 70 Prozent. Ich hatte letztes Mal, als ich das erste Mal angetreten bin, 7,5 Prozent. Ich denke, dass ich den vergangenen vier Jahren bekannter geworden bin. Ich tummele mich hier, ich lebe hier in meinem Wahlkreis. Ich bin da ganz zuversichtlich: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.
Was machen Sie, wenn es im September nicht reicht? Werden Sie versuchen, als außerparlamentarische Opposition ein neues Wählerbündnis zu schmieden?
Ich habe in 14 Tagen hier 300 Unterschriften eingesammelt. Und es gibt tolle Unterstützer aus der Bürgerschaft. Das zeigt ja, dass es Leute gibt, die mir ein Stück weit vertrauen. Alles Weitere wird man zu gegebener Zeit sehen.