Mülheim. Der Strafprozess gegen Mülheims Ex-Stadtmanager Rinas leidet unter Erinnerungslücken der Zeugen. Jetzt sagte der einstige Co-Geschäftsführer aus.
Die Große Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht Duisburg tut sich im Strafprozess gegen Ex-Stadtmanager Heinz Rinas mitunter schwer in der Beweisführung. Zeugen machen nach all der verstrichenen Zeit Erinnerungslücken geltend. So nun auch der ehemalige Co-Geschäftsführer von Rinas, Stefan Mühlenbeck.
Ganz überrascht gab sich Mühlenbeck, dass er jetzt, neun Jahre nach seinem unfreiwilligen Ausscheiden aus der Geschäftsführung der Mülheimer Seniorendienste (früher: Sozialholding) noch als Zeuge geladen wurde. „Vor vielen Jahren“ sei er doch schon vom Landeskriminalamt befragt worden, so der 57-Jährige. „Vor vielen Jahren“ – tatsächlich ist diese Vernehmung der LKA-Ermittler auch schon fünf Jahre her.
Ehemaliger Co-Geschäftsführer macht große Erinnerungslücken geltend
Einige Stunden Vernehmung hatte das Landgericht für die Befragung Mühlenbecks eingeplant. Doch schnell musste der Vorsitzende Richter erkennen, dass er kaum Details zu allerlei Themenkomplexen aus der Anklage würde in Erfahrung bringen können. Immer wieder zuckte Mühlenbeck mit den Achseln und machte Gedächtnislücken geltend.
Mülheims Beteiligungsholding hatte dem Diplom-Sozialarbeiter Mühlenbeck, der bis dato allein die Geschäfte der wirtschaftlich maroden Sozialholding verantwortet hatte, 2010 Rinas als weiteren Geschäftsführer zur Seite gestellt. Die Stadt hatte damals nicht das Zutrauen in Mühlenbeck, die dringend notwendige Sanierung der Stadttochter zu bewerkstelligen. Zu diesem Zeitpunkt lief gerade der Um- und Neubau des ersten von drei maroden städtischen Seniorenwohnheimen. Doch am Haus Kuhlendahl war sie komplett aus dem Ruder gelaufen. Ein Schimmelschaden kurz vor der fest geplanten Wiedereröffnung hatte zudem den Zeitdruck enorm werden lassen.
Über 100.000 Euro flossen an Berater, dessen tatsächliche Leistung nebulös bleibt
Eben diese Beseitigung des Schimmelschadens ist Teil der Anklage. Rinas hatte hierfür einen ihm nahen Berater eingeschaltet, der, mittlerweile verstorben, „als Mädchen für alles“ eingesetzt war: Wenn Möbel für die Unterbringung rumänischer Praktikanten zu liefern waren, ein großer Posten Waschhandschuhe in Mazedonien geordert, die Wäscherei aufgelöst wurde oder eben jener Schimmelschaden im Haus Kuhlendahl zu sanieren war – stets erschien S. in den Augen von Rinas offenbar als geeignet, sich der jeweiligen Sache anzunehmen. In Unterlagen zum Ermittlungsverfahren war seinerzeit aufgeführt, dass S. für seine nebulösen Tätigkeiten 111.000 Euro kassiert haben soll. Angeklagt ist Rinas in diesem Zusammenhang wegen des Verdachts der Untreue.
„Ich darf es mal salopp formulieren: Er war für mich eine komische Figur“, erinnerte sich Mühlenbeck jetzt an S., dass ihm dieser trotz seiner Omnipräsenz nie durch „substanziell hilfreiches Tun“ aufgefallen sei. Ähnlich hatten sich bereits andere Zeugen geäußert. Laut Mühlenbeck soll ihm jener Berater, „ein Kontakt von Herrn Rinas“, erstmals bekannt geworden sein, als dieser auf Geheiß seines Co-Geschäftsführers durch die drei Seniorenheime der städtischen Tochtergesellschaft geschickt worden sei, um diese als verdeckter Kunde auf ihre Kundenfreundlichkeit hin abzuklopfen. Ob er jemals selbst bei Beauftragungen von S. involviert gewesen sei? Mühlenbeck gab an, sich daran nicht zu erinnern.
Gericht hat viele Fragen zu umsatzträchtigen Auftragsvergaben an Rinas-Netzwerk
Das Gericht löcherte Ex-Geschäftsführer Mühlenbeck zu allerlei umsatzträchtigen Aufträgen, die Rinas laut Anklage unter Missachtung der Vergaberegeln insbesondere an ihm vertraute Geschäftspartner verteilt haben soll. Und im Rahmen derer Rinas auch vorgeworfen wird, sich bestechen lassen zu haben. Mühlenbeck konnte zur Aufklärung nicht sonderlich viel betragen. Er machte für seine kurze Zeit als Co-Geschäftsführer von Rinas geltend, dass er, weil sein Abschied von den Seniorendiensten absehbar war, „in vielen Dingen nicht mehr involviert war“. Die Zuständigkeiten von ihm und Rinas seien von Anfang an strikt getrennt gewesen.
Der Vorsitzende Richter am Landgericht bekam von Mühlenbeck wenige belastbare Antworten. Den nächsten Anlauf will er 13. Juli machen, wenn weitere Zeugen zum Gericht geladen sind. Das Prozessende ist aktuell für Mitte August geplant.